Der Kirchenrechtsexperte Thomas Schüller ist in seiner Bewertung eindeutig: "Der synodale Prozess kann damit nicht wie geplant durchgeführt werden", folgert er. "Eine kleine Minderheit der Bischöfe unter Führung von Kardinal Woelki hat es durch gute Kontakte nach Rom geschafft, den ganzen Reformprozess zu konterkarieren." Der in Kirchenfragen erzkonservative Rainer Maria Woelki aus Köln hatte kürzlich sogar gewarnt, es drohe eine Abspaltung der deutschen Katholiken von der Weltkirche, wenn der Reformprozess weitergehe.
ZdK-Präsident Thomas Sternberg zeigt sich dagegen entschlossen, den "synodalen Weg" weiterzugehen: "Glaubt irgendjemand, man könne in einer solchen Krise der Kirche das freie Gespräch, das nach Ergebnissen und notwendigen Reformschritten sucht, unterdrücken?"
Doch Schüller ist pessimistisch: "Die Vorstellung, die Laien könnten auf Augenhöhe mitentscheiden, ist illusorisch in einem hierarchischen System, in dem letztlich immer die Bischöfe und der Papst entscheiden." Tatsächlich rudern die deutschen Katholiken schon zurück: Wie verlautet, soll in wichtigen Fragen beim "synodalen Weg" allein das Votum der Bischöfe ausschlaggebend sein.
"Das schöne Reden von Papst Franziskus, der immer von Stärkung der Kirche vor Ort spricht, ist Makulatur", stellt Schüller fest. Es gelte vielmehr der streng zentralistische Kurs der römischen Kurie, des päpstlichen Regierungs- und Verwaltungsapparats. Kardinal Marx werde von der Kurie "wie ein Bär am Nasenring durch die Manege geführt". Für den Experten steht fest: "Die Maske des Reformers fällt Franziskus vom Gesicht."
Für die katholische Kirche in Deutschland könnte das alles fatale Folgen haben, befürchtet er: "Die Letzten, die noch bereit waren, ernsthaft mitzudiskutieren, werden sich frustriert abwenden."