Wirtschaft Bundeswehr muss offenbar noch Jahre auf neues Sturmgewehr warten

In vielen Armeen der Welt sind die Gewehre Heckler & Koch die Standardwaffe. Die Bundeswehr soll ihr neues Sturmgewehr nun nicht mehr vom bisherigen Hoflieferanten aus Oberndorf am Neckar bekommen, sondern von Haenel aus Suhl. Das wollen die Baden-Württemberger nicht hinnehmen. Foto: PRT Meymaneh

Die Anschaffung eines neuen Sturmgewehrs für die Bundeswehr wird zur Blamage für Ministerin Kramp-Karrenbauer. Nach Informationen des Spiegel muss ihr Haus einräumen, dass sich das Projekt um Jahre verzögern wird.

 
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Berlin/Suhl - Die 180.000 Bundeswehrsoldaten werden noch Jahre auf ein neues Sturmgewehr warten müssen. Das Verteidigungsministerium rechnet damit, dass die Pannen beim Vergabeverfahren für ein G36-Nachfolgemodell wegen weiterer Rechtsstreitigkeiten eine Verzögerung von mindestens neun bis zwölf Monaten nach sich ziehen werden, berichtet das Nachrichtenmagazin  Der Spiegel online. Mit der Auslieferung der ersten Tranche eines neuen Modells sei damit erst 2024 zu rechnen, so das interne Krisenszenario. Das wäre drei Jahre später als geplant.

Über die brisanten Details wurde am Freitag der Verteidigungsausschuss in geheimer Sitzung unterrichtet. Völlig überraschend erschien laut Spiegel neben Topbeamten auch die Verteidigungsministerin selbst. Der unangekündigte Auftritt von Annegret Kramp-Karrenbauer verdeutliche, wie sehr das öffentlich viel beachtete und für Soldaten hochemotionale Projekt zur persönlichen Blamage für die Ministerin geworden sei, hieß es weiter. Als sie nach der Unterrichtung der Abgeordneten den Sitzungssaal verließ, habe die die Noch-CDU-Chefin gereizt gewirkt, zum Thema wollte sie nichts sagen.

Die Kommentare nach der Sitzung seien ziemlich giftig ausgefallen. Grüne, FDP und Linke forderten dem Bericht zufolge, die Reißleine bei der Ausschreibung zu ziehen. Selbst aus der eigenen Koalition sei Kramp-Karrenbauer ermahnt worden, sie solle den Prozess jetzt nicht einfach weiterlaufen lassen und den eigenen Juristen vertrauen. Fast alle Abgeordneten befürchteten: Einer der beiden Anbieter wird wegen der verschiedenen Vorwürfe von einem Gericht aus dem Verfahren geworfen. In diesem Fall könnten weder Ministerium noch Bundestag mehr Einfluss auf die Auswahl eines neuen Sturmgewehrs für die Bundeswehr nehmen.

Das Verteidigungsministerium hatte die Vergabe des neuen Bundeswehr-Sturmgewehrs an den Thüringer Hersteller C.G. Haenel zunächst zurückgezogen. Es begründete die Entscheidung mit möglichen Patentrechtsverletzungen zulasten des unterlegenen Bieters Heckler & Koch. Dieser beklagt auch, dass es Verstöße im Vergabeverfahren gegeben habe.

Am Montag hatte das Verteidigungsministerium dem Verteidigungsausschuss einen Bericht vorgelegt und erklärt, einen Schritt rückwärts zu machen, um offene Fragen zu klären. «Die Vorgehensweise stellt keine Aufhebung des gesamten Vergabeverfahrens dar. Ausgehend davon, dass das Verfahren in den Stand Angebotswertung zurückversetzt ist, wird jetzt die Wertung der bereits vorliegenden Angebote unter Berücksichtigung aller Aspekte wiederholt», hieß es in der Unterrichtung, die der Deutschen Presse-Agentur vorlag.

«Die Gleichbehandlung der Bieter war jederzeit sichergestellt. Die vergaberechtlichen Grundsätze von Wettbewerb und Transparenz wurden eingehalten», hieß es weiter. dpa/red

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