Im Prozess gegen zwei Polizisten, die eine Frau vergewaltigt haben sollen, haben ein Dolmetscher und eine Polizeibeamtin als Zeugen auch über ihre Erschütterung wegen des Falls gesprochen. «Solche Sachen erlebt man nicht so oft», sagte der Dolmetscher am Mittwoch vor dem Landgericht Erfurt. Er habe zwar schon gedolmetscht, wenn Sexualstraftaten verhandelt worden seien. Aber es sei das erste Mal für ihn gewesen, dass die Vorwürfe etwas mit der Polizei zu tun hatten. Der Mann war als Dolmetscher für die Frau - eine gebürtige Polin - auf eine Polizeistation geholt worden.

Die Richter müssen in dem Prozess vor allem klären, ob die suspendierten angeklagten Polizisten bei einem Diensteinsatz im September vergangenen Jahres die damals 32 Jahre alten Frau vergewaltigt haben. Die Angeklagten haben ausgesagt, mit der Frau einvernehmlichen Geschlechtsverkehr ohne Kondome gehabt zu haben. In der Anklage heißt es, die Männer hätten eindeutig gegen den Willen der Frau gehandelt. Sie sei bei der Tat auch leicht verletzt worden. Erschwerend kommt nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hinzu, dass die Polizisten bei der Tat ihre Dienstwaffen dabei hatten.

Einig sind sich Staatsanwaltschaft und Verteidiger beim groben Ablauf der Geschehnisse: Bei einer Verkehrskontrolle finden die Polizisten Unstimmigkeiten bei den Ausweispapieren der Frau, die mit ihrem damaligen Partner unterwegs ist. Um echte Papiere zu finden, begleiten die beiden die Frau in ihre Wohnung nach Marlishausen (Ilm-Kreis). Dort soll es dann zum Geschlechtsverkehr kommen. Danach wird die Frau zur Polizeistation nach Ilmenau gebracht, wo später der Dolmetscher hinzugezogen wird.

Der Mann berichtete vor Gericht, dass die Frau in seiner Gegenwart «bitterlich» zu weinen begonnen habe. Sie habe von einer Verschwörung der Polizisten gegen sie gesprochen, wollte auf eine andere Polizeistation gebracht werden. Die Frau habe genickt, als er sie fragte, ob sie vergewaltigt worden sein. Sie habe berichtet, dass zwei Polizisten sie nacheinander vergewaltigt hätten. Das habe er der anwesenden Beamtin übersetzt.

Auch diese Polizistin war am Mittwoch Zeugin im Prozess. Sie schilderte, dass der Vorgang zur Identitätsfeststellung bei der Frau sehr lange dauerte und die Frau die Nacht auf der Dienststelle verbracht habe. Sei sie tags zuvor freundlich gewesen, habe die Frau am nächsten Morgen unausgeschlafen gewirkt. Als die Frau schließlich die Vorwürfe nannte, habe sie es zunächst nicht fassen können, sagte die Beamtin. Sie sei erschüttert gewesen, habe aber die Vorgesetzten umgehend informiert.

Der ältere der heute 23 und 28 Jahre alten Angeklagten hatte zuvor im Prozess gesagt, er habe den Geschlechtsverkehr mit seinem Smartphone gefilmt. Später habe er die Aufnahmen aber gelöscht und das Handy in einen Bach geworfen. Das Gerät konnte zwar geborgen werden. Doch die Auswertung erweise sich bisher als schwierig.

Ähnlich anspruchsvoll wie eine Organtransplantation sei die Aufgabe, die Daten, zu retten und auszuwerten, hieß es in einer Mitteilung des zuständigen Technikexperten, die der Vorsitzende Richter am Mittwoch verlas. Demnach ist eine einfache Reparatur nicht mehr möglich. Speicherelemente müssten in ein intaktes Vergleichsgerät übertragen werden. Das sei aufwendig und dauere vermutlich noch mehrere Wochen. Die Erfolgsaussichten dafür lägen bei 20 bis 30 Prozent.

Auch der Vater des älteren Angeklagten war zur Verhandlung am Mittwoch geladen. Er machte jedoch von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. dpa