Mitsotakis hofft, dass dank der Visa-Regelung vor allem in der Nebensaison mehr Besucher kommen. Die Rechnung scheint aufzugehen: Viele Hotels auf den Inseln hatten in diesem Jahr vier Wochen früher geöffnet als sonst. Auch die Ladenbesitzer auf Lesbos überlegen bereits, wegen des großen Andrangs die Öffnungszeiten zu verlängern.
Die Gäste aus der Türkei sind beliebt
Während die Türkei mit einer extremen Inflation von fast 70 Prozent kämpft, ist auf den griechischen Inseln für die türkischen Touristen fast alles billiger – trotz der Visa-Gebühr. „Sie mögen unsere Küche und freuen sich über die großzügigen Portionen“, sagt Nikos Giannakas, der Vorsitzende des Gaststättenverbandes auf Lesbos.
Auch auf anderen Inseln steigen die Besucherzahlen steil an. Auf Rhodos kamen bereits zwischen dem 1. und dem 10. April rund 6000 Gäste aus der Türkei an, mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Auf Samos stieg die Zahl von 299 auf 2851. Unter dem Strich waren es auf den fünf Inseln, die bisher Express-Visa ausgeben, 21 000 Besucher gegenüber 6000 im Vorjahreszeitraum.
Die Gäste aus der Türkei sind beliebt. Sie treten meist sehr höflich und eher zurückhaltend auf, im Gegensatz zu manchen Touristen aus europäischen Ländern, berichten Gastwirte auf Lesbos. Die Beliebtheit dürfte aber noch einen anderen Grund haben. Der Gouverneur Kostas Moutzouris nennt ihn: „Die türkischen Besucher geben im Schnitt doppelt so viel aus wie die europäischen Pauschaltouristen.“
Die beiden Nachbarn können durchaus miteinander
Die neue Visa-Regelung zeigt wieder einmal: Die beiden benachbarten Völker können durchaus miteinander auskommen, sie haben sogar viele Gemeinsamkeiten. Allerdings dominieren auf der politischen Ebene immer noch die alten Reflexe. Als jetzt Griechenland die Einrichtung von zwei Meeres-Schutzgebieten in der Ägäis und im ionischen Meer bekanntgab, protestierte die türkische Regierung sofort.
Ob dennoch eine dauerhafte politische Entspannung und eine Beilegung der Streitigkeiten um die Hoheitsrechte und Wirtschaftszonen im östlichen Mittelmeer möglich wird, muss sich zeigen. Nächste Station ist der 13. Mai: Dann will Mitsotakis in Ankara den türkischen Präsidenten treffen.