Muss nun jeder Mitarbeiter einzeln einen Antrag stellen?
Nein. Für Anzeige, Antrag und Abrechnung des Kurzarbeitergeldes ist der Arbeitgeber verantwortlich. Die Kurzarbeit bezieht sich immer auf einen Betrieb oder eine Abteilung, nie auf eine einzelne Person. Ein weiterer Vorteil des Kurzarbeitergeldes: Die Sozialversicherung leistet man dann für den gesamten Zeitraum, also auch für den Ausfall. Arbeitnehmer sind so versichert als ob sie durchgearbeitet hätten.
Nun scheint Corona wie ein Beben die Wirtschaft zu lähmen. Wie kommt der Unternehmer zum Kurzarbeitergeld?
Das Wichtigste ist zunächst die Anzeige über Arbeitsausfall. Das ist eine formelle Einschätzung des Unternehmens, das ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt oder in den kommenden Wochen vorliegen wird. Erheblich bedeutet, dass mindestens zehn Prozent der Beschäftigten einen Entgeltaufall von mehr als zehn Prozent pro Monat haben werden. Das kann beispielsweise auf den Gesamtbetrieb oder eine Abteilung bezogen sein.
Bei der Anzeigestellung schätzt der Unternehmer den Ausfall nur unverbindlich ein. Erfüllt er später die Voraussetzungen, kann er den Zeitraum abrechen. Konnte er wieder erwarten doch durcharbeiten ist eine Abrechnung nicht notwendig.
Also ist die Anzeige nicht so wichtig für das Geld selber?
Die Anzeige ist unabdingbar. Sie sichert das Recht, spätere Leistungsansprüche zu stellen. Nur mit der Anzeige können später auch Anträge gestellt und Abrechnungen eingereicht werden. Die Anzeige greift übrigens rückwirkend für den gesamten ersten Monat. Ein Unternehmen hat beispielsweise seit vergangener Woche Arbeitsausfall. Der Unternehmer möchte diesen mit Kurzarbeit abfangen stellt die Anzeige rechtswirksam bei der Bundesagentur für Arbeit bis zum 31. März 2020 und ist dann bereits ab dem 1. März abgesichert.
Die Anzeige kann schnell, sicher und jederzeit online über das Online-Portal der Bundesagentur für Arbeit erstellt und eingereicht werden.
Was müssen Arbeitgeber alles angeben bei dieser Anzeige?
Das ist recht übersichtlich. Wichtig sind Betriebsnummer und Kontaktdaten. Natürlich sollte der Beginn des Ausfalles und ein mögliches Ende eingetragen sein. Derzeit steht uns eine Sonderregelung für Kurzarbeit bis 31. Dezember 2020 offen und in der Laufzeit sind auch Änderungen möglich.
Wichtig ist, dass der Arbeitgeber seine Gründe für den Ausfall darlegt und nicht nur Corona einträgt, wie wir es schon erlebt haben. Fällt beispielsweise ein Auftrag aus, weil ein Zulieferer nicht liefern kann, oder ein Auftraggeber sein Kontingent nicht abruft - Corona bedingt - sollten Arbeitgeber das auch so schlüssig darlegen.
Ich empfehle auch eine Information der Beschäftigten und des Betriebsrates soweit vorhanden zur Einführung einer Kurzarbeit. Dann muss der Arbeitgeber noch den Umfang des Arbeitsausfalls einschätzen. Betrifft es nun den Betrieb oder nur eine Abteilung? Wie viele Beschäftigte sind betroffen und mit welcher Arbeitszeit?
Nun kommt doch ein Auftrag oder der nächste fällt weg. Muss der Arbeitgeber dann erneut Kurzarbeit anzeigen?
Nein, wie gesagt ist die Anzeige eine Einschätzung der Ausgangssituation. Änderungen sind da normal und spiegeln sich in den späteren, meist monatlichen Abrechnungszeiträumen. Entspricht die Anzeige den gesetzlichen Erfordernissen und wurde von den Gründen der Ausfall glaubhaft dargelegt, erkennen wir die Voraussetzungen für den gewählten Zeitraum an.
Das Geld wird dann über das Unternehmen an die Beschäftigten ausgezahlt?
Üblicherweise berechnet und finanziert das Unternehmen das Kurzarbeitergeld zeitgleich mit dem Lohn vor. Anhand von Sammelanträgen mit Aufzählung der Beschäftigten rechnet der Arbeitgeber dann Kurzarbeitergeld und Sozialversicherungszuschuss bei uns monatlich ab.
Wie hoch ist eigentlich das Kurzarbeitergeld genau?
Das Kurzarbeitergeld wird pauschaliert bemessen, das bedeutet dass individuelle Freibeträge wie mehrere Kinder oder andere steuerrechtliche Aspekte nicht berücksichtigt werden. Man erhält sozusagen ein Arbeitslosengeld für die Ausfallzeit bei voller Sozialversicherung. Dafür wird man nicht entlassen und bekommt für geleistete Zeiten, Urlaub und beispielsweise Überstundenansprüche auch sein anteiliges, volles Entgelt.
Gab es schon einmal eine solche Situation mit einem so massiven Einsatz von Kurzarbeit?
Ja. Im Juli 1990 wurde Kurzarbeit nach dem damaligen Arbeitsförderungsgesetz für die Ausfälle aufgrund der Strukturveränderungen nach der Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion recht schnell mit vielen Sonderregungen installiert.
Dann gab es noch eine Sonderregelung während der Krise in der Automobilbranche vor etwas mehr als zehn Jahren.
Ich hoffe, dass die Auswirkungen der Corona-Krise deutlich kürzer zu spüren sein werden als etwa der Strukturwandel 1990.
Wie ist die Arbeitsagentur Suhl für die Anzeige- und Antragsflut der kommenden Wochen vorbereitet?
Wir arbeiten mit allen Kräften daran, Unternehmen, Beschäftigte und von Arbeitslosigkeit bedrohte Menschen in der Corona-Krise zu unterstützen. Aktuell verstärken und schulen wir unser Personal massiv. Das gilt sowohl bei der Beratung von Betrieben als auch bei der Bearbeitung der Kurzarbeiter-Anträge, um jetzt in der besonderen Situation handlungsfähig zu sein.
Derzeit sind unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch eine extreme Nachfrage an Beratung eingespannt, so dass jede sorgfältig ausgefüllte Anzeige über Arbeitsausfall für den reibungslosen Ablauf hilfreich ist. Wir besprechen soweit möglich und nötig mit dem Arbeitgeber über unsere Hotline auch den Vorgang ganz individuell.
An wen können sich betroffene Unternehmen wenden?
Die Beratung zur Anzeige von Kurzarbeit übernimmt der Arbeitgeber-Service durch die persönlichen Ansprechpartner oder über die Hotline 0800- 4 5555 20.
Interview: Jolf Schneider