Erfurt Wenn die Polizeiarbeit zu Hause erledigt wird

Eike Kellermann

Homeoffice verträgt sich zwar nicht mit Streifendienst. Aber auch bei der Thüringer Polizei steigt die Zahl der Beschäftigten, die von zu Hause aus arbeiten wollen.

 
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Erfurt - Nicht nur wegen Corona geht der Trend in Richtung Arbeit von zu Hause aus. In erster Linie Büro-Beschäftigte kommen dafür in Betracht. Bei Krankenschwestern, Kraftfahrern oder Polizisten, die auf Streife gehen müssen, ist das hingegen nicht vorstellbar. Das heißt aber nicht, dass nicht auch Tätigkeiten bei der Thüringer Polizei zu Hause erledigt werden können.

Das geht aus der Antwort von Innenminister Georg Maier (SPD) auf eine Anfrage von AfD-Innenpolitiker Ringo Mühlmann hervor. Demnach haben inzwischen 94 Bedienstete der Thüringer Polizei sogenannte Telearbeit beantragt. Die meisten Anträge kommen aus der Landespolizeidirektion (55) und aus dem Landeskriminalamt (20). In den regionalen Polizeiinspektionen hingegen liegen jeweils nur wenige Anträge vor, aus Suhl gar keiner.

Geregelt ist die "alternierende Telearbeit" seit vorigem Jahr mit einer sogenannten Rahmendienstvereinbarung. Laut Innenminister Maier findet bei jedem Antrag eine Einzelfallprüfung statt, ob die jeweilige Tätigkeit auch von zu Hause aus ausgeführt werden kann. Nicht zulässig sei das, wenn die Beschäftigten mit Daten zu tun haben, die einem "hohen Schutzbedarf unterliegen", die geheim oder besonders sensibel sind.

Auch wenn es naheliegend ist, dass sich Streifendienst, Verkehrskontrolle oder Tatort-Ermittlungen nicht mit Homeoffice vertragen, verweist der Minister in seiner Antwort noch einmal darauf: "Grundsätzlich nicht für Telearbeit eignen sich beispielhaft auch Aufgaben des operativen Polizeivollzugs, also Tätigkeiten im Einsatz- und Streifendienst oder im Ermittlungsdienst, sowie Tätigkeiten, die eine Präsenz vor Ort erfordern (zum Beispiel Kraftfahrer, Botenpersonal, Vorzimmerkräfte, Haushandwerker, Reinigungskräfte)."

Allerdings gibt es einen Stau bei der Bearbeitung der Anträge. Von den 94 Anträgen wurde bisher nur über 15 entschieden. Laut Innenminister Maier wurden zwei Anträge abgelehnt, 13 wurden genehmigt - acht in der Landespolizeidirektion, zwei im Landeskriminalamt und je einer in den Dienststellen Gotha, Jena und Gera.

Bei AfD-Politiker Mühlmann sorgt das für Kritik. "Das spricht für einen viel zu langen Genehmigungsprozess, der möglicherweise für die Bediensteten auch nicht transparent genug ist", sagte er unserer Zeitung. "Funktionierende Telearbeit ist bei der heutigen gespannten Situation auf dem Arbeitsmarkt ein Zeichen für einen familienfreundlichen Arbeitgeber", so Mühlmann. Auch die Bewerbersituation bei der Thüringer Polizei könne so verbessert werden. "Dazu braucht es aber einen stringenten und telearbeitsfreundlichen Kurs, den ich anhand der geringen Zahl an abschließend bearbeiteten Anträgen nicht erkennen kann."

Erlaubt wurde Homeoffice bisher nur bei Verwaltungstätigkeiten, zum Beispiel in den Bereichen Qualitätsmanagement, Controlling und Rechnungswesen. Alle Genehmigungen sind auf ein Jahr befristet. Wer Telearbeit machen darf, bekommt die entsprechende Ausstattung. Laut Innenminister Maier sind das Mobiliar, Computer, Drucker und Telefon, falls verfügbar auch Laptop sowie eine Smartcard mit VPN-Zugang. Auf- und Abbau sowie Betreuung und Wartung übernimmt ebenfalls der Dienstherr. Zudem prüft eine Fachkraft für Arbeitssicherheit den häuslichen Arbeitsplatz.

Eine derart vorbildliche Betreuung von Homeoffice-Mitarbeitern dürfte sich auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) wünschen. Er will - nicht zuletzt wegen Corona - in Kürze einen Gesetzentwurf vorlegen, um die Arbeit von zu Hause aus zu erleichtern. Ein "Recht auf Homeoffice", wie es die SPD-Zeitschrift Vorwärts schon bejubelte, wird es nach Auskunft von Heils Ministerium aber nicht geben. Schließlich sei Heimarbeit bei bestimmten Tätigkeiten gar nicht möglich. Der Streifendienst eines Polizeibeamten oder kriminalistische Ermittlungen an einem Tatort gehören dazu.

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