Meiningen/Erfurt Wenn Senioren im Heim auf Besuch warten

Eike Kellermann
In den Seniorenheimen wird es in diesen Tagen besonders einsam, wenn die Familie nicht mehr zu Besuch kommen darf. Dennoch wissen viele Senioren sehr zu schätzen, was sie haben - denn sie haben in ihrem Leben so manche entbehrungsreiche Zeit hinter sich. Symbolfoto: luna/AdobeStock Quelle: Unbekannt

Wegen Corona sind Besuche in Senioren- und Pflegeheimen stark beschränkt. Deshalb gibt es immer wieder Beschwerden. Ministerin Werner mahnt, die Rechte der Bewohner einzuhalten.

 
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Meiningen/Erfurt - Nur zweimal pro Woche, am Montag und Mittwoch, dürfe sie für 45 Minuten ihre Mutter im Pflege- und Seniorenheim des DRK in Meiningen besuchen, schrieb eine Leserin an unsere Zeitung. Ihr, aber auch anderen Leuten mit Angehörigen im Altenheim falle auf, dass die "alten und betagten Menschen unter den fortdauernden Kontaktreduzierungen sehr leiden". Das ist thüringenweit ein Problem. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums gingen wegen der Corona-bedingten Beschränkungen allein im Juli rund 20 Beschwerden bei Ministerpräsident Bodo Ramelow, Gesundheitsministerin Heike Werner (beide Linke) sowie im zuständigen Fachreferat ein.

Das im März verhängte Besuchsverbot wurde inzwischen deutlich gelockert. Mittlerweile dürfen Heimbewohner zwei Besucher pro Tag für bis zu zwei Stunden empfangen. "Ich bin froh, dass wir die sozialen Kontakte mit Verwandten und Freunden für Pflegeheimbewohner wieder ermöglichen können. Da es momentan nur wenige Infektionen in Thüringen gibt, ist das Risiko vertretbar. Eine weitere Abschottung wäre nicht mehr gerechtfertigt", sagte Gesundheitsministerin Werner unserer Zeitung. Sollte jedoch eine Coronavirus-Infektion in einem Heim auftreten, gelte sofort wieder ein striktes Besuchsverbot.

Die Fachleute ihres Ministeriums verweisen darauf, dass das jeweilige Heim die Entscheidung über die Besuchsregelung trifft. Viele Leitungen fürchteten nach wie vor einen Infektionsausbruch und legten daher die Vorgaben der Thüringer Corona-Eindämmungsverordnung sehr streng aus. Begründet werde das mit den Hygiene- und Schutzkonzepten, die einen zusätzlichen Aufwand darstellten, der zur Verschärfung der ohnehin schwierigen Personalsituation führe. "Das ist einerseits nachvollziehbar, andererseits müssen aber auch die Rechte der Bewohnerinnen und Bewohner immer berücksichtigt werden", so das Ministerium.

Diesem zufolge ist nach dem Thüringer Wohn- und Teilhabegesetz auch die Selbstständigkeit, Selbstbestimmung und Selbstverantwortung der Bewohner zu wahren und zu fördern. "Wenn es zu unzulässigen Einschränkungen von Grundrechten kommen sollte, kann die Heimaufsicht entsprechend einschreiten." Dazu sollten sich betroffene Bewohner oder Angehörige an die beim Landesverwaltungsamt angesiedelte Behörde wenden, rät das Ministerium. Von der Heimaufsicht heißt es, gerade zu Beginn der Pandemie habe es viele Anfragen wegen der Besuchsregelungen gegeben. Die meisten Probleme habe man klären können.

Schwierig für Berufstätige

Das Meininger Heim, in dem die Mutter unserer Leserin lebt, spricht auf Nachfrage von drei Beschwerden, die es wegen der Besuchsregelung gegeben habe. Rund 100 Bewohner hat das DRK Senioren-, Pflege- und Betreuungszentrum an seinen beiden Standorten Meiningen und Dreißigacker. Laut Geschäftsführerin Janine Dietz dürfen die Bewohner nach Voranmeldung von Montag bis Freitag zwischen 10 und 17 Uhr Besuch für jeweils 45 Minuten empfangen. Seit dieser Woche seien zwei Besucher erlaubt. Die Geschäftsführerin räumt ein, dass es wegen Personalmangels dazu kommen könne, dass Bewohner tatsächlich nur an zwei Tagen pro Woche besucht werden könnten. Jeder Besucher werde von einem Mitarbeiter betreut, der etwa dessen Daten aufnehme und für die Einhaltung der Hygieneregeln sorge.

Für Berufstätige seien solche Besuchszeiten "sehr schwierig", schreibt unsere Leserin. Sie beklagt, dass am Wochenende keine Besuche möglich sind. "Wir haben dafür die personellen Ressourcen nicht", sagt Geschäftsführerin Dietz. Ihr zufolge können Angehörige - ebenfalls nach Voranmeldung - aber an jedem Tag Heimbewohner abholen und mit ihnen Zeit außerhalb der Einrichtung verbringen. "Da kann man nur hoffen, dass noch lange schönes Wetter bleibt, aber manchmal kann man ja auch nicht raus, weil es für die betagten Menschen einfach zu warm ist", so unsere Leserin.

"Für uns alle ist diese Zeit nicht einfach", sagt Geschäftsführerin Dietz. Ein Kommen und Gehen in den Heimen wie vor dem Corona-Ausbruch sei nicht mehr möglich. Man mache den Bewohnern Angebote, damit sie auch im Heim Abwechslung haben. Dazu gehöre Präventions-Training, Bowling oder das Vorlesen der Zeitung. Der Polizeichor sei auch schon aufgetreten - mit Sicherheitsabstand im Garten.

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