Thüringen Weiter hohe Zahl an Reichsbürgern in Thüringen

Sichergestellte Waffen von Reichsbürgern. Archiv- Foto: dpa

Die den Behörden bekannte Zahl der Reichsbürger in Thüringen bleibt auf einem hohen, aber ziemlich konstanten Niveau.

 
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Erfurt - Auch etwa ein halbes Jahr, nachdem die Reichsbürger in Deutschland formal zu einem Beobachtungsobjekt der Verfassungsschutzbehörden geworden sind, geht der Thüringer Verfassungsschutz weiterhin davon aus, dass im Freistaat "mindestens 550 Reichsbürger" leben, darunter etwa 50, die auch der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind. Diese Einschätzung habe sich in den vergangenen Monaten nicht verändert, sagte eine Sprecherin des Verfassungsschutzes am Dienstag unserer Zeitung. Allerdings laufe die Meldung von Reichsbürgern an den Verfassungsschutz durch andere Behörden weiter, sodass sich diese Zahl noch ändern könne.

Reichsbürger leugnen die Existenz der Bundesrepublik Deutschland; manche von ihnen aus Überzeugung, andere, um etwa staatliche Forderungen gegen sie - wie Bußgelder oder Steuerbescheide - anzufechten. Seit bei zwei Vorfällen Reichsbürger auf Polizisten geschossen haben, wird die Szene von den deutschen Sicherheitsbehörden verstärkt beobachtet: Im fränkischen Georgensgmünd war im Oktober 2016 ein Polizist getötet worden, als die Beamten ihn zu Hause aufsuchten, um ihm seine Waffen abzunehmen. Im November des vergangenen Jahres hatte sich dann in Reuden in Sachsen-Anhalt ein Reichsbürger einen Schusswechsel mit Polizisten geliefert, als die Beamten dessen Haus zwangsräumen wollten.

Auch wenn sich an der mutmaßlichen Zahl der Reichsbürger in Thüringen zuletzt kaum etwas geändert habe, stünden dem Verfassungsschutz nun alle Mittel zur Beobachtung der Szene zur Verfügung, die auch gegen zum Beispiel Links- oder Rechtsextremisten qua Gesetz zulässig seien, sagte die Sprecherin. Welche dieser Mittel angewendet würden, hänge vom konkreten Einzelfall ab und werde stets neu entschieden.

Da die Reichsbürgerbewegung aber oft sehr offen mit ihren Ansichten und Aktivitäten umgehe, sei es in der Regel nicht nötig "gleich zu den ganz scharfen nachrichtdienstlichen Instrumenten zu greifen", sagte die Sprecherin. Der Verfassungsschutz darf öffentlich zugängliche Quellen wie Webseiten ebenso auswerten, wie V-Leute einsetzen.

Nach einer Recherche des MDR gibt es unterdessen kaum Fortschritte bei der angestrebten Entwaffnung von Reichsbürgern. Zwar hatte unter anderem Thüringens Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) vor einigen Monaten seinen politischen Willen zum Ausdruck gebracht, Reichsbürgern auch ihre bislang legal erworbenen Waffen abzunehmen - indem bereits ausgestellte Waffenbesitzkarten durch die zuständigen Behörden widerrufen werden sollten. Doch liegt in Thüringen die Zahl der bisher entwaffneten Reichsbürger laut Thüringer Innenministerium im einstelligen Bereich.

In Sachsen ergibt sich demnach ein ähnliches Bild: Dort hätten seit November lediglich drei Reichsbürger ihre Waffen abgeben müssen. In beiden Ländern sind laut Sender insgesamt mehr als 100 bewaffnete Reichsbürger bekannt, in Sachsen etwa 55, in Thüringen etwa 50. sh

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