Thüringen Über Goethe, Schiller und den Dingen stehen

Wer hoch hinaus will, kann das in Weimar getrost ausprobieren. Die Klassikerstadt lockt bis Oktober mit einer Attraktion, in der man über den Dingen und erst recht über allen Sehenswürdigkeiten der Stadt steht.

 
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Mitten im Herzen von Weimar - direkt auf dem Goetheplatz - ist der "City Skyliner" nicht zu übersehen. 81 Meter ragt er in die Höhe und ist damit "immer noch der höchste mobile Aussichtsturm der Welt", versichert Eberhard Skupsch. Ihm darf man die Superlative wohl getrost glauben: Er ist quasi die rechte Hand der Betreiber Franz und Thomas Schneider und kümmert sich um die Standorte des Fahrgeschäftes in ganz Europa. Das verspricht nach Trier, Wien, Stockholm, Dresden, Rostock, Brüssel und vielen anderen Städten nun auch in Weimar Bauchkribbeln sowie besondere An- wie Aussichten. Denn schon während sich die geschlossene Plattform um 360 Grad drehend auf etwa 72 Meter nach oben "schraubt", wirkt die Klassikerstadt wie ein riesiges geschichtsträchtiges Panorama. Von ganz oben reicht die Sicht bei bestem Wetter weit über den Ettersberg hinaus - durchaus bis zu 30 Kilometer weit, wie Thomas Schneider sagt. Er betreibt und sichert den 2013 gebauten City Skyliner gemeinsam mit seinem Sohn Franz und vielen Helfern.

Der City Skyliner in Kürze

80 Meter hoch (Zum Vergleich: das Kyffhäuser-Denkmal hat eine Höhe von 81 Metern)

270 Tonnen schwer

die Aussichtplattform dreht sich um 360 Grad

bis 11. Oktober auf dem Goetheplatz direkt neben dem Kasseturm

statt 60 dürfen durch Corona derzeit nur 30 Besucher auf die Plattform

Tickets: Erwachsene 8 Euro, Kinder 5 Euro, direkt vor Ort oder an der Touristinfo

Öffnungszeiten von 11.00 Uhr bis 20.00 Uhr.

Eine Fahrt dauert sieben Minuten - langsam, leicht drehend geht es auf 72 Meter.

Bar im Wartebereich

Senior-Betreiber Schneider ist froh, dass es mit dem Aufbau in Weimar jetzt geklappt hat. Auch er hat mit dem Ausbruch von Corona "einen noch nie in der Geschichte des Unternehmens dagewesenen Lockdown" erlebt. "Alles musste runtergefahren werden", so Schneider. Noch deutlicher zum Ausdruck bringt es Eberhard Skupsch: "2020 lief im ersten Halbjahr alles schief. Normal sollte nach der üblichen Wartungs-Winterpause von Januar bis März der Skyliner im April in Hamburg stehen. Im Mai bereits in Weimar. Verhandlungen mit Aarhus in Dänemark oder Luxemburg wurden Corona-bedingt gleich auf Eis gelegt. Dem darauffolgenden Standort-Plan in Innsbruck machte indes nicht das neuartige Virus, sondern die alteingesessene Luftfahrtbehörde einen Strich durch die Rechnung. Der mit der Stadt angedachte Platz für den mobilen Aussichtsturm "lag leider in der Einflugschneise des Flughafens und die Turmspitze ragte 20 Meter da hinein", so Skupsch.

Pech für die Innsbrucker, Glück für die Weimarer und deren Gäste. Die Klassiker-Stadt kam damit schneller als erwartet wieder auf den Plan. Bis zum 11. Oktober soll die mobile Plattform nun hier viele schwindelfreie Neugierige anlocken. Und die erwarten neben Aussichts- auch kurzweilige Hörerlebnisse: Dass Schiller im wahren Leben eigentlich zehn Zentimeter größer war als Goethe, zum Beispiel. Beide wurden für das bronzene Doppelstandbild vor dem Deutschen Nationaltheater aber gleichgroß und damit ebenbürtig geschaffen. Nahezu alle Sehenswürdigkeiten werden während der Fahrt in Audiobeiträgen erläutert. Dabei verzeihen die "Abgehobenen" lachend schon auch mal kleinere Ansage-Fehler wie "das aus Bratwurst und Klößen" bestehende Leibgericht der Thüringer.

Die Resonanz auf die neue kurzzeitige Weimar-Attraktion ist laut Skupsch sehr gut. Der 1,50 Meter-Abstand im Wartebereich und Masken-Pflicht in der Glasplattform stören kaum jemanden. Schlange stehen am Fuße des mobilen Turmes kommt übrigens nicht unbedingt langem Warten gleich. Die geschlossene Aussichtsplattform erhebt sich schließlich viermal in der Stunde. "Egal, ob gerade zwei oder 30 Leute mitwollen", versichert Skupsch. Wem die Schlange dann doch mal zu lang sein sollte, kann mit dem gekauften Tagesticket irgendwann in der Zeit zwischen 11 und 20 Uhr einsteigen, so die Tourist-Info der Klassiker-Stadt. Noch schneller geht es in Corona-freien Zeiten. In der Aussichtskabine ist normalerweise Platz für 60 Menschen. Bedingt durch die Pandemie dürfen pro Fahrt derzeit nur 30 mit.

Angezogen vom fast geräuschlosen Highlight aber fühlen sich Einheimische und Touristen. Dabei kommen auch viele Tagesausflügler aus Süd- und Ostthüringen. Und auch Weimars Oberbürgermeister Peter Kleine (parteilos) ließ es sich nicht nehmen, seine Stadt von oben zu betrachten. Während der Premierenfahrt bei schönstem Wetter sah man sein Strahlen trotz Maske.

In Thüringen ist der Skyliner übrigens nicht das erste Mal. 2016 war der Riese bereits beim 294. Rudolstädter Vogelschießen die höchste Volksfest-Attraktion, die es jemals in Rudolstadt gegeben hat. In der Weimarer Innenstadt wird der 270-Tonnen-Koloss bis zum 11. Oktober stehen bleiben. Dann zieht er - auf immerhin 13 Sattelaufliegern - weiter. Voraussichtlich nach Dresden - wenn, so Skupsch, die Pläne endlich wieder aufgehen. Dort soll die Attraktion dann nach der enormen Resonanz im Jahr 2018 sogar bis Silvester 2020/21 zugänglich sein. Wegen Bauarbeiten nicht wieder direkt neben dem Dresdner Zwinger, sondern neben der Semperoper. Das aber hängt dieses Mal vom Denkmalschutz ab.

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