Thüringen Thüringen stimmt gegen innerdeutsche Reisebeschränkungen

Über der Autobahn 1 in Richtung Norden kurz vor dem Maschener Kreuz informiert eine Anzeigetafel über die Reisebeschränkungen in Norddeutschland. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa

Die Politik rät in der Pandemie zu Urlaub in der Heimat. Doch der wird immer schwerer. Am Mittwoch verständigten sich die meisten Bundesländer auf Reisebeschränkungen für Menschen aus deutschen Risikogebieten. Thüringer aber macht nicht mit.

 
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Erfurt/Suhl/Berlin - Thüringen trägt die Einigung der Bundesländer zu einem Beherbergungsverbot für Urlauber aus inländischen Gebieten mit hohen Corona-Infektionszahlen nicht mit. Das bestätigte Regierungssprecher Falk Neubert am, Mittwoch auf Nachfrage. Zuvor hatten die Staatskanzleichefs der Bundesländer mit Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) über den Umgang mit Reisenden aus deutschen Risikogebieten mit hohen Infektionszahlen beraten.

Ihre Lösung: Hotels und Gaststätten dürfen Gäste nicht mehr beherbergen, die auf aus Regionen mit mehr als 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern anreisen. Dazu zählen aktuell zum Beispiel vier Bezirke der Hauptstadt Berlin. Allerdings haben Thüringen, Berlin und Bremen der Einigung nicht zugestimmt. Es gebe eine entsprechende Protokollnotiz, so Neubert. Niedersachsen müsse erst noch intern klären, ob es die Reiseverbote anwenden wolle.

In den übrigen zwölf Bundesländern soll die Regelung umgesetzt werden. „Für Thüringen gilt, was auch bisher schon galt“, erklärte Neubert. Wenn ein örtliches Gesundheitsamt wegen hoher Infektionszahlen den Einwohnern die Ausreise verbiete, dann dürften diese Menschen auch nicht in Thüringen einreisen und nicht in Thüringen beherbergt werden.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) teilte für sein Land mit, dass Urlauber aus innerdeutschen Corona-Hotspots ohne negativen Corona-Test vom heutigen Donnerstag an nicht mehr in bayerischen Hotels und Gaststätten übernachten dürfen. Das Beherbergungsverbot soll demnach für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen gelten.

Wegen Quarantäneauflagen für Einreisende aus einigen Kommunen und Berliner Stadtbezirken mit hohen Infektionszahlen war zuletzt vor allem Schleswig-Holstein in die Kritik geraten. Auch die Regelung in Rheinland-Pfalz wirkt ähnlich. Beide Landesregierungen zeigten sich kompromissbereit, zu einem bundesweit einheitlichen Rahmen zu kommen.

Kritik an den Reiseauflagen kam aus der Wirtschaft. „Wir lehnen lokale und gesamtdeutsche Regelungen zur Quarantänepflicht von innerdeutschen Reisenden aus bestimmten Bundesländern ab. Statt neuer Reisebeschränkungen sollten die konsequente Umsetzung und Kontrolle der Abstandsregelungen einschließlich Maskenpflicht im Mittelpunkt stehen“, erklärte Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Südthüringen in Suhl. Kleinräumige Reisebeschränkungen würden zur Stigmatisierung von Touristen und Geschäftsreisenden führen und den Zusammenhalt der Gesellschaft untergraben. „Der Deutschlandtourismus als akzeptierte Alternative zu internationalen Reisen könnte teilweise oder ganz zum Erliegen kommen“, warnte Pieterwas. Dabei seien nicht nur neuerliche Umsatzeinbußen im Gastgewerbe zu befürchten. Beschränkungen von Geschäftsreisen würden die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise verschärfen. Zudem stelle sich die Frage, wie und mit welchem Aufwand die Einhaltung der Bestimmungen kontrolliert werden soll. jol

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