Thüringen Tag der Bratwurst: Am Holzkohle-Grill hinterm Kümmeläquator

Vom Holzkohlegrill mögen die Franken ihre Bratwurst nicht nur im Sommer und am "Tag der fränkischen Bratwurst" am liebsten. Foto: Florian Miedl

Ein für einen waschechten Thüringer geradezu existenzielles Ereignis: Am Sonntag wird der internationale Tag der Bratwurst gefeiert. Was man dazu unbedingt wissen muss - oder vielleicht auch nicht.

 
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Der Tag der Bratwurst wird jährlich am 16. August begangen. Ins Leben gerufen wurde er überraschenderweise nicht in Deutschland, sondern in den USA. Immerhin kam aber die Bratwurst um 1850 erst mit deutschen und österreichischen Auswanderern in die Vereinigten Staaten. Leider ist nicht bekannt, wer genau für den kulinarischen Feiertag verantwortlich ist. Höchstwahrscheinlich geht der Tag der Bratwurst auf eines der zahlreichen lokalen Bratwurst-Festivals in den USA zurück, welche im Sommer veranstaltet werden. Vielleicht war es aber auch einfach nur eine Schnapsidee. Um diesen Tag richtig zu feiern, werden Freunde und Familie zu einem zünftigen Grillabend eingeladen, bei welchem, wie könnte es anders sein, die Bratwurst im Mittelpunkt steht.

Eine Extrawurst braten beim Bratwursttag die Franken. Die haben in diesem Jahr einen "Tag der fränkischen Bratwurst" ausgerufen und am 25. Juli gefeiert. Initiatoren waren der Verein zur Förderung der fränkischen Bratwurstkultur in Pegnitz, die drei Handwerkskammern in Ober-, Mittel- und Unterfranken, der Landesinnungsverband des bayerischen Fleischerhandwerks, die Genussregion Oberfranken sowie der Cluster Ernährung in Kulmbach.

Der Ursprung der Bratwurst liegt irgendwo im Nebel der Geschichte. Immer mal wieder reißt er kurz auf und lässt einen kurzen Einblick zu, um sich dann wieder zu schließen und alles zu verhüllen. Natürlich könnte der Nebel auch Bratwurstrauch sein - aber wer weiß das schon so genau. Erste schriftliche Kunde von der Bratwurst gibt der griechische Dichter Homer in seiner "Odyssee". Darin beschreibt er etwa um das Jahr 700 vor Beginn der Zeitrechnung, wie die alten Griechen mit Fett und Blut gefüllte Ziegen- und Schweinemägen auf glühenden Kohlen rösteten. Im ersten Jahrhundert vor Beginn der Zeitrechnung taucht dann ein Bratwurstrezept im ersten römischen Kochbuch des Apicius auf. Um das Jahr 50 herum berichtet der römische Dichter Petronius über "Würste, die auf silbernem Rost rauchten".

Die erste schriftliche Quelle, die die Existenz der Bratwurst hierzulande belegt, datiert vom 20. Januar 1404. In einer Propsteirechnung des Arnstädter Jungfrauenklosters von diesem Tage heißt es: "I g vor darme czu brotwurstin". Man hatte also einen Groschen für Därme für Bratwürste ausgegeben.

Die Zubereitung einer echten Thüringer Bratwurst erfolgt auf einem Grillrost über Holzkohle - und nur dort, sagen Bratwurst-Puristen. Wer nicht in der Lage ist, eine gleichmäßige Holzkohleglut unter die Würste zu bekommen - und sei es unter Rückgriff auf einschlägige Hilfsmittel wie Grillanzünder, Gasbrenner, Gebläse oder Anzündkamin -, der hat auch keine leckere Bratwurst verdient. Viele Grillfreunde sehen das inzwischen etwas entspannter und greifen auf einen modernen Gasgrill zurück. Der lässt sich leicht entzünden, die Hitze ist gut zu regulieren und es gibt weder schwarze Hände noch fliegende Funken oder Asche. Vorausgesetzt man macht bei der Bedienung keinen gravierenden Fehler. Dann könnte die Asche die eigene sein.

Es gibt beim Gasgrill aber auch keine Raucharomen der Holzkohle, bemängeln die Puristen. Das stimmt allerdings nur bedingt, weil viele Gasgrills inzwischen auch Kammern haben, in denen Hölzer oder Späne für die Raucharomen entzündet werden können. Dazu kommt, dass in Blindverkostungen viele Tester die feinen Geschmacksnuancen gar nicht wahrnahmen und die Bratwurst vom Gasgrill nicht von der über Holzkohle gegrillten unterscheiden konnten - beziehungsweise falsch zuordneten.

Als Variation zur Holzkohle gibt es auch noch die Kiefernzapfen. Über diesen wird vor allem im Coburger Raum gern gegrillt. Die Zapfen erzeugen aufgrund ihres hohen Harzgehaltes hohe Grilltemperaturen - mit entsprechenden Auswirkungen auf die Würste. Manche Menschen halten Letztere dann für verbrannt.

Über Bratwurst aus dem Elektrogrill oder der Bratpfanne wollen wir an dieser Stelle nicht reden. Das sind Küchengeräte, die eines echten Bratwurstbraters oder -grillers unwürdig sind. Grillen ohne offenes Feuer ist wie mit einer Flasche Bier in die Kneipe zu gehen.

Es gibt verschiedene Varianten der Bratwurst : zum Beispiel die mickrige Nürnberger, die verkohlte Coburger, die lange dünne Kulmbacher und leider auch die seelenlosen Produkte der Lebensmittelindustrie, die vor allem durch ihren Namen und das Marketing überzeugen. Es gibt die Böhmische Weinbratwurst, die mit Weißwein gewürzt wird. Rosen- und edelsüßer Paprika geben der Stuttgarter oder Süddeutschen (Roten) Bratwurst ihre Farbe. Die absolute Königin unter den Bratwürsten ist aber - das müssen wir an dieser Stelle einfach sagen - die Thüringer Rostbratwurst. Da geht einfach nichts drüber.

Von großer Bedeutung für den Geschmack der Thüringer Bratwurst ist der sogenannte Kümmeläquator. Dieser wird zumeist mit dem Verlauf des Rennsteigs gleichgesetzt. Die Faustregel lautet: Nördlich davon kommt Kümmel in die Bratwurst - südlich davon auf keinen Fall. Wie bei jeder guten Regel gibt es auch hier Ausnahmen, die vermutlich daher rühren, dass Kümmelfreunde und -verweigerer unter den Wurstmachern jeweils über den Äquator hinweg heiraten und sozusagen in Feindesland ansässig werden.

Der Begriff ist keineswegs übertrieben, denn in Sachen Kümmel ist der sonst so friedliche Rennsteig eine Demarkationslinie wie einst die Berliner Mauer. Gemeinhin schüttelt es den Südthüringer beim Gedanken an Kümmel in seiner Bratwurst, nördlich des Höhenwegs möchte man das Gewürz dagegen nicht missen und verteidigt dessen Einsatz mit Mund und Zähnen. Schließlich ist Kümmel gut für den Magen, und wenn zur Bratwurst vielleicht auch noch Sauerkraut hinzukommt, dann ist das Gewürz besonders angeraten.

Was gehört auf die Bratwurst? Senf oder Ketchup? Ob das eine Geschmacks- oder Glaubensfrage ist, lässt sich mitunter nur schwer unterscheiden. Zumeist trifft wohl beides zu, weil es für die meisten Bratwurst-Fans dann am Ende eben überhaupt keine Frage ist.

Wie kann ein Mensch mit halbwegs intakten Geschmacksnerven auch nur auf die Idee kommen, die herrlich duftende, fettig-glänzende, satt-braun bis schwarze und einfach wunderbare Rostbratwurst mit Ketchup zu entweihen? Diese Frage bekommt zu hören, wer die rote Tomaten-Zucker-Pampe auf seine Bratwurst schmiert.

Wenn es darum geht, was auf die Bratwurst gehört, dann ist die Frage allenfalls, ob Born oder Bautzener Senf. Und selbst da muss es in Thüringen eigentlich heißen: Natürlich Born Senf. Dass der aus Thüringen kommt, genauer gesagt aus Erfurt, muss allenfalls Zugereisten erklärt werden.

Natürlich lassen sich Informationen über die Bratwurst auch im Lexikon finden. "Als Bratwurst werden verschiedene Wurstsorten aus Fleisch bezeichnet. Man versteht darunter Würste, die zum Braten bestimmt sind oder gebraten wurden", heißt es beispielsweise bei Wikipedia. Allerdings muss man dabei beachten, dass man nicht versehentlich auf den Online-Lexikon-Eintrag "Bratwurst" gelangt, der Informationen über die gleichnamige Ortslage im Norden der bergischen Großstadt Wuppertal bereithält.

Ansonsten erfährt der geneigte Leser, dass die Bezeichnung "Bratwurst" eine Wortzusammensetzung aus den althochdeutschen Wörtern brato ‚schieres Fleisch‘, und wurst ist. Der Begriff werde vielfältig verwendet. In der Umgangssprache würden damit auch bratwurstförmige, längliche Rollen aus fleischlosen Teigen und Massen bezeichnet, die im Aussehen und den Gareigenschaften dem Wurstprodukt ähnlich sind. Auf diesen für viele Menschen traurigen Aspekt, wird im am Fuße dieser Seite stehenden Artikel näher eingegangen.

Anmerkung: Der Autor dieser Zeilen ist neutraler Preuße, dem die Bratwurst sehr am Herzen liegt, noch häufiger aber im Magen. Letzteres aber auf keinen Fall schwer - egal ob mit oder ohne Kümmel. Er ist sich bewusst, dass es zu beinahe jeder hier niedergeschriebenen Information eine Vielzahl anderer, oft gegenteiliger gibt. Mit der Bratwurst ist es wie mit der Religion. Jeder ist der tiefsten, festesten Überzeugung, dass seine die einzig wahre ist. Bevor jetzt also der Fehdehandschuh geworfen wird, lieber den Grill entfachen (womit auch immer), ein paar Bratwürste seiner Wahl darauflegen und sich diese anschließend schmecken lassen. Dazu vielleicht ein kühles Bier. Am besten ein... - aber das ist ein anderes, ebenfalls viel zu weites Feld.

>>> Bratwurst-Alternativen für Vegetarier und Veganer

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