Erfurt Studie: Rund 6000 neue Erzieher bis 2030 in Kitas nötig

Figuren für ein Theaterstück sind in einer Kindertagesstätte zu sehen. Foto: Friso Gentsch/dpa/Symbolbild

In den Thüringer Kitas werden schon jetzt vielerorts händeringend Erzieher gesucht. Eine Studie zeichnet für die nächsten zehn Jahre ein düsteres Bild.

 
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Die Thüringer Kindertagesstätten steuern auf einen massiven Fachkräfte-Engpass bei Erziehern zu. Das geht aus einer am Montag vorgestellten Studie der Friedrich-Schiller-Universität Jena hervor, die im Auftrag des Thüringer Landesfördervereins Kindertagesstätten und der beiden Gewerkschaften GEW und Verdi erarbeitet wurde. Demnach sind bis 2030 mehr als 6000 neue Erzieher nötig, um den bisherigen Betreuungsstandard zu halten. Bei einer Verbesserung der Betreuungssituation wären sogar bis zu 19 000 Neueinstellungen notwendig.

Aufgrund von Renteneintritten und sinkenden Absolventenzahlen verschärften sich die bereits heute bestehenden personellen Probleme. Daher müssten die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung der Erzieher deutlich verbessert werden, sagte der Soziologe Klaus Dörre. «Der Beruf muss aufgewertet werden - materiell wie ideell.» Werde auch künftig vor allem in die Beitragsfreiheit investiert, drohe eine schlechtere Betreuungsqualität in den Einrichtungen.

In Thüringen ist derzeit das letzte Kita-Jahr vor der Einschulung kostenlos. Laut einem Beschluss des Landtages müssen ab August auch für das vorletzte Kita-Jahr keine Gebühren mehr bezahlt werden.

Der Studie zufolge betreuten im Jahr 2018 rund 14 200 pädagogische Fachkräfte etwa 94 000 Jungen und Mädchen in den Thüringer Kindergärten. Die Zahl der Kindergartenkinder wird im Jahr 2030 demnach auf etwa 77 700 im Freistaat sinken. Zugleich müssen in den nächsten zehn Jahren aufgrund steigender Renteneintritte rund 40 Prozent des pädagogischen Personals ersetzt werden.

Außerdem sei mit steigenden Abwanderungszahlen zu rechnen, da Erzieher in anderen Bundesländern wesentlich besser bezahlt würden. Die Zahl der Absolventen einer Erzieherausbildung in Thüringen sank laut der Studie von 2015 bis 2019 von rund 1100 auf unter 800.

Die Lage in den Kindergärten werde sich in den nächsten Jahren dramatisch zuspitzen, sagte die Vorsitzende des Landesfördervereins Kindertagesstätten, Bettina Löbl. «Wenn immer weniger Erzieher zur Verfügung stehen, müssen Öffnungszeiten verkürzt und im schlechtesten Fall Kindergärten geschlossen werden.» Aufgrund von Personalmangel und krankheitsbedingter Ausfallzeiten liege der Betreuungsschlüssel bereits jetzt zum Teil unterhalb der gesetzlichen Vorgaben.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi forderten eine einheitliche Vergütung der Erzieher auf Basis des öffentlichen Tarifvertrags. Gerade die Corona-Krise habe gezeigt, dass Beschäftigte und Einrichtungen unter dem Schutz von Tarifverträgen besser durch schwere Zeiten kämen als andere, hieß es.

Laut der Studie waren 2018 aber nur 37 Prozent der 1320 Kindertagesstätten in Thüringen in öffentlicher Hand. Die große Mehrzahl wurde von freien und privaten Trägern geführt, die selbst über eine Bezahlung nach Tarif entscheiden. Das macht laut Studie Gehaltsunterschiede beim Jahresbrutto von bis zu 8600 Euro zu den Entgelten in kommunalen Einrichtungen aus. Zudem forderten die Gewerkschaften eine Verkürzung der fünfjährigen Ausbildungszeit sowie eine Vergütung der Ausbildung.

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