So wie es in einem vergleichbaren Fall bei denen, die von der AfD so gerne als "Altparteien" gescholten werden, wohl auch wäre, bemühen sich während der Tagung des Bundesvorstands in Suhl sowohl Kalbitz als auch Meuthen, den großen Grundsatzkonflikt kleinzureden. Wobei ihnen der Versuch umso leichter fällt, weil der Bundesvorstand ganz ungestört im Congress Centrum tagen kann, bevor am späteren Nachmittag dann noch die AfD-Landesvorsitzenden anreisen, um über die aktuelle Lage der Partei und das Wahljahr 2021 zu reden.
Dass mit dem AfD-Bundesvorstand alle illustren Führungsfiguren in Südthüringen versammelt sein werden, war erst am Donnerstagnachmittag aus Berlin durchgesickert. Weder die AfD noch der Vermieter noch die Polizei gingen an die Öffentlichkeit. Schon Donnerstagabend patrouillieren Beamte durch Suhl. Am Tag danach wird bekannt, warum: Beatrix von Storch und Jörg Meuthen waren schon angereist, sie hatten am Abend auf der Terrasse eines Griechen in der Suhler Fußgängerzone gespeist.
Am Freitag stehen mehrere Einsatzwagen im Umfeld des Congress Centrums, Polizisten peilen die Lage. Im Inneren des CCS patrouillieren Polizisten in Uniform und in Zivil, belehren Journalisten darüber, dass Bildaufnahmen der AfD-Leute dort unzulässig seien. Das ist der Grund, der Kalbitz vor die Tür zwingt, um mit den Medien zu sprechen.
Am späten Nachmittag schließlich taucht eine kleine Gruppe von Demonstranten vor dem CCS auf. Grüne, Linke, SPDler, die ihren Unmut über die AfD kundtun. "Nazis nein danke", steht auf einem der Plakate, die sie in die Sonne halten. Der Suhler Linken-Landtagsabgeordnete Philipp Weltzien hatte zur Spontandemo aufgerufen. "Ein unerträgliches Maß an Provokation" sei das AfD-Treffen in Suhl, sagt er und kritisiert das Hotel, in dem die AfD-Spitze nächtigt: Das City-Hotel neben dem städtischen CCS, die Dependance einer regionalen Gastro-Kette, zu der auch das bekannte Suhler Gasthaus "Goldener Hirsch" gehört. Dessen Chef habe "willfährig den Rechtspopulisten die Unterbringung ermöglicht", sagte Weltzien.
Dass die AfD vielerorts in Deutschland ein ungebetener Tagungsgast ist, "schränkt die Anzahl der zur Verfügung stehenden Einrichtungen in erheblichem Maße ein", erklärte ein Sprecher des Thüringer AfD-Landesverband, der nach eigenen Angaben auch erst kurzfristig vom Suhl-Besuch der Bundesspitze erfahren hatte
In praller Suhler Sonne
Suhl gehört nun in die Reihe der Städte, in der die Partei es da offenbar leichter hat. "Die AfD ist ein Kunde wie jeder andere", sagt City-Hotel-Chef Andress Sommer-Kessel nur. Die AfD hatte die Tagung beim Hotel gebucht, dessen Chef wiederum mietete den "Saal Simson" im stadteigenen CCS an. Dabei soll er erst ganz kurzfristig mitgeteilt haben, um welche Art Gäste es sich handelt, hieß es. Wie die Stadtverwaltung das sieht und was sie von dieser besonderen Suhl-Werbung hält, ist unbekannt. Anfragen an das Büro von Oberbürgermeister André Knapp (CDU) blieben am Freitag unbeantwortet.
Zu diesem Zeitpunkt haben sowohl Meuthen als auch Kalbitz schon erklärt, trotz ihrer unterschiedlichen Meinungen zur Personalie Kalbitz gehe die Arbeit im AfD-Bundesvorstand - dem der Brandenburger angehört - sachlich weiter. Nachdem Kalbitz Meuthen und dessen Unterstützern einmal mehr "den Versuch von Tricksereien" vorgeworfen hat, bekräftigt er sogleich, trotzdem werde sich die Partei nicht spalten. Das sei nur ein Wunschgedanke der politischen Gegner. Die AfD lebe von ihrer inhaltlichen Breite.
Während Kalbitz das wieder und wieder sagt, wandert der Schatten weiter, sodass der Mann schließlich in der prallen Suhler Sonne steht.