Erstmals seit Beginn der Corona-Krise ist die Zahl der Arbeitslosen in Thüringen nicht weiter gestiegen. 70 300 Thüringer waren im Juli arbeitslos, teilte die Landesarbeitsagentur am Donnerstag in Erfurt mit. Das waren trotz Ferienbeginns knapp 300 Arbeitslose weniger als im Juni, aber 12 200 mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote blieb mit 6,3 Prozent auf dem Juni-Niveau.

Insgesamt hätten durch die Corona-Pandemie in Thüringen knapp 14 000 Menschen ihre Arbeit verloren, konnten nicht vermittelt werden oder eine Qualifizierung antreten, erklärte die Landesarbeitsagentur. Dieser «Corona-Effekt» bei der Arbeitslosenquote betrage 1,3 Prozentpunkte.

Der Geschäftsführer der Landesarbeitsagentur, Markus Behrens, erklärte, «der Negativ-Trend auf dem Arbeitsmarkt nach dem Corona-Schock konnte vorerst weitgehend gestoppt werden». Kurzarbeit und staatliche Hilfen hätten einen großen Anteil an der Stabilisierung. Thüringen sei von der Krise allerdings stärker betroffen als etwa Sachsen-Anhalt, weil der Freistaat durch eine stärkere Industrie deutlicher von der Entwicklung der Weltkonjunktur abhängig sei.

Behrens rechnet mit einem längerfristigen «Corona-Eeffekt». «Ich gehe davon aus, dass es mehrere Jahre dauern wird, bis wir, was die Arbeitslosigkeit angeht, wieder das Vorkrisenniveau erreicht haben.»

Im Juli fanden 3800 Arbeitslose eine feste Anstellung - 200 mehr als im Juni. Knapp 4300 neue Stellen wurden von Arbeitgebern gemeldet. Rückläufig waren die Kurzarbeitsmeldungen. Von März bis Juni waren es 26 600 Anzeigen auf Kurzarbeit, die mehr als 305 000 Arbeitnehmer betrafen. Im Juli habe es nur 200 neue Anzeigen für insgesamt 2400 Beschäftigte gegeben. Erste Hochrechnungen zur realisierten Kurzarbeit gingen davon aus, dass es April knapp 137 000 Kurzarbeiter in Thüringen gab. Zahlen für die folgenden Monate lägen noch nicht vor.

Der Bezirksvorsitzende des DGB Hessen-Thüringen, Michael Rudolph, sieht die Unternehmen jetzt in der Pflicht, Arbeitsplätze zu sichern. «Staatshilfen sollten nur noch diejenigen Betriebe erhalten, die eine Beschäftigungs- und Standortgarantie abgeben sowie Tarifverträge anwenden», erklärte er. Es gelte das Prinzip «Leistung nur bei Gegenleistung».

Nach Einschätzung des Geschäftsführers des Verbandes der Wirtschaft, Stephan Fauth, würde die Thüringer Wirtschaft einen zweiten Lockdown nicht verkraften. Erst im Herbst werde sich zeigen, wie die Konjunkturpakete von Bund und Land wirken und ob Nachfrage und Konsum anspringen. Vor allem die Automobilzulieferindustrie stehe unter Druck. Kurzarbeit sei weiter das Mittel, um Beschäftigte zu halten.

Die Geschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt, Cornelia Haase-Lerch, sieht ebenfalls bisher keinen Grund für Entwarnung. «Mit Sorge blicken die Unternehmen in Thüringen auf die kommenden Monate. Ende August enden die Überbrückungshilfen und im September läuft die Frist zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht ab. Das könnte zum Aus für viele Unternehmen und damit verbundenen Entlassungen führen», äußerte Haase-Lerch. dpa