Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) lehnt ein erneutes, pauschales Herunterfahren des öffentlichen Lebens per Verordnung ab. Einen Tag vor den Bund-Länder-Beratungen über das weitere Vorgehen in der Corona-Pandemie erklärte Ramelow in Erfurt, er werde einem möglichen Lockdown-Beschluss nicht zustimmen. Er habe über sein Vorgehen am Dienstag das Thüringer Kabinett und die Vorsitzenden der Koalitionsfraktionen von Linke, SPD und Grünen informiert.

Thüringens Regierungschef begründete seine Entscheidung mit grundsätzlichen Überlegungen zur Rolle der Ministerpräsidentenkonferenz und der Parlamente. Kritik übte er am Agieren von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Corona-Krise.

Die Ministerpräsidentenkonferenz nehme bei der Eindämmung der Corona-Pandemie eine wichtige Aufgabe wahr, so Ramelow. «Diese Aufgabe darf sie jedoch nicht überstrapazieren.» Sie müsste sich der Grenzen ihrer Kompetenzen bewusst sein.

Ramelow reagierte damit auf die Debatte der vergangenen Tage, wonach die Parlamente stärker in Entscheidungen zur Pandemie-Eindämmung und damit verbundene Einschränkungen einzubeziehen sind. Zudem verwies er auf ein Urteil des saarländischen Verfassungsgerichts.

Thüringens CDU-Fraktionschef Mario Voigt warf Ramelow die Absage an eine bundesweite Strategie zur Corona-Bekämpfung vor. «Es ist fatal, dass Herr Ramelow jetzt den Weg des Solotänzers wählt und die Bundeskanzlerin attackiert. Statt Alleingängen, Kompetenzstreitigkeiten und Angriffen gegen die Kanzlerin ist ein gemeinsames Handeln der Bundesländer notwendig», erklärte Voigt.

Es sei unglaubwürdig, wenn die Landesregierung von mehr parlamentarischer Beteiligung im Bund redet und seit Monaten auf Verordnungsweg in Thüringen anders handele. Die FDP-Fraktion erklärte, bisher fehlte ein Vorschlag der Regierungskoalition, wie der Landtag in die Corona-Entscheidungen der Landesregierung dauerhaft einbezogen werden solle.

Ramelow stimmte mit Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble überein, dass durch das Parlament konkrete Ermächtigungsgrundlagen für besonders eingriffsintensive Maßnahmen wie Ausgangssperren, Kontaktverbote oder die Verhängung eines Lockdowns zu schaffen sind, erklärte der Linke-Politiker. Wer das akzeptiere, könne nicht mit einer Verfahrensweise in der Ministerpräsidentenkonferenz einverstanden sein, «in der äußerst kurzfristig eingebrachte Beschlussvorlagen mit solchen besonders eingriffsintensiven Maßnahmen verhandelt und oft beschlossen werden sollen». Immerhin gehe es um massive Eingriffe in Grundrechte.

Der Online-Ausgabe der «Thüringer Allgemeine» sagte er, «es kann nicht sein, dass die Ministerpräsidentenkonferenz zu einer Kanzlerinkonferenz wird». Das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND, Mittwoch) zitierte ihn mit dem Satz, «Ich bin keine nachgeordnete Behörde des Kanzleramtes.»

Der Linke-Politiker bekräftigt seine seit Wochen vertretene Haltung, dass die lokale Infektionsentwicklung Grundlage für Entscheidungen sei. Auch bei einem möglichen Lockdown müsste es um eher kurze und lokal beschränkte Regelungen gehen. dpa

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