Thüringen Quotenregelung nach Thüringer Urteil noch nicht abgeschrieben

Rita Süssmuth. Quelle: Unbekannt

Thüringer Verfassungsrichter erklärten ein Paritäts-gesetz, mit dem Wahllisten abwechselnd mit Männern und Frauen besetzt werden sollten, für nichtig. Auf- geben wollen Befürworter der Quotierung aber nicht.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Berlin/Weimar/Erfurt - Nach dem Scheitern eines Paritätsgesetzes durch ein Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtes haben sich Politiker mehrerer Parteien kämpferisch gezeigt, trotzdem Quotenregelungen einzuführen. Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth drückte ihr Unverständnis über das Urteil des Verfassungsgerichtshofs in Weimar aus (siehe Infokasten).

Süssmuth: Paritätsgesetz ist verfassungskonform

Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth hat mit Unverständnis auf das Urteil aus Thüringen zum Paritätsgesetz reagiert. "Das Urteil des Thüringer Landesverfassungsgerichts will alles beim Alten belassen", sagte die CDU-Politikerin in Berlin. "Unsere Verfassung erlaubt dem Gesetzgeber, die Parteien zu verpflichten, Frauen und Männer in Parlamentswahlen paritätisch aufzustellen, und damit ist ein solches Gesetz verfassungskonform." Süssmuth kämpft selbst für eine Paritätsregelung, um den seit jeher niedrigen Frauenanteil im Bundestag zu erhöhen. Dieser war bei der Wahl 2017 noch gesunken - von zuvor 37,3 Prozent auf nun 31,2 Prozent. Süssmuth sagte, das Urteil in Thüringen verkenne den gesellschaftlichen Wandel und insbesondere die im Grundgesetz geforderte Förderung der Gleichberechtigung und Gleichstellung. Die praktische Umsetzung der Gleichberechtigung und das zugehörige Gleichstellungsgebot stießen "in unserem Land noch immer auf erhebliche Widerstände". "Wir kämpfen weiter. Dabei hat uns das Bundesverfassungsgericht mit seinen grundlegenden Urteilen und seiner klaren Ausrichtung entscheidend geholfen." dpa

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof in Weimar hatte am Mittwoch eine Paritätsregelung im Thüringer Landeswahlrecht gekippt, wonach Parteien ihre Kandidatenlisten für Landtagswahlen abwechselnd mit Männern und Frauen besetzen müssen. Drei von neun Verfassungsrichtern hielten das Gesetz nicht für verfassungswidrig und gaben Sondervoten ab.

Nach Ansicht der Thüringer Linke-Fraktionschefin Susanne Hennig-Wellsow zeigten die Sondervoten, dass es aus juristischer Sicht noch Spielräume für den Gesetzgeber gebe. Sie halte ein neues Paritätsgesetz in der nächsten Legislatur für möglich. Auch die Thüringer Grünen-Fraktion zeigte sich entschlossen, einen neuen Anlauf zu nehmen.

In deutschen Parlamenten herrscht ein deutlicher Männer-Überschuss. In vielen Landtagen liegt der Frauenanteil nur bei etwa einem Drittel oder darunter. Spitzenreiter ist Hamburg mit 44,7 Prozent, Schlusslicht Sachsen-Anhalt mit 21,8 Prozent.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt verwies auf das Grundgesetz Artikel 3, Absatz 2, Satz 2. Dort heißt es wörtlich: "Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin." Göring-Eckardt sagte in den ARD-"Tagesthemen", es sei mit dem Weimarer Urteil "längst nicht vorbei". Die Grünen würden "auch für den Bund dafür kämpfen, dass es ein solches Gesetz gibt, dass die Gleichberechtigung im Parlament auch gewährleistet". Sie fordern nun eine überparteiliche Kommission, die Vorschläge für ein rechtssicheres Paritätsgesetz erarbeiten soll.

Allerdings zeigte sich die SPD bei dem Vorschlag skeptisch. "Eine Kommission macht nur Sinn, wenn im Bundestag klar ist, es geht mindestens um quotierte Listen", sagte Fraktionsvize Katja Mast in Berlin. "Dazu können sich bis heute aber weder CDU und CSU, noch die FDP durchringen." Zugleich betonte sie: "Das Ziel der SPD ist klar - echte Parität in allen Parlamenten. Die unzureichende Repräsentanz von Frauen in den Parlamenten hat strukturelle Gründe. Hier haben wir kein Erkenntnis-, sondern ein Handlungsproblem."

Susanne Hennig-Wellsow erklärte ferner, sie wolle prüfen, ob die Entscheidung des Thüringer Verfassungsgerichts vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden könne.

Die Düsseldorfer Rechtswissenschaftlerin Sophie Schönberger glaubt jedoch nicht an einen Gang nach Karlsruhe - und hält ihn für ausgeschlossen. "Mir ist völlig schleierhaft, wie das funktionieren soll", sagte Schönberger. dpa

Autor

Bilder