Erfurt Online-Treff statt Dienstreise - Corona ändert Kommunikation

Ein Mann geht durch die 1. Klasse eines ICE-4. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

Was bleibt nach Corona? Wahrscheinlich mehr digitale Kommunikation in Unternehmen. Manche Arbeitgeber in Thüringen rechnen damit, dass sehr viele Dienstreisen wegfallen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Erfurt - Hunderte Kilometer im Auto oder in der Bahn für ein zweistündiges Treffen? Nach der Corona-Pandemie werden in Thüringen viele Unternehmen und Verbände ihre Mitarbeiter seltener auf Dienstreisen schicken als vorher, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab. Einige Arbeitgeber, darunter der Jenaer Software-Anbieter Intershop, erwarten, dass bis zu 50 Prozent der Dienstreisen in der Zukunft durch Telefon- oder Videokonferenzen ersetzt werden könnten.

«Es wird definitiv weniger Dienstreisen geben. Aber Videokonferenzen werden die persönliche Begegnung nicht komplett ersetzen», so die Sprecherin des Verbandes der Wirtschaft Thüringens, Ute Zacharias, zum Trend in vielen Unternehmen. Ähnlich äußerten sich der Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft oder die Handwerkskammer Erfurt. Thüringens Rechnungshofpräsident Sebastian Dette sieht in mehr digitaler Kommunikation auch die große Chance, Geld in der öffentlichen Verwaltung zu sparen.

«Man wird sich dreimal überlegen, ob man tatsächlich irgendwo hinfahren muss», glaubt der Vorstandschef der Intershop AG, Jochen Wiechen. «Wir sparen ja bereis jetzt Zeit und Geld für etliche Reisen, die früher normal waren.» Nach Einschätzung von Wiechen wird vor allem das Tagesgeschäft in Unternehmen auch in der Zukunft eher digital laufen - beispielsweise der Kontakt mit Tochterfirmen oder Niederlassungen im Ausland. Ergänzt würde die Online-Kommunikation durch persönliche Treffen, die dann eher als Besonderheit empfunden würden.

Die Geschäftsführerin der Erfurter Q-Soft GmbH, Milen Volkmar, rechnet mit 25 bis 30 Prozent weniger Dienstreisen. Es habe die Erfahrung der vergangenen Monate mit vielen Online-Meetings gebraucht, um stärker auf digitale Kommunikation zu setzen, glaubt sie. «Das wird bleiben, das wird sich noch verstärken.»

Der Vorstandschef der börsennotierten Carl Zeiss Meditec AG (Jena), Ludwin Monz, sagte, «wir haben gelernt, was man über Videokonferenzen machen kann und was nicht». Viele Aufgaben würden aber auch in Zukunft mit Reisen verbunden bleiben. Als Beispiel nannte Monz die Arbeit von Servicetechnikern, die zu Kunden fahren müssten.

Rechnungshofpräsident Dette hofft, dass die technische Infrastruktur für digitale Kommunikation in Thüringen und seiner Verwaltung nach den Erfahrungen der vergangenen Monate jetzt schnell verbessert wird. Eigentlich müsste die Versorgung mit schnellem Internet als Daseinsvorsorge wie die mit Trinkwasser verstanden werden, sagte Dette. «Die Daten müssen unterwegs sein, nicht die Menschen.»

Nach einer kürzlich veröffentlichten Umfrage des Münchner Ifo-Instituts wollen 64 Prozent der Unternehmen in Deutschland Besprechungen künftig häufiger online durchführen. 61 Prozent planen, Dienstreisen dauerhaft einzuschränken. Zudem sah das Institut einen «Durchbruch beim Homeoffice» durch Corona. 73 Prozent der Unternehmen, die während der Pandemie verstärkt auf das Arbeiten von zu Hause gesetzt haben, planten demnach, auch in Zukunft mehr davon anzubieten. dpa

Autor

Bilder