Jena/Erfurt Minijobber und Bundeswehr: Aufwendige Corona-Kontaktsuche

Eine Sachbearbeiterin vor einem Monitor, der eine Liste von Kontaktpersonen von coronapositiv getesteten Menschen zeigt. Foto: Marijan Murat/dpa/Illustration

Bei der Bekämpfung einer weltweiten Infektionswelle sind in Deutschland die kommunalen Gesundheitsämter die Schlüsselstellen. Ihre wichtigste Aufgabe: so schnell wie möglich Kontaktpersonen Infizierter ausfindig machen, um Infektionsketten zu unterbrechen.

 
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Trotz Personalengpässen ist es den Gesundheitsämtern in Thüringen nach Einschätzung des Gesundheitsministeriums in der Corona-Pandemie bisher weitgehend gelungen, enge Kontaktpersonen von Infizierten zu ermitteln. Die Nachverfolgungsquote der Ämter liege zwischen 90 und 100 Prozent, teilte das Ministerium der Deutschen Presse-Agentur mit. Es bezog sich auf eine landesweite Abfrage unter den 22 Ämtern. Seit Beginn der Pandemie haben die Ämter viele Tausende Kontaktpersonen von Infizierten festgestellt und in Quarantäne geschickt. Die Nachverfolgung von Kontakten ist eines der wichtigsten Mittel, um Infektionsketten zu unterbrechen.

Mit der steigenden Infektionszahl nimmt die Belastung der Gesundheitsämter derzeit wieder zu. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte deshalb angekündigt, dass Thüringen eine Personalreserve für die Gesundheitsämter prüfen will. Zudem hatten sich Bund und Länder kürzlich auf die Schaffung von mindestens 5000 neuen und unbefristeten Stellen im öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD), darunter 1500 Ärzte, bis Ende 2022 verständigt.

In der Pandemie sei in den meisten Landkreisen und kreisfreien Städten Verstärkung aus anderen Bereichen der kommunalen Verwaltungen gekommen, hieß es aus dem Ministerium. Der Landkreis Schmalkalden-Meiningen etwa stellte eigens sechs Minijobber zur Unterstützung ein, wie ein Sprecher der Kreisverwaltung sagte. Laut Ministerium sind auch Medizin-Studenten im Einsatz. Unter anderem im Weimarer Land und im Landkreis Greiz, beides zeitweilig regionale Pandemie-Schwerpunkte, halfen zudem Bundeswehrangehörige.

Vielen Ämtern fehlt es seit Jahren an Personal, vor allem an Amtsärzten. Aus Sicht der Landesärztekammer hat die Pandemie dies noch einmal deutlich gemacht. Kammerpräsidentin Ellen Lundershausen befürwortet deshalb die Pläne von Bund und Ländern zur Aufstockung von Arztstellen. «Die Frage ist nur, wo sollen die neuen Ärztestellen herkommen?» Viele freie Arztstellen in den Behörden blieben mangels Bewerbern bereits jetzt unbesetzt. Eine Möglichkeit, die Lücken zu schließen, ist aus ihrer Sicht die Qualifikation von Quereinsteigern unter Medizinern für den ÖGD.

Die Kammer plant eine zusätzliche ÖGD-Facharztausbildung für bereits im Beruf stehende Mediziner. Einen Grundsatzbeschluss dazu habe die Kammerversammlung - das Parlament der Thüringer Ärzte - bereits gefasst, sagte Lundershausen. Inhaltliche Details müssten noch abgestimmt werden. Bei der Finanzierung erhofft sich die Kammer auch von den Kommunen Unterstützung. Sie könne sich vorstellen, dass die Kommunen Ärzte bereits während der Weiterbildung einstellten und ihnen diese so ermöglichten, sagte Lundershausen. In Thüringen verfügen nach Kammerangaben derzeit 16 Mediziner über die ÖGD-Facharztausbildung.

Als Hauptgrund für den Ärztemangel im ÖGD gelten allerdings die schlechteren Verdienstmöglichkeiten in den Behörden, wo Mediziner nach Angaben von Ärzteverbänden monatlich bis um die 1000 Euro weniger verdienen als in Krankenhäusern oder Reha-Kliniken. Um Amtsärzte zu bekommen oder in den Kommunen zu halten, zahlt Thüringen seit 2016 Gehaltszuschüsse. Diese sollen die Differenz verringern. Kommunen und Land übernehmen jeweils die Hälfte dieser übertariflich gezahlten Zulagen.

Laut Ministerium waren Ende 2018 in den Thüringer Gesundheitsämtern knapp 600 Beschäftigte tätig, darunter 92 Ärzte. Aktuellere Zahlen liegen nicht vor.

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