Brüssel/Erfurt Kostenloses Internet in jedem Dorf

Eike Kellermann
Freies WLAN im Rathaus in Großbreitenbach (Ilmkreis). bf Quelle: Unbekannt

Die EU will, dass in jedem europäischen Dorf kostenlos Internet verfügbar ist. Die Thüringer Gemeinden sollten rasch die Anträge vorbereiten, denn die Fördergelder sind begrenzt.

 
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Brüssel/Erfurt - Die Thüringer EU-Staatssekretärin Babette Winter war inzwischen dreimal in der estnischen Hauptstadt Tallinn. Dort kann man nahezu überall mit Smartphone oder Laptop ein kostenfreies WLAN-Netz nutzen und so ins Internet gehen. "Da kann man sich dran gewöhnen", schnalzt Winter mit der Zunge.

Was das kleine Estland schafft, das europaweit als Vorbild bei der Internet-Versorgung seiner Bürger gilt, soll nun auf die gesamte EU übertragen werden. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat angekündigt, "bis 2020 die wichtigsten öffentlichen Orte jedes europäischen Dorfes und jeder europäischen Stadt mit kostenlosem WLAN-Internetzugang auszustatten". Wenn der Netzausbau allen zugute kommen solle, dürfe es keine Rolle spielen, wo man lebt oder wie viel man verdient, so Juncker.

Kostenfreie Internet-Hotspots soll es künftig in Parks, auf größeren Plätzen und in öffentlichen Gebäuden wie Gemeindeverwaltungen, Bibliotheken, Museen und Gesundheitszentren geben. Der ländliche Raum wird bei dieser EU-Initiative ausdrücklich nicht vergessen: Auch in den Dörfern soll kostenloses WLAN anliegen.

Die Initiative, die den Namen "WiFi4EU - Kostenloses WLAN für alle" trägt, ist laut EU-Kommission zunächst mit einem Budget von 120 Millionen Euro ausgestattet. Antragsteller bekommen Fördergeld für die Ausrüstung und Installation des Internet-Zugangspunkts. Sie selbst müssen für die Netzanbindung und die Instandhaltung der Anlagen sorgen. Thüringens EU-Staatssekretärin Winter sagt, der Hotspot in einem Dorf könne Treffpunkt für die Einwohner werden und den Zusammenhalt fördern.

Die EU-Initiative startet Ende 2017 oder Anfang 2018. Da die Fördergelder nach dem Windhund-Verfahren vergeben werden, bekommt zunächst nur der ein Stück von der Wurst, der am schnellsten ist. Winter ermuntert deshalb die Gemeinden, sich rasch zu überlegen, welches öffentliche Gebäude genutzt werden soll - etwa Stadtbücherei, Gemeindeamt oder Dorfgemeinschaftshaus. "Man sollte auf keinen Fall warten, bis der Call raus ist", sagt sie. Der "Call" ist der offizielle Aufruf, Fördergelder zu beantragen. Laut EU-Kommission geht es "vorrangig darum, Orte auszustatten, an denen bisher kein kostenloser privater oder öffentlicher WLAN-Hotspot vorhanden ist".

Die Kommission hat aus der Kritik an der - vermeintlichen oder tatsächlichen - Brüsseler Bürokratie gelernt. Der Brexit war in dieser Hinsicht ein Weckruf. Für die Initiative "WiFi4EU" verspricht sie deshalb: Das Antragsverfahren werde "einfach und unbürokratisch" sein. So werde es unter anderem eine Online-Anmeldung geben, Zahlung mit Gutscheinen und eine weniger strikte Überwachung.

Die europäischen Regionen, die nicht zuletzt wegen der Krise durch den EU-Austritt der Briten an Gewicht gewinnen, unterstützen die Internet-Initiative der EU-Kommission, die den Mehrwert Europas vor Ort sichtbar machen wird. Ihre Interessenvertretung, der Ausschuss der Regionen (AdR), hat parallel eine sogenannte Breitband-Plattform gegründet. Schnelles Internet sei ein Eckpunkt des EU-Binnenmarktes und Voraussetzung, beim globalen Internethandel mitzuhalten, sagt AdR-Präsident Karl-Heinz Lambertz. Die Breitband-Plattform versteht sich als Dialogforum des AdR mit der EU-Kommission. Künftig sollen zweimal im Jahr die Probleme beim Ausbau des schnellen Internets in Europa diskutiert werden.

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Kostenloses WLAN-Internet für alle Dörfer und Städte in der EU. Informationen für Gemeinden unter: ec.europa.eu

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