Bad Hersfeld/Eisenach ICE-Projekt: Durch viele neue Tunnel von Eisenach nach Fulda

, Clemens Herwig
ICE-Projekt: Durch viele neue Tunnel von Eisenach nach Fulda Quelle: Unbekannt

Für das Mammut-Projekt der ICE-Neubaustrecke Gerstungen-Fulda hat die Bahn erste mögliche Streckenverläufe vorgestellt. Klar scheint: Die Trasse wird sehr tunnelreich.

 
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Bad Hersfeld/Eisenach - Von Eisenach nach Fulda in knapp 40 Minuten und in weiteren 35 Minuten bis nach Frankfurt: So flott will die Bahn das letzte nicht modernisierte Stück der ICE-Rennstrecke zwischen Berlin, Erfurt und Rhein/Main machen. Dazu muss sie neue Trassen bauen, auch im bergigen Gebiet zwischen Gerstungen, Bad Hersfeld und Fulda. Nun gibt es erste konkrete Vorschläge, wo die neuen Schienen verlaufen können. Die rund einen Kilometer breiten Trassenkorridore wurden diese Woche einem Expertenforum in Bad Hersfeld präsentiert.

Die Grundidee: An einem günstigen Punkt westlich des einstigen DDR-Grenzbahnhofs Gerstungen zweigt man von der jetzigen, langsamen ICE-Linie ab und schlägt eine Hochgeschwindigkeitstrasse quer durch die Region Bad Hersfeld. Diese trifft dann wieder an einem günstigen Punkt auf die bereits jetzt superschnelle Trasse Kassel-Fulda.

Dabei sind drei Fragen wichtig: Welche Start- und Endpunkte der Neubaustrecke sind machbar? Welche Routenvarianten bietet den besten Kompromiss zwischen Tempo, Kosten und Umweltverträglichkeit? Und schließlich: Lässt man Bad Hersfeld links liegen oder nicht?

Um dies nun bewerten zu können, haben die Bahn-Experten mehrere dieser Korridore in Schlängellinien in die Planungskarte eingezeichnet (siehe Grafik). Dabei geht es - ähnlich wie bei der Planung von Stromtrassen - um minimale "Raumwiderstände", also um möglichst geringe Störfaktoren wie hohe Berge, kurvige Täler und Siedlungen.

50 Prozent unterirdisch

Alle Vorschlags-Varianten haben gemeinsam: Sie zweigen westlich von Wildeck-Hönebach von der Bestandsstrecke ab. Was heißt: Bis dorthin wird auch künftig die bisherige Strecke ab Eisenach genutzt, einschließlich des Hönebachtunnels, der derzeit aufwendig saniert wird.

Querfeldein könnte es entweder nördlich an Bad Hersfeld vorbei auf kurzem Weg zur Kassel-Fulda-Trasse gehen. Oder weiter südlich auf insgesamt kürzerer Route, dafür aber mit einem größeren Neubauaufwand.

Dieser Aufwand könnte fast so gigantisch werden wie bei der Strecke Erfurt-Nürnberg mit ihren Dutzenden Tunneln und Brücken im Thüringer Wald. Sämtliche vorgestellten Varianten hätten einen "erheblichen Tunnelanteil", sagte Bahn- Projektleiter Alexander Nolte. Die Rede war von bis zu 50 Prozent oder sogar noch mehr. Dabei ist die Gegend zwischen Werra und Fulda für Tunnelbauer besonders knifflig: Nicht hartes Gestein wie unterm Thüringer Wald, sondern viele Salzstöcke und Kali-Stollen gibt es unter tage. "Es ist Aufgabe der DB, darzulegen, wie eine Schnellbahnstrecke und der Salzabbau miteinander in Einklang gebracht werden können", warnte diese Woche der Werra-Werksleiter von K+S, Martin Ebeling. Als Chef des größten Arbeitgebers der Region forderte Ebeling auch, neben der schnellen Direktverbindung Eisenach-Fulda auch einen Fernverkehrshalt im Kreis Hersfeld-Rotenburg zu berücksichtigen.

Derzeit stoppt der ICE alle zwei Stunden in Bad Hersfeld. Ob das auch mit der neuen Trasse so bleibt, ist offen. Auch ein ICE-Bahnhof auf der grünen Wiese bei Ludwigsau zwischen Hersfeld und Bebra ist im Gespräch. Je nach Variante wäre auch ein Abzweig von der Hauptstrecke denkbar, für gelegentliche ICE-Stopps nach Coburger Vorbild.

Mit der Korridor-Karte geht die eigentliche Planung nun erst richtig los. Die verschiedenen Streckenmöglichkeiten sollen intensiv miteinander verglichen und so zusammengesetzt werden, dass eine Vorzugsvariante entsteht. Als Kriterien nennt die Bahn die Verträglichkeit für Mensch und Umwelt, die benötigte Fahrzeit sowie Kapazität und Kosten. Ein Stopp in Bad Hersfeld habe aber "eine gute Chance", so Nolte.

Allerdings müssen die Planer immer das eigentliche Ziel im Auge behalten: Die Fahrzeitverkürzung. Über allem steht nämlich das Erfordernis, dass im die Halbstundentakt geplanten ICE zwischen Erfurt und Fulda um mindestens zwölf Minuten beschleunigt werden müssen. Bisher braucht man mindestens 71 Minuten zwischen beiden Domstädten. Wären es unter 60, ließen sich die Verknüpfungen zwischen den Linien viel einfacher herstellen, da sich Abfahrt und Ankunft an den Knoten immer an vollen Stunden orientieren. Die ICE-Linie Dresden-Frankfurt kreuzt in Erfurt die Route Berlin- München und in Fulda die Linie Hannover-Kassel-Würzburg. Zwischen Erfurt und Gerstungen sind die Gleise schon in den vergangenen Jahren auf Tempo 200 ausgebaut worden - mehr ist laut Bahn auf Thüringer Seite nicht drin. Als müssen die nötigen Minuten in Hessen herausgefahren werden.

Südthüringen profitiert

Nun gibt es Experten, die bezweifeln, ob das auch mit einem Schwenk über Bad Hersfeld gelingen könnte. Hinzu kommt, dass die Kurstadt mit ihren 30 000 Einwohnern noch kleiner ist als Coburg. Beides Städte, deren Größe sie nicht für den ICE qualifiziert. In Coburg hatte eine starke Lobby durchgesetzt, dass einige der stündlichen ICE zwischen Erfurt und Bamberg den Umweg nehmen und den zeitraubenden Stopp einlegen.

Das Neubauprojekt in Osthessen ist auch für den Süden Thüringens von Bedeutung. Ob von der Werrabahn aus über Eisenach oder ab Suhl oder Ilmenau via Erfurt: Der neue Rennweg würde Fahrten nach Rhein/Main beschleunigen, auch als zusätzliche Alternative zum Weg über Würzburg. Ein Halt in Bad Hersfeld ist zudem der günstigste ICE-Zugang für die Kali-Region und die nördliche Thüringer Rhön.

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