Thüringen
Ein zweites Jahr ist ihnen nicht genug
Innerhalb der rot-rot-grünen Koalition gibt es seit Monaten Überlegungen, in der nächsten Legislaturperiode ein zweites beitragsfreies Kita-Jahr einzuführen. Die Grünen sagen dazu: Ja, aber…

Erfurt - Den Thüringer Grünen gehen die Pläne von Linken und SPD zur Einführung eines weiteren für Eltern beitragsfreien Kita-Jahres im Freistaat nicht weit genug. Zwar wolle die Grüne-Landtagsfraktion die entsprechenden Überlegungen der Koalitionspartner nicht blockieren, sagte deren bildungspolitische Sprecherin, Astrid Rothe-Beinlich, am Dienstag in Erfurt unserer Zeitung. Doch müsse eine solche Entlastung der Eltern bei den Kita-Gebühren auch mit weiteren Investitionen in die Betreuungsqualität in den Kindergärten und -krippen im Freistaat einhergehen, forderte sie.
Eltern und auch Erzieherinnen und Erzieher hätten ihr immer wieder gesagt, wie wichtig es ihnen sei, dass unter anderem das viele Bundesgeld, das in den nächsten Jahren in diese Einrichtungen fließen soll, auch dort wirklich ankomme, sagte Rothe-Beinlich. Das Geld müsse also zum Beispiel genutzt werden, um zusätzliches Personal an den Kitas einzustellen, damit eine Erzieherin nicht mehr so viele Kinder wie bislang betreuen müsse und damit mehr Zeit für die einzelnen Kinder habe. Gleichzeitig räumte Rothe-Beinlich ein, dass die Bundesmittel alleine nicht ausreichen werden, um sowohl in ein zweites für die Eltern beitragsfreies Kita-Jahr als auch in eine wirklich höhere Betreuungsqualität zu investieren. Dazu müsse auch weiteres Landesgeld zur Verfügung gestellt werden. Die Finanzplanung des Freistaats zeige aber, dass dieses Geld vorhanden sei.
Eine Frage des Personals
Vertreter von Linken und SPD haben sich in der Vergangenheit mehrfach dafür ausgesprochen, in Thüringen nun bald auch das vorletzte Kindergartenjahr für Eltern beitragsfrei zu stellen. Rot-Rot-Grün hat bereits durchgesetzt, dass das Land und nicht mehr die Eltern für das letzte Kita-Jahr vor der Einschulung der Kinder die Kita-Gebühren übernimmt. Schon die Einführung des ersten für Eltern beitragsfreien Kita-Jahrs war und ist umstritten. Denn tatsächlich profitieren sozial starke Familien dadurch deutlich mehr als sozial Schwache, die oft nur kleine oder gar keine Kita-Gebühren zahlen. Auch hat die Einführung des ersten für Eltern kostenfreien Kita-Jahrs nicht dazu geführt, dass deutlich mehr Kinder als bisher einen Kindergarten besuchen.
Auf welche Summe sich die von den Grünen gewünschten Investitionen in die Betreuungsqualität summieren und was genau mit dem Geld geschehen soll, dazu gibt es bereits einen detaillierten Vorschlag der Landtagsfraktion, den deren Abgeordnete am Mittwoch in Erfurt auf einer Klausurtagung beschließen werden. In dem Papier, das unserer Zeitung vorliegt, heißt es unter anderem, nach den Vorstellung der Grünen sollten ab dem 1. August 2020 in der Altersgruppe der Vier- bis Fünfjährigen höchstens zwölf Kinder auf eine Erzieherin kommen dürfen. Bislang dürfe eine Erzieherin bis zu 16 Kinder in dieser Altersgruppe betreuen. Um diesen besseren Betreuungsschlüssel umzusetzen, würden etwa 530 weitere Erzieherinnen und Erzieher in Thüringen gebraucht. Zudem entstünden weitere Sachkosten bei den Kommen. "Bei vollständiger Umsetzung des Personalschlüssels gehen wir von ganzjährlichen Kosten ab 2021 in Höhe von circa 31 Millionen Euro aus", heißt es in der Beschlussvorlage. Woher das zusätzliche Personal kommen soll, steht in dem Papier nicht.
Zudem sollen nach den Vorstellungen der Grünen sogenannte multiprofessionelle Teams nun auch an Kitas zum Einsatz kommen. Dazu solle ein eigenes Landesprogramm aufgelegt werden, über das ab 2020 für drei Jahre insgesamt 100 Kitas im gesamten Freistaat gefördert werden sollen; vor allem solche, die inklusiv arbeiten und in sozialen Brennpunkten liegen. Die Kosten dafür beziffern die Grünen auf etwa sieben Millionen Euro für das Jahr 2020.
Die Idee dahinter: Über multiprofessionelle Teams die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher zu unterstützen, indem weiteres Personal - das nicht auf den Mindestbetreuungsschlüssel angewendet werden soll - in den Kitas tätig ist. Dieses Personal - das zum Beispiel aus dem pflegerischen, handwerklichen, künstlerischen oder musischen Bereich stammt - soll sich dann dort vor allem um Kinder kümmern, die besonders gefördert werden müssen. So soll es möglich werden, dass behinderte und nicht-behindert Kinder sowie solche, die zum Beispiel Schwierigkeiten beim Lernen haben, gemeinsam einen Kindergarten besuchen können. Die Kinder sollen so schon früh lernen, wie unterschiedlich Menschen sind und mit dieser Unterschiedlichkeit umgehen können. Für den Bereich der Schulen fordert beispielsweise der Thüringer Lehrerverband den verstärkten Einsatz von multiprofessionellen Teams schon lange.
Erst vor etwa sechs Monaten hatte auch die Bertelsmann-Stiftung kritisiert, in Thüringen stagniert der Ausbau der Kita-Qualität seit Jahren. Beim Betreuungsschlüssel habe sich der Freistaat seit Jahren nicht verbessert, hieß es in einer Mitteilung der Stiftung, die bundesweit regelmäßig analysiert, wie viele Kinder von wie vielen Pädagogen betreut werden. Gerade für ältere Kita-Kinder in Thüringen seien die Betreuungsquoten im Ländervergleich relativ schlecht, hieß es.
Der Bund stellt den Bundesländern über das sogenannten Gute-Kita-Gesetz zwischen 2019 und 2022 etwa 5,5 Milliarden Euro zur Verfügung, damit diese die Kitabetreuung verbessern können. Wie die Länder das Geld einsetzen - für neue Plätze, mehr Qualität bei bestehenden Plätzen, mehr Beitragsfreiheit - ist ihnen überlassen.
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Veröffentlicht am:
09. 01. 2019
10:42 Uhr