Thüringen Ein schwerer Dampfer und ein fest gewillter Lenker

Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke). Foto: Martin Schutt, dpa

Die Unterrichtsgarantie bis 2019 hält Rolf Busch vom Lehrerverband für eine Illusion. Das Zwischenzeugnis für den Bildungsminister ist dennoch nicht schlecht. An diesem Freitag ist Helmut Holter 100 Tage im Amt.

 
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Erfurt - Interessenvertreter von Lehrern und Kitas bescheinigen Bildungsminister Helmut Holter nach fast 100 Tagen im Amt die Bereitschaft zum Dialog und den Willen zu Veränderung. Gleichzeitig kritisieren sie, die angekündigten Verbesserungen des Linken-Politikers gingen nicht weit genug. «Die Richtung stimmt, die Schrittlänge nicht», sagte Rolf Busch, Vorsitzender des Thüringer Lehrerverbands (TLV).

Im Bildungsbereich könnten Änderungen allerdings nicht von heute auf morgen erreicht werden. Die Landesregierung habe die ersten zweieinhalb Jahre der Legislaturperiode verschlafen, sagte Busch. «Schulen sind schwere Dampfer. Da kann man nicht einfach mal das Ruder rumreißen.» Die Unterrichtsgarantie bis 2019 halte er für eine Illusion. Er habe jedoch den Eindruck, dass Holter «fest gewillt ist, die schwierige Situation» anzupacken.

Weichen für Unterrichtsgarantie

Holter war am 17. August als Nachfolger von Birgit Klaubert (Linke) vereidigt worden und bereits vor seinem Amtsantritt Mitglied der Kommission «Zukunft Schule». Diese war zu dem Ergebnis gekommen, dass Thüringen sein Schulsystem grundlegend reformieren muss, um die von der Landesregierung abgegebene Unterrichtsgarantie zu erfüllen. Im August kündigte Holter an, die Weichen dafür bis Ende der Legislaturperiode 2019 stellen zu wollen.

Busch fordert, die zuletzt angekündigten zusätzlichen 600 Lehrer in den kommenden zwei Jahren nicht befristet sondern dauerhaft einzustellen. Wenn das nicht gelinge, wäre Holter als Tiger gestartet und würde als Bettvorleger enden. Im Kampf gegen Unterrichtsausfall ist 2018 und 2019 die auf zwei Jahre befristete Einstellung von je 300 neuen Lehrern geplant.

Mehr Kita-Personal gefordert

Astrid Exel von der Liga der freien Wohlfahrtspflege sieht weiter in den Thüringer Kindertagesstätten großen Personalbedarf. Rot-Rot-Grün will die Kita-Gruppen in den kommenden Jahren zwar schrittweise von derzeit 16 auf 12 Kinder ab 2019 verkleinern. Die Liga fordert bei Kindern ab vier Jahren aber einen Personalschlüssel von nur neun Kindern pro Erzieher. «Das ist schon nochmal eine ganz andere Hausnummer», sagte Exel, die Fachbeauftragte Kita der Liga ist.

Exel betonte jedoch, Holter sei von Beginn an gut informiert und gesprächsbereit gewesen. Auch Busch sagte, der Minister habe den Lehrerverband schon in der ersten Woche nach seiner Vereidigung zum Antrittsgespräch besucht. dpa

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