Meiningen - Der Rumäne Alexandru V., 33, lebt seit 1996 mit seiner deutschen Frau und vier gemeinsamen Kindern in Deutschland. Im Juli 2008 finden Beamte des Landeskriminalamtes (LKA) in seinem Schlafzimmer 23 Kreditkartenrohlinge sowie drei Reisepässe und acht Identitätskarten aus Italien, Portugal und Norwegen - allesamt gefälscht. Sie finden mehrere Bögen mit falschen Hologrammen für Visa- und Master-Karten, goldglänzende Aufkleber, die den bunt bedruckten Rohlingen noch fehlen. Im Wäscheschrank stöbern die Polizisten 26 000 Euro auf. Viel Geld für einen Hartz-IV-Empfänger, dessen Familie von 750 Euro plus Mietzuschuss lebt.

Seit gestern steht Alexandru V. in Meiningen vor Gericht. Gemeinsam mit Alexandru-Alin S., 24, und Ion Laurentiu N.,33, muss sich der smarte Familienvater mit der hohen Stirn wegen der Fälschungen verantworten. Gewerbsmäßiges Bandenhandeln wirft der Staatsanwalt den drei Rumänen vor. N., ein Barkeeper mit Abitur, soll außerdem im September 2006 mit einem falschen Pass in einer Hallenser Postfiliale aufgetaucht sein. Das LKA ermittelt gegen ihn und V. deshalb wegen Überweisungsbetrugs mit mehreren Opfern.

Aufgeflogen ist das Gaunertrio am 17. Juli 2008. S. und N. tauchen an jenem Tag bei einem Paketdienst in Wutha-Farnroda auf. Sie wollen ein Paket abholen, das die Angestellte eigentlich an die Zentrale in Frankfurt/Main zurückschicken will, weil weder Zustelladresse noch Empfängername angegeben sind. Als Absender ist ein gewisser Ion Wasiliev im spanischen Valencia vermerkt, dessen Identität nicht geklärt werden kann. Ion Wasiliev sei auch der Name eines toten Dichters, stellt das LKA später fest. Unter seinem Namen wurden weitere Pakete verschickt, nach Frankreich, Italien und in die USA.

Laut Lieferschein soll das Paket des toten Dichters Dokumente enthalten. V. und N. behaupten, sie erwarten eine Kamera und nennen der 20-Jährigen die richtige Paketnummer. Die Angestellte fragt in der Zentrale nach, was sie tun soll. Bekommt die Anweisung, das Paket zu öffnen. Ein zweites, kleineres purzelt heraus. Mit 100 halbfertigen Kreditkarten verschiedener Banken. Wieder ruft die Angestellte die Zentrale an. Sie solle die Polizei rufen und die beiden Rumänen hinhalten - was ihr auch gelingt.

------

Handydaten weisen den Kontakt nach
------

Die Beamten finden bei N. und S. "jede Menge Geld", sagt ein Polizist im Zeugenstand - 500 und 2000 Euro. Ein Auto habe er kaufen wollen, behauptet S., der seinen Eltern in Rumänien in der Landwirtschaft hilft und kein eigenes Einkommen hat. Verkäufer des Autos: der smarte Herr V. Eine Zulassung auf dessen Namen findet die Polizei bei N. Der sagt, er habe Landsmann S. in einer Pension kennen gelernt und aus Gefälligkeit zum Paketdienst begleitet. Aus den Handydaten der drei Verhafteten leitet die Polizei jedoch ab, dass sie sich schon länger kennen müssten.

Die Existenz eines weiteren, mutmaßlich in Spanien operierenden Mitglieds der Bande bleibt ungeklärt. Am Tag der Verhaftung habe es jedoch zwischen S. und einem Handybesitzer im Süden regen SMS-Verkehr gegeben. Das Handy zu knacken erweist sich jedoch als schwierig. Dem LKA fehlt die entsprechende Software. Erst das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik kann die Nachrichten herunterladen. Das Ergebnis, mehrere bedruckte DIN-A-4-Seiten, bekam der Staatsanwalt gestern in den Sitzungssaal gereicht. Die anwesenden Dolmetscher begannen in einer Prozesspause mit der Übersetzung.

S. soll aus Wutha-Farnroda außerdem einen gewissen Sandu angerufen haben - was der rumänische Spitzname des smarten Herrn V. sein soll. Der, wie seine Mitangeklagten, zu allen Vorwürfen schweigt. Der Prozess wird morgen fortgesetzt.