Wernigerode/Meiningen Der Harz dampft voran

Noch tragen die Harzer Dampfloks Werkstatt-Schilder aus Meiningen. Künftig wird in Wernigerode vor Ort und öffentlich repariert. Foto: er

Neue Dampflokwerkstatt, Baumschwebebahn und gute Noten in einem aktuellen Tourismus-Test: Die Harz-Städte ziehen in Sachen Wirtschaftskraft im Gastgewerbe an denen im Thüringer Wald vorbei.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Wernigerode/Meiningen - Die kleinen Bahnen sind ein Highlight im Harz und eine Wirtschaftslokomotive. Nun wird Geld hineingesteckt, um später noch mehr rauszuholen: Die neue Dampflokwerkstatt der Harzer Schmalspurbahnen (HSB) in Wernigerode feierte am Donnerstag Richtfest. Das Unternehmen investiert 14,5 Millionen Euro in eine gläserne Werkstatt, in der die Dampfloks rascher und billiger gewartet werden können. Bisher dient vor allem das Dampflokwerk Meiningen den Harzer Loks als Werkstatt.

Ab 2022 sollen dann in Wernigerode die ersten der zwischen 1897 und 1956 gebauten 25 Lokomotiven in ihre jeweils über 4000 Einzelteile zerlegt und untersucht werden - so, wie es alle acht Jahre nötig ist. Die neue Halle wird 70 Meter lang und 35 Meter breit sein und über vier Gleise verfügen. Drei Kräne helfen bei der Bewältigung der schweren Bauteile. Der Neubau nahe des Wernigeröder Westerntor-Bahnhofes und der alten Fahrzeugwerkstatt aus dem Jahr 1926 ist als gläserne Werkstatt geplant mit Besuchergalerie und Aussichtsplattformen.

"Die moderne Werkstatt verbindet Industriegeschichte mit touristischer Erlebniskultur und wird so zu einem attraktiven Anziehungspunkt", sagte Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD). Es sei "ein weiteres Highlight im touristischen Kraftzentrum Harz".

Dieses Kraftzentrum ist inzwischen so stark, dass Wernigerode als erfolgreichste der kleineren Touristenhochburgen im Osten gehandelt wird. Die Stadt belegt in einem ebenfalls am Donnerstag vorgestellten Tourismus-Ranking des Standort-Kompasses der Zeitschrift Kommunal Rang 11, kurz vor dem benachbarten Quedlinburg (Rang 13). Die beiden Sachsen-Anhalter Harz-Orte sind somit die am besten bewerteten ostdeutschen Tourismus-Mittelstädte, geht aus der Analyse hervor. Waren an der Müritz (Platz 28) ist die drittbeste Ost-Kommune der Liste.

Verglichen wurden alle insgesamt 585 mittelgroßen deutsche Städte zwischen 20 000 und 75 000 Einwohnern im Hinblick auf ihre Attraktivität und Wirtschaftskraft im Bereich Fremdenverkehr. In die Bewertung flossen Faktoren ein wie die Zahl und Entwicklung von Gästebetten, der Beschäftigten im Gastgewerbe, die Auslastung der Hotels und die allgemeine Entwicklung der Wirtschaft und der Bevölkerung im Ort.

Bundesweit erfolgreichste unter den mittelgroßen Tourismushochburgen wurde Garmisch-Partenkirchen in Oberbayern. Auf Platz 2 des Rankings folgt die unterfränkische Kurstadt Bad Kissingen in der Nachbarschaft der Rhön und Südthüringens. Die Ränge 3 bis 5 belegen Lindau am Bodensee, Oberursel im Taunus und Vaterstetten bei München.

Meiningen im Mittelfeld

Als beste Thüringer Stadt schafft es Eisenach immerhin auf Rang 34 von 585, noch vor Fulda (43). Die Wartburgstadt fiel vor allem durch eine gute Auslastung ihrer Hotels und eine positive Wirtschaftsentwicklung auf. Weimar liegt auf Rang 47 vor Coburg (61), und Gotha ist mit Platz 78 dritterfolgreichste Stadt in Thüringen. Im guten vorderen Drittel der Liste rangieren auch Ilmenau (Platz 100) und Suhl (184).

Meiningen schafft es ins Mittelfeld, mit Rang 243 ist der Abstand hinter der Harzer Dampflok-Konkurrenz in Wernigerode aber gewaltig. Auch die der Theaterstadt an der Werra will ihr Dampflokwerk als Tourismus- und Wirtschaftsfaktor ausbauen und könnte so vielleicht aufholen. Mit dem seit langem geplanten Bau der Dampflok-Erlebniswelt soll es im Herbst endlich losgehen, zunächst mit der Sanierung der ehemaligen RAW-Kantine. 9,7 Millionen Euro sind insgesamt eingeplant. Anders als bei der privaten Harzer HSB ist hier die Deutsche Bahn mit im Boot, allerdings ohne eigene Loks und Gleise.

Aber auch außerhalb der Bahnwelt kann der Harz aktuell punkten. Am 1. August wird bei Bad Harzburg eine rund 1000 Meter lange Baumschwebebahn eröffnet, mit der Gäste vom knapp 500 Meter hohen Burgberg in weiten Kurven zwischen den Baumwipfeln zu Tal gleiten können. Die Bahn soll den benachbarten Baumwipfelpfad ergänzen, der sich seit 2015 zum Besuchermagneten im niedersächsischen Teil des Harzes entwickelt. Seilbahn- und Turm-Projekte in Rhön und Thüringer Wald waren dagegen immer wieder gescheitert. Bad Harzburg rangiert in der Tourismushochburgen-Liste auf Platz 36, hinter Eisenach und vor einer weiteren Harz-Stadt (Goslar , 37). Die Thüringer Harz-Metropole Nordhausen schafft es nur auf Rang 295.

Damit liegt die Stadt im Norden des Freistaats aber noch weit vor Sonneberg und Altenburg, die mit Platz 573 und 578 ganz weit hinten in der Liste stehen. Den allerletzten Ranking-Platz Nummer 585 belegt Pirmasens in Rheinland-Pfalz. er

Autor

Bilder