Thüringen Debatte um Landeshaushalt: Warten auf Konkretes

Eine Sitzung läuft im Thüringer Landtag. Foto: Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa/Archiv

Der Thüringer Landtag hat zum ersten Mal über den Landeshaushalt für das nächste Jahre debattiert, der ein Corona-Schicksals-Haushalt werden wird. Auch danach ist allerdings noch immer unklar, wie dieser Haushalt aussehen wird. Vor allem wegen der CDU.

 
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Immerhin kündigt Mario Voigt am Freitag an, dass er nun "konkret" werden wolle. "Endlich!", wird man sich in den Reihen von Linken, SPD und Grünen in diesem Moment im Thüringer Landtag denken, denn seit Wochen wartet Rot-Rot-Grün darauf zu erfahren, was der CDU-Fraktionsvorsitzende und seine Unionsparlamentarier denn nun genau am Entwurf der Landesregierung für den Landeshaushalt 2021 ändern wollen.

Die parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse im Landtag zwingen das Minderheiten-Bündnis dazu, die Wünsche der CDU zu berücksichtigen. Ohne die Union können die drei Koalitionspartner den Haushalt nicht beschließen. Ganz abgesehen davon, dass jeder politisch interessierte Mensch im Freistaat langsam gerne mal wüsste, wie der nächste Landeshaushalt nun aussehen soll. Immerhin wird der ein Corona-Schicksals-Haushalt sein. Mit ihm wird sich maßgeblich entscheiden, wie das Land die Menschen in Thüringen, aber auch die hiesigen Unternehmen und Kommunen in der Pandemie unterstützen will.

Am Anfang viel Erwartbares

Seit etwa zwei Stunden beraten die Abgeordneten bereits, als dann Voigt ans Mikrofon im Plenarsaal des Landtages geht. Es ist die erste Lesung der entsprechenden Gesetzesentwürfe. Bis sie wirklich Gesetzeskraft entfalten können, müssen sie noch ein weiteres Mal im Plenarsaal besprochen und dazwischen in den Fachausschüssen beraten werden.

Bis zu diesem Zeitpunkt ist diese Haushaltsdebatte das, was Haushaltsdebatten oft sind: Stoff für Politikjunkies. Auch, weil vieles so erwartbar ist. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) beispielsweise kommt bei der Einbringung des Haushaltes immer mal wieder vom eigentlichen Thema ab und redet über Weihnachtsmärkte und Karneval. "Der Weihnachtsmarkt darf nicht zu einem Ballermann-Ersatz werden", sagt er zum Beispiel und fügt hinzu, wenn es aber darum gehe, dort Thüringer Keramik zu präsentieren, dann könne er sich gut vorstellen, Weihnachtsmärkte im Freistaat auch in einer Pandemie möglich zu machen. Bald danach leugnet der AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke die Bedrohungen durch das neuartige und potenziell tödliche Coronavirus.

1,8 Milliarden neue Schulden

Zwischen diesen beiden Redner wiederholt Thüringens Finanzstaatssekretär Hartmut Schubert (SPD) die wesentlichen Kennzahlen, an denen sich die Haushaltsdebatte in den vergangenen Wochen und auch an diesem Tag entzündet: Etwa 11,4 Milliarden Euro will das Land nach den Planungen der Landesregierung 2021 aufgeben, ohne dass dabei zusätzliche Stellen für Polizisten und Lehrer geschaffen würden, weil nach Angaben Schuberts in den entsprechenden Ressorts nicht mal alle bislang zur Verfügung stehenden Stellen besetzt werden können. In diesem Jahr sollen danach zudem unter anderem wegen wegbrechender Steuereinnahmen etwa 1,8 Milliarden neue Schulden gemacht werden, ohne dass die finanzielle Rücklage des Landes zuvor völlig aufgebraucht würde. Außerdem sollen nach dem Willen der Landesregierung 300 Millionen Euro in den Investitionspakt fließen. Wochenlang hatte die Landesregierung intern erbittert über diese Zahlen und das, was dahinter steht, gerungen; in dem Wissen, dass jeder Vorschlag auch vom Wohlwollen der CDU abhängt.

CDU-Fraktionschef präsentiert Floskeln

Entsprechend groß ist also die Spannung in dem Moment, als Voigt sagt, er wolle nun konkret und an fünf Beispielen sagen, was die CDU an diesen Haushaltsplanungen verändern will, bei denen für jedes Ministerium, für jeden Einzelposten konkret benannt ist, wie viel Geld dafür ausgegeben werden soll: für das Landespersonal, für Förderprogramme für Schulen, schnelles Internet, Solaranlagen, für Polizeiautos und neue Waffen, für Straßen und Radwege… Noch verstärkt hatte Voigt diese Spannung dadurch, dass er die Erwartung geweckt hatte, die CDU werde nun mutige Vorschläge vorlegen - vielleicht dazu, wie die inzwischen ausufernden Personal- und Pensionsausgaben des Freistaats begrenzt werden könnten, die inzwischen fast ein Drittel der gesamten Haushaltssumme ausmachen, weil es im öffentlichen Dienst in den vergangenen Jahren deutliche Gehaltssteigerungen gegeben hat. "Das ist kein Haushalt des Mutes, das ist ein Haushalt der Mutlosigkeit", hatte Voigt ganz zu Beginn seiner Rede in Richtung der Landesregierung gesagt.

Und dann? Nachdem er angekündigt hat, konkret werden zu wollen, ergeht sich Voigt wieder in Floskeln und Allgemeinplätzen, die alles und nichts bedeuten. Die vieles sind, aber nichts Konkretes.

So sagt Voigt etwa, die CDU wolle, dass der Haushalt so gestaltet sei, dass damit Arbeitsplätze in Thüringen gesichert würden und dass die Kommunen auskömmlich finanziert würden, die Fraktion wolle Investitionen in eine "moderne Bildungspolitik". Wie viel Geld nach den Vorstellungen der Union aber genau an die Kommunen fließen soll, sagt Voigt ebenso wenig wie er sagt, ob es nach den Vorstellungen der CDU für diesen Haushalt mehr Stellen für Lehrer geben soll, als von der Landesregierung vorgeschlagen. Stattdessen geißelt Voigt die Pläne von Rot-Rot-Grün, Schulden aufzunehmen, ohne zuvor die Rücklage des Landes aufzubrauchen als Versuch von Linken, SPD und Grünen, sich eine "Wahlkampfrücklage" für das nächste Jahr aufzubauen.

Grüne mit konkreten Ideen

Dass sich die sogenannte erste Lesung dieser Haushaltsgesetze auch anders, nämlich in der Tat konkret gestalten lässt, das zeigt dagegen die Grüne-Fraktionsvorsitzende Astrid Rothe-Beinlich. Nicht nur, dass sie ankündigt, ihre Fraktion wolle sich für hunderte zusätzliche Lehrerstellen in Thüringen einsetzen. Auch die Besserbezahlung der Grundschullehrer und mehr Geld für freie Schulen wollten die Grünen durchsetzen, sagt sie. Sie spricht auch über die Finanzierung der Verbraucherzentralen und einer Beratungsstelle für Prostituierte.

Bei der Landesregierung freilich werden diese konkreten Angaben von Rothe-Beinlich auch nicht für mehr Jubel sorgen als die unkonkreten Aussagen von Voigt. Weil sie klar machen, dass die rot-rot-grünen Abgeordneten der von ihr getragenen Regierung längst nicht in allen Details des Haushaltsentwurfs folgen werden.

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