Suhl Corona-Azubi-Prämie verfehlt die Wirkung

Die Azubi-Prämie des Bundes sollte eine Corona- Delle in der Ausbildung verhindern. Doch in den Firmen hält man wenig vom Zuschuss.

 
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Suhl - Die Ankündigung von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil klang vollmundig. Es solle verhindert werden, dass es einen "Corona-Jahrgang" am Ausbildungsmarkt gibt, sagte der SPD-Politiker, als er Ende Juli die neue Ausbildungsprämie präsentierte. 500 Millionen Euro hat die Bundesregierung im Rahmen des Corona-Konjunkturprogramms eingeplant für Zuschüsse an kleine und mittlere Firmen, die trotz Krise die Zahl ihrer Lehrstellen halten oder gar steigern. "Das Signal an die kleinen und mittelständischen Unternehmen ist: Bildet aus - trotz Corona!", so der Appell.

2000 Euro Halteprämie für jeden wieder neu besetzten Ausbildungsplatz, 3000 Euro für jeden zusätzlichen oder jede Übernahme eines Azubis von einem pleite gegangenen Betrieb: "Wir unterstützen euch", so lautet das Heil-Versprechen.

In der Praxis kommt die Sonderhilfe jedoch nicht an. Zwar habe es zu Beginn des Ausbildungsjahres zahlreiche Anfragen an die Ausbildungsberater gegeben, sagte eine Sprecherin der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen am Montag auf Anfrage. Lediglich 16 Südthüringer Firmen hätten aber konkrete Unterlagen angefordert. Wie viele Anträge es insgesamt gibt, könne man erst im September sagen, erklärte eine Sprecherin der Suhler Arbeitsagentur, die das für Betriebe unter 250 Mitarbeitern gedachte Programm in der Region organisiert.

Den Grund für die mäßige Resonanz: Um die Prämie zu erhalten, muss der Betrieb erheblich von der Corona-Krise betroffen sein. "Erheblich" heißt hier: Entweder mindestens 60 Prozent Umsatzrückgang im April und Mai durch die Corona-Krise oder einen Monat Kurzarbeit für alle Beschäftigten. Das Problem: Wer derart krass von der Krise betroffen ist, der ist meistens froh, wenn er wenigstens die jetzige Belegschaft halten kann.

"Das ist Irreführung"

"Bei so einem Umsatzrückgang könnten wir bestimmt keinen Lehrling einstellen", sagt Karla Storandt, Chefin einer Autolackiererei in Schmalkalden. Sie hätte die Azubi-Prämie gerne genutzt - schließlich bildet sie dieses Jahr sogar zwei Azubis aus, nachdem die Lehrstellen Jahre lang unbesetzt geblieben waren. "Wir haben versucht, unsere Firma trotz der Corona-Krise am Leben zu erhalten und unsere Angestellten weiter zu beschäftigen", sagt sie. Dass sie deshalb auch keine Kurzarbeit beantragt hat, dafür werde sie nun bestraft, indem man ihr die Azubi-Prämie verwehre. Besonders sauer stößt der Unternehmerin auf, dass die einschlägigen Info-Seiten der Arbeitsagenturen, des Ministeriums und der Kammern keine ausdrücklichen Hinweise auf die strengen Kriterien enthalten. "Toll, kann ich nur sagen, wirklich toll", sagt Karla Storandt und spricht von "Irreführung".

Kritische Stimmen, wonach das Prämienprogramm wenig praxistauglich ist, waren zuletzt bundesweit laut geworden, die Antragszahlen sind überall niedrig. Dennoch ist einer Änderung der Kriterien nicht in Sicht. Wenigstens die Info-Seite hat die Bundesagentur für Arbeit inzwischen mit einen deutlichen Hinweis auf die Zuschuss-Bedingungen ergänzt. Und auch die IHK Südthüringen versprach auf Nachfrage, man werde die Webseite überarbeiten und die "Fördervoraussetzungen deutlicher darstellen".

Nach jüngsten bundesweiten Zahlen der Arbeitsagentur ist sowohl die Zahl der Bewerber als auch die Zahl der Stellen um acht bis zehn Prozent rückläufig. Der Vermittlungsprozess hänge sechs bis acht Wochen hinter dem Vorjahr zurück. er

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