Thüringen Aus nach 25 Jahren: Tschüss und danke, Solidarpakt !

Geldscheine liegen auf einem Tisch. Foto: Jens Büttner/Archivbild

Egal, ob für Privatleute oder den Staat: Es ist nie gut, wenn eine Einnahmequelle versiegt - wie nun der Solidarpakt-II für den Freistaat. Doch die Ost-Länder sind vorbereitet, auch Thüringen.

 
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Erfurt/Berlin - Es lässt sich nicht abschließend sagen, in welche Projekte die vielen Milliarden Euro geflossen sind, die über den n Solidarpakt-II in den Osten Deutschlands geflossen sind. Doch die Gleise, über die die ICE inzwischen mit bis zu 300 Stundenkilometern von Halle/Leipzig über Erfurt nach Nürnberg fahren, gehören zweifellos dazu. Denn der Neubau der Hochgeschwindigkeitsstrecke durch den Thüringer Wald ist eines jener Vorhaben, das genau den Zielvorstellungen des Solidarpakts entspricht. Mit diesem Pakt sollten die Ostländer immerhin Geld erhalten, um "teilungsbedingte Infrastrukturlücken zu den westdeutschen Ländern" zu schließen, wie man es im Thüringer Finanzministerium formuliert. Und genau das ist ja mit dieser Bahntrasse geschehen.

Solidarpakt und Soli

Soli und Solidarpakt werden oft verwechselt, sind aber ganz unterschiedliche Dinge.

Der Solidaritätszuschlag (Soli) ist ein Aufschlag von 5,5 Prozent auf die Einkommensteuer, den Steuerpflichtige in Ost wie West seit vielen Jahren in gleicher Höhe zahlen. Der Soli soll ab 2021 für Normalverdiener wegfallen. Dagegen war der Solidarpakt eine Vereinbarung zwischen Bund und Ländern über die Verteilung von Steuereinnahmen; hierbei floss letztlich Geld aus Staatskassen im Westen zu Staatskassen im Osten. er

Es lässt sich gleichwohl nicht ganz genau sagen, wohin die Gelder aus dem Solidarpakt-II geflossen sind. Ein großer Teil der Mittel ist den neuen Ländern ohne eine spezifische Zweckbindung gewährt worden. Nur das große Ziel der Finanzhilfe war vorgegeben,und die Länder mussten jährlich die ordnungsgemäße Verwendung des Geldes nachweisen.

Solidarpakt-Geld steckt in ganz unterschiedlichen Vorhaben, ohne dass sich präzise herunterrechnen ließe, wie viel, da meist mehrere Finanzquellen herangezogen wurden.

Das Ende kam mit Ansage

Neben der ICE-Trasse hat Thüringen laut Finanzministerium solche Gelder zum Beispiel in den Neubau des Jugendgefängnisses bei Arnstadt, des Gefahrenabwehrzentrums an der A 71 bei Zella-Mehlis, die Errichtung des Kindermedienzentrums in Erfurt, aber auch den Neubau des Universitätsklinikums in Jena und des Zentrum für Mikro- und Nanotechnologie in Ilmenau investiert. Auch in der Sanierung des Theaters Meiningen und des Schwimmbades in Hildburghausen stecken die Gelder, ebenso wie in den Ortsumgehungen von Niederschmalkalden, Schleusingen und Oechsen/Rhön.

Was sich dagegen genau sagen lässt: Seit 1. Januar 2020 ist Schluss mit diesen Sonderzahlungen an die ostdeutschen Bundesländer. Dann läuft der Solidarpakt-II aus, der im Jahr 2005 seinen Vorgänger - den Solidarpakt-I - ersetzt hatte. Schon mit ihm sollte der schlechter entwickelte Infrastruktur im Osten nachgeholfen werden. Vor dem Solidarpakt-I hatte der Fonds "Deutsche Einheit" von 1990 bis 1994 dieses Ziel verfolgt, das unter dem Schlagwort "Aufbau Ost" zusammengefasst wird.

Die Summen, die über den Solidarpakt-II in den Osten geflossen sind, sind durchaus gewaltig - selbst dann noch, wenn man die lange Laufzeit berücksichtigt. Nach Angaben des Thüringer Finanzministeriums hat der Solidarpakt-II eine Gesamtförderung der ostdeutschen Länder von 156,5 Milliarden Euro zwischen 2005 und 2019 umfasst.

Insgesamt rund 25 Milliarden Euro davon seien nach Thüringen geflossen. 2019 erhielt Thüringen letztmalig 400 Millionen Euro aus dem Pakt. Zur Einordnung: Der Thüringer Landeshaushalt für 2020 hat ein Volumen von etwa elf Milliarden Euro.

Wenn diese Einnahmequelle nun versiegt, hat das trotz dieser hohen Zahlen zunächst keine gravierenden Folgen. Die Länder und der Bund haben langfristig geplant und - wenn auch mit etwas Konjunktur-Glück - ihre Pläne eingehalten. Ohnehin waren die Summen, die aus dem Solidarpakt-II ins Land geflossen sind, zuletzt immer niedriger und niedriger geworden. Auch sind die Steuereinnahmen seit Jahren wegen der guten Konjunktur so gut, dass sich das Auslaufen dieser Hilfen damit teilweise kompensieren lässt. Drittes sind bereits 2016 und 2017 die Eckpunkte für neue Bund-Länder-Finanzbeziehungen beschlossen worden, sodass in Zukunft alle strukturschwachen Regionen - egal ob in Ost oder West gelegen - vergleichbare Fördermittel erhalten sollen.

"Das Auslaufen des Solidarpakts hat zunächst keine direkten Auswirkungen auf die Wirtschaftsförderung", sagt auch Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD). Längst habe man neue Instrumente zur Firmen-Subvention "erfolgreich etabliert", etwa Fonds wie "Thüringen Dynamik" oder "Thüringen Invest".

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