Heilbronn Gelbe Damen gegen Einsamkeit

Susanne Müller
Älteren Frauen bleiben viele Erinnerungen - im Heute sind sie häufig einsam, besonders in den Städten. Die "Gelben Damen" geben ehrenamtlich Zuwendung. Quelle: Unbekannt

Immer mehr alte Menschen sind alleine. Der Frauen-Serviceclub Zonta in Heilbronn setzt dem gemeinsam mit der Diakonie ein Besuchs-Projekt entgegen: Die "Gelben Damen".

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Am Anfang stand eine Beobachtung, berichtet die Ärztin Christa Krötz: "In unserer immer älter werdenden Gesellschaft fällt der Zusammenhalt weg. Vor allem alte Frauen sind einsam." Die rund 40 Zonta-Mitglieder in Heilbronn wollten dem etwas entgegensetzen. Zusammen mit den Diakonischen Werk Heilbronn, mit dem sie bereits bei anderen Projekten kooperiert hatten, entwickelten sie die "Gelben Damen". Ideengeberin war Zonta-Mitglied Helga Drautz. Der geschützte Begriff "Gelbe Damen" steht für eine neue Umsetzung der Ziele dieser global agierenden Organisation, dafür "als Frauen für Frauen" weltweit einzustehen.

Zonta-Frauen

Die Zonta-Frauen Heilbronn wurden vor 20 Jahren gegründet. Alle Mitglieder sind Frauen in Führungspositionen. Sie stehen ein für "Frauenrechte als Menschenrechte", dafür, dass Frauen weltweit keine Angst vor Gewalt haben sollen und dass sie ihr volles Potenzial an Begabungen ausschöpfen können.

Weltweit hat Zonta derzeit rund 35 000 Mitglieder in circa 1 400 Clubs. Gegründet wurde die Vereinigung 1919 in Buffalo im Staat New York in den USA. Gelb ist die Farbe der Organisation.

Zonta-Clubs in unserer Region:

K Bad Kissingen/Schweinfurt ,

Treff jeden 2. Dienstag im Hotel Ross, Schweinfurt. www.zonta-kg-sw.de

K Erfurt , Treff jeden 1. Donnerstagabend im Café Nüßlein

www.zontaclub-erfurt.de

"Wir unterstützen Ehrenamtliche, die bereit sind, alten Frauen Zuwendung zu geben, sich um sie zu kümmern", erläutert Zonta-Mitglied Christa Krötz, die von Anfang an dabei war. Fortbildungen und Treffen der Ehrenamtlichen werden von den Zonta-Frauen finanziert. Sie sammeln das Geld dafür unter anderem beim "Markt der schönen Dinge", den der Service-Club alle zwei Jahre organisiert.

Extrem hilfreich seien die "Gelben Damen" beispielsweise, wenn Seniorinnen zum Arzt müssen. "Arztbesuche sind effektiver, wenn jemand die Patientin begleitet. Das stärkt ihr den Rücken und verschafft die Chance, Dinge erklärt zu bekommen, die die Patientin in ihrer Aufregung gar nicht fragen würde", weiß die Medizinerin. Das funktioniere nur mit Vertrauen.

Brunhilde Marx, die auf diakonischer Seite seit Beginn am Projekt beteiligt ist, berichtet, dass die Seniorinnen den "Gelben Damen" - nach einer gewissen Anlaufzeit - oft mehr vertrauen als den eigenen Kindern. "Möglicherweise, weil sie ihnen im Alter näher stehen", vermutet Marx.

Gestartet ist das Projekt Ende 2010. Die Diakonie hatte damals ein Projekt für "Begleitetes Wohnen" in einem Block mit rund 120 Senioren-Singlewohnungen. Vor allem Spätaussiedler lebten dort. Das Angebot stand vor dem Aus, weil die Seniorinnen monatlich 45 Euro zur Finanzierung hätten beitragen müssen. Das konnten sich viele nicht leisten. "Der Bedarf an Begleitung und Besuchsdiensten ist aber sehr groß", weiß Marx. "Einsamkeit steht an vorderster Front."

Da war die Projektidee der Zontas ein Segen. Nach einer ersten Informationsveranstaltung ließen sich 22 Ehrenamtliche ausbilden und für ihren Dienst verpflichten. Sie unterliegen beispielsweise der Schweigepflicht. Die "Gelben Damen" treffen sich mit den Seniorinnen einzeln oder auch bei gemeinsamen Veranstaltungen. Sie organisieren auch russischsprachige Gottesdienste und sie informieren "ihre Seniorinnen" gegebenenfalls darüber, wo sie welche Hilfe von sozialen Diensten bekommen können.

Marx ist froh, dass es die "Gelben Damen" gibt. "Alte Menschen brauchen im Alltag viele Hilfen - die aber im derzeitigen System einfach nicht finanzierbar sind", sagt sie. "Es wäre dringend nötig, Alltagshilfen anbieten zu können unterhalb einer gesetzlichen Betreuung." Probleme, die gelöst werden müssen, reichen von finanziellen Dingen bis zum rechtzeitige Erkennen von Medikamentenabhängigkeit.

Diakon Rolf-Dieter Walz bestätigt den Bedarf. Fast alle der Seniorinnen, die von den "Gelben Damen" besucht werden, brauchen auch Haushaltshilfe. "Das ist aber nicht die Aufgabe einer 'Gelben Dame', ebenso wenig wie Finanzen verwalten oder Fahrdienste übernehmen. Die 'Damen' sind ein reiner Besuchsdienst", unterstreicht Walz. Sie kümmern sich individuell um eine Seniorin, decken den Kontakt- und Redebedarf und motivieren dazu, unter Menschen zu gehen. Sie helfen den älteren Damen aktiv, Netzwerke in der Nachbarschaft zu knüpfen und wieder neue Ansprechpartner oder Freundinnen zu finden. Wenn es gewünscht wird, vermitteln die "Gelben Damen" aber auch weitere professionelle Unterstützung.

"Natürlich gibt es unausgesprochene Erwartungen. Aber da müssen wir der Überforderung vorbeugen", sagt Walz. Er versuche, als Einsatzleitung solche Wünsche "zu kanalisieren".

Für die Zukunft gelte es, neue, jüngere Ehrenamtliche zu gewinnen. "Die erste Helferinnengeneration wird selbst älter", weiß Walz. Er weiß jedoch auch, das jüngere, noch berufstätige Frauen nur an Wochenenden solche Ehrenamts-Einsätze machen können.

Bilder