Suhl - Ein kleiner Goethe schlummert in fast jedem, manchmal ist es auch ein Rilke oder eben eine Rosamunde Pilcher. Manchmal werden die Dichter sogar wach, aber was dann? Die Zahl der Literatencafes in Suhl ist überschaubar, die Zahl der Verlage für Romane und Lyrik auch. Eine Insel im Meer der künstlerischen Wallung ist dann der Südthüringer Literaturverein, der einmal im Quartal zum Literatursalon einlädt.

Schreibende und Literaturfreunde haben dabei Gelegenheit, neu entstandene Texte vorzustellen oder zu hören, und mit Schriftstellern aus der Region ins Gespräch zu kommen. "Autoren, die ihre Texte erstmals in der Öffentlichkeit vorstellen und Anregungen zur weiteren Arbeit erhalten möchten, sind eben so willkommen wie jene, die schon länger schriftstellerisch tätig sind. Ihnen stehen anerkannte regionale Autoren als Gesprächspartner zur Verfügung", erklärt der Vereinsvorsitzende Holger Uske. Debatten zur Literatur und damit in Zusammenhang stehender Probleme ergäben sich dabei meist von selbst, sodass auch "nur" zuhörende Gäste auf ihre Kosten kämen, versichert der Vereinsvorsitzende. Dieses Angebot sollte man sich nicht entgehen lassen, wie ein Besuch beim letzten Literatursalon 2013 beweist.

Ein etablierter Dichter der Region ist der Physiker Harald Lindig, der eines seiner neuen Gedichte vorstellt. "Der kleine Herr Sommer" ist der Titel. "Dieses Jahr ist es in, nackt in Brennnesseln zu springen", heißt es da, "im Schein entfernter Kernfusionen vor sich hinzuhutzeln". Zwei Mal muss er sein Werk vortragen. "Ring frei für Meinungen!", durchbricht Holger Uske das anschließende Schweigen. "Es muss sich erst setzen", dämpft Bernd Friedrich. Der ehemalige Berufsschullehrer ist regelmäßiger Gast der Treffen. Doch dann stürmt es los. "Das grüne Ungeheuer konnte ich nicht zuordnen", grummelt Uske. "Mit den schmatzenden Kürbissen komme ich nicht klar", meint Friedrich. "Das ist aber eigentlich schön", entgegnet Uske. Lindig räumt ein: "Ja, da wird was überarbeitet. Da ist ein Fehler in der Homogenität." Uske versucht es erneut: "Ich komme nicht mit dem grünen Ungeheuer klar..." Ansonsten sei das Gedicht aber "ein echter Lindig, der gleich reingeht". Finale vom Vereinsvorsitzenden: "Man kann es nicht genau nachvollziehen, aber das macht es für mich aus. Das Weinen macht es zwangsneurotisch, da musst du nochmal in die Kiste greifen."

Fußballspiel mit Gedanken

Wer sich bei dem Dialog an die Beschreibung eines Fußballspiels erinnert, der liegt richtig. Die gedanklichen Bälle fliegen durch den Raum und für den Zuhörer ist es mindestens genauso spannend wie für den Lyriker, der sich der Kritik seiner Kollegen stellt. Die Atmosphäre ist locker und aufgeschlossen. Schwellenangst muss niemand haben, dafür sorgt schon der "Salon", der ansonsten das Vereinszimmer der Suhler Gaststätte "Weiberwirtschaft" ist.

Hart ins Gericht gehen die Schriftsteller nur mit den etablierten Kollegen. Wer sich neu vorstellt, darf mit wohlwollender Hilfestellung rechnen. Die 16-jährige Maria Sophie Walther aus Steinbach-Hallenberg hat Mut bewiesen und eine Fantasy-Geschichte mitgebracht. Mit 14 Jahren hat sie die ersten Kurzgeschichten geschrieben und auch schon eine Veröffentlichung erzielt.

In Suhl erzählt sie von Werwölfen und einer dahinter verborgenen Liebesgeschichte. Ursula Schütt aus Dietzhausen ist noch nicht begeistert, aber Reiner Jesse, ein ehemaliger Mediziner springt der Nachwuchs-Autorin zur Seite: "Es ist in jedem Fall besser als das Geschreibe von den alten Weibern!" Gelächter. Es gibt ein paar Tipps, dass man mit Adjektiven sparsamer umgeht, und Zuspruch weiterzumachen. Mit dem Genre und der jugendlichen Zielgruppe "kann sie sogar Erfolg haben", meint die stellvertretende Vereinsvorsitzende Heidi Büttner. Wenn das keinen Mut macht!

Am Freitag findet die erste Ausgabe des Literatursalons 2014 statt. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr im Vereinszimmer der "Suhler Weiberwirtschaft" in der Suhler Bahnhofstraße 1.

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www.literaturverein-suedthueringen.de