Suhl - Der Provinzschrei, er ist verklungen. Die sympathische Begegnung mit "Marlene"-Darstellerin Katja Flint gestern Abend im Suhler Cineplex und der anschließende Film über Deutschlands berühmteste Diva setzten den Schlussakkord unter den diesjährigen 9. Kunst- und Literatursommer.

Ein stimmungsvoller, traditioneller Ausklang des Festes, das alljährlich mit einem Filmstar, seiner, so vorhanden, in Buch gefassten Biografie und einem passenden Streifen endet. Waren es in den früheren Jahren beispielsweise Winfried Glatzeder und der DEFA-Kultstreifen "Die Legende von Paul und Paula" oder im vorigen Jahr Marianne Sägebrecht und "Out of Rosenheim", kam diesmal Katja Flint, die zwar kein Buch vorzuweisen hat, was kein Manko ist, indes in einem Interview mit Michael Kraus eine gute Figur machte.

Suhler Talente eingebunden

Weder kühl noch exaltiert reagierte sie, berichtete über ihre Ansprüche an sich selbst und gab auch das eine oder andere Private von Katja Flint preis. Es ist schon so, wer zu einem Festival fernab der kunst- und medialen Schnittpunkte dieses Landes reist, dem kann man getrost eine gewisse Bodenständigkeit unterstellen.

Natürlich konnten die Provinzschrei-Macher Claudia und Hendrik Neukirchner wieder bekannte Namen nach Suhl locken - Satiriker Wiglaf Droste, Fernsehjournalist Ulrich Tilgner, die Schriftsteller Hellmuth Karasek und Christoph Dieckmann, den Schauspieler und Kabarettisten Uwe Steimle oder die bunte Truppe von "Jazz - Lyrik - Prosa" - doch nicht zuletzt machen es die Mischung und das Konzept, für das ein solches Festival in einer kleinen Stadt steht. Dazu gehört auch das liebevolle Einbinden künstlerischer Potenzen, die Suhl selbst innewohnen.

Da wäre zuerst das fabelhafte Kinderballett des "Kulturvereins Alte Schule" unter der Leitung der kreativen Chefin Irma-Grit Graßmann zu nennen. Das verzauberte die Bühne im Großen Saal des Kulturhauses mit einer originell choreografierten eigenen Tanzgeschichte "Entdeckt bei Dornröschen", das in ähnlicher Form schon 2008 beim Sommerfest des Vereins zu sehen war. Was hier von Frau Graßmann mit den Kindern aufgebaut wurde, verdient Respekt.

Und da wären die Talente der Musikschule zu nennen. Sie sorgten da wie dort für den passenden Ton. Zur Ausstellungseröffnung in der Sparkasse spielte das Zister-Ensemble unter der Leitung von Kerstin Mucha. Die Zister oder auch Thüringer Waldzither genannt ist erst in den letzten Jahren als Instrument wiederentdeckt worden. Die Musikschule hat Instrumente, man kann das Spiel dort lernen. Einige tun das offenbar mit großer Begeisterung, wie man hören konnte. Und zur Vorstellung der Preisträger des diesjährigen Literaturwettbewerbes sorgte der siebenjährige Jeremy Henry Angelstein mit seinem herzerfrischenden Klavierspiel für ein musikalisches Achtungszeichen.

Sicher: Die Erwartung der Besucher ist im Laufe der Provinzschrei-Jahre nicht geringer geworden, das legt den beiden jungen Organisatoren stets eine gewisse Bürde auf - schließlich schielt das Publikum verständlicherweise danach, welches bekannte Gesicht im Programm zu finden ist. Aber ihrem Konzept mit dem Schwerpunkt Literatur sind die Neukirchners konstant treu geblieben. Sie haben es seit den letzten zwei Jahren sogar wieder stärker auf Kurs gebracht, und das honoriert das Publikum.

Erstklassige Autoren

Man schätzt hier Autoren, die etwas zu sagen haben. Egal, ob sie es mit gesellschaftspolitischen Themen tun, wie diesmal Tilgner und Dieckmann, oder auf sprachlich und geistig hohem Niveau wie Droste oder Karasek.

So waren am Ende wieder 1300 Besucher auf Provinzschau-Spuren unterwegs. Manche an allen drei Tagen. Neukirchners, sie sind "zufrieden, aber auch kaputt wie noch nie." Bis nächstes Jahr werden sie garantiert wieder fit, denn dann geht's ins Jubiläumsfest. Und wie man die beiden kennt, denken sie jetzt schon voraus.