Suhl - Seit der Suhler Autor Lothar Günther 2005 sein Buch "Als die Amis kamen ... auf den Spuren der 11. US-Panzerdivision zwischen Rhön und Rennsteig 1945" veröffentlichte, hat er in vier Auflagen eine Vielzahl interessierter Leser gefunden. "Die Reaktionen waren sehr groß. Es gab Zuschriften und Anrufe von Zeitzeugen, die - angeregt durch das Buch - über ihre Erinnerungen an diese schlimme Zeit mit mir sprechen wollten. Das zeigt, dass nach mehr als sechs vergangenen Jahrzehnten die Erinnerungen der Zeitzeugen an die geschilderten Ereignisse der Befreiung vom Faschismus noch sehr wach sind", sagt Günther. Diesen Zeitzeugen verdanke er viele ihm bislang unbekannte und wertvolle Einblicke. Diese sowie die Ergebnisse seiner weiterführenden Recherchen ergaben den Stoff für das vor wenigen Tagen im Wehry-Verlag Untermaßfeld erschienene Buch "Die amerikanische Episode 1945 ... Das XII. US-Korps befreit Südwest-Thüringen".

Erweitertes Gebiet

Lothar Günther, der als Kind selbst den Krieg und das Kriegsende erlebte, ergänzt mit diesem Buch das bereits von ihm aufgearbeitete Vorgehen der 11. US-Panzerdivision um die ausführliche Beschreibung der Aktionen der flankierend kämpfenden und im XII. Korps vereinten drei US-Infanteriedivisionen. Dabei dehnte er das Betrachtungsgebiet über den bisher von ihm gesetzten regionalen Rahmen um Suhl aus, sodass auch jene Teile Südwest-Thüringens einbezogen wurden, die Kampfverbände der 11. US-Panzerdivision nicht passierten.

Ausführlich legt er beispielsweise im Gebiet des jetzigen Landkreises Hildburghausen Kampfhandlungen in Schleusingen, Oberrod, Waldau und Ratscher, aber auch im Schleusegrund bis hin nach Eisfeld und nach Franken hinein dar. Auch Ereignisse im Grabfeld sowie in und um die Kreisstadt Hildburghausen finden Beachtung. Das Ortsverzeichnis enthält mehr als 300 Orte.

Die beschriebenen Kampfhandlungen wurden nach Tagen aufgeschlüsselt und reichen vom 1. bis zum 13. April des Jahres 1945. Äußerst akribisch und sehr detailreich beschreibt Günther mit genauen Ortsbeschreibungen die amerikanische Episode der etwa 90 Tage andauernden und Ende Juni 1945 zu Ende gegangenen Besetzung der Region. "Ich habe diese Einzelepisoden absichtlich so ausführlich geschildert, um diese den Zeitzeugen und Bewohnern eines Ortes für ihre eigene Reflexion nicht vorzuenthalten", sagt der Autor. Gerade aus diesen genauen Recherchen und Darlegungen bezieht das Buch seine Objektivität und hohe Authentizität.

Leider, so Lothar Günther, gebe es nur sehr wenige Fotografien aus diesen Tagen. Dennoch hat er einige bemerkenswerte und bislang unveröffentlichte Aufnahmen zusammengetragen und veröffentlicht. Darunter sind auch Bilder von der Besetzung Schleusingens, vom Überschreiten der Schleuse bei Waldau am 9. April 1945, Aufnahmen von einer MG-Stellung am Bahnhof Eisfeld, von der Brücke in Ebenhards vor deren Sprengung und Bilder von einem am Stadtberg Hildburghausen abgeschossenen Sherman-Panzer.

Rückzug nach 90 Tagen

Nicht alle Aufnahmen sind von guter Qualität. "Aber ich wollte sie wegen ihrer Aussagekraft den Lesern trotzdem nicht vorenthalten", so Günther. Geschuldet seien die geringe Zahl und schwankende Qualität der Fotos dem Umstand, dass die Amerikaner die Abgabe sämtlicher Fotoapparate verlangten und denjenigen, die beim Fotografieren erwischt wurden, empfindliche Sanktionen drohten.

Geschildert werden auch die Zugriffe der US-Truppen auf die geistigen und materiellen Ressourcen der aufzugebenden Gebiete während der kurzen Besatzungszeit und die daraus resultierenden Folgen für den Wiederaufbau in Ostdeutschland. Mit Bezug auf die von den Alliierten getroffenen Vereinbarungen weist Günther nach, warum sich die amerikanische Besatzungsmacht nach etwa 90 Tagen aus einem Teil der von ihr eroberten Gebiete zurückzog.

Aussagen von Militärs

Darüber hinaus geht er ausführlich auf die im Angesicht des Siegs erfolgte Zuspitzung des Verhältnisses der Westalliierten zur Sowjetunion ein. In erhellenden Aussagen und Aktionen führender Vertreter der beteiligten Mächte weist er nach, dass die letzten Hoffnungen der Nazi-Führung, die Westmächte würden sich mit deutscher Beteiligung gegen die Streitkräfte der UdSSR wenden, nicht ohne Grund gehegt wurden.

Im Vergleich der militärischen Potenziale, Erfolge und Opferzahlen werden die Anteile der alliierten Mächte an der Niederwerfung der Wehrmacht ins rechte Licht gerückt und der amerikanischen Überbewertung der eigenen Rolle entgegengehalten. Anhand von Aussagen seriöser Militärs der USA wird beleuchtet, in welchem Maß aus militärischer Sicht die Bombenzerstörung der kriegswichtigen deutschen Industrie im Vergleich zur späten amerikanischen Invasion der Landstreitkräfte zur deutschen Niederlage beigetragen haben.

Wunsch des Autors

Das neue Buch stellt einen weiteren bemerkenswerten Beitrag Lothar Günthers zur Geschichte Thüringens dar. "Mögen sich nach dem Lesen des Buches nicht nur die Zeitzeugen in ihren Erinnerungen bestätigt finden, sondern insbesondere die jüngeren Generationen aus den Darlegungen und Bewertungen lernen und Schlussfolgerungen ziehen", so der Wunsch des Autors, der sich wie bei seinem ersten Buch auf umfangreiche Internet-Recherchen in den USA, aber auch in Archiven der Region und im Bundesarchiv Freiburg stützte und der die ihm zugeflossenen Hinweise von Zeitzeugen verarbeitet hat.

Lothar Günther: "Die amerikanische Episode 1945 ... Das XII. US-Korps befreit Südwest-Thüringen", 268 Seiten mit 125 Abbildungen, 19,90 Euro im Buchhandel.