Mit der Fähre geht es hinüber nach Helsinki, dann über die Wintersportstadt (und Suhls Partnergemeinde) Lahti an die finnische Westküste. Gen Norden weiter über "wunderschöne Strecken" teils durch Schweden bis ans Nordkap.
Welcher Abschnitt der schwierigste war? Das kann Fritz gar nicht so genau sagen. "Wirklich nervig war jedenfalls der Tunnel auf den letzten Kilometern zum Nordkap. Der führte zwar 230 Meter unter dem Meer hindurch, war aber laut und stickig", sagt er. Viele und viel zu schnelle Autos und Busse pfiffen an den Radfahrern vorbei. Danach ein Sturm, der an Kraft und Nerven zehrte: "Sogar Motorräder hat der von der Straße geweht!"
Innerer Schweinehund
Aufzugeben, das stand nie zur Debatte. Dabei ist der 28-Jährige keiner von denen, die krampfhaft und verbohrt einem Ziel nacheifern, die Welt um sich herum vergessen und als Helden sterben wollen. "Notfalls hätte ich einfach den nächsten Zug oder einen Bus genommen", gibt er sich pragmatisch. "Du weißt nie, wie es dir körperlich geht und ob das Fahrrad auch durchhält. Am schlimmsten aber ist der innere Schweinehund. Und der wird bei so einer Tour nicht kleiner."
In Schweden ist er mit seinem Begleiter einem falschen Rat aufgesessen. "Ein Typ hat uns eine Strecke empfohlen, die sich schließlich als Autobahn herausstellte", erinnert er sich an einen Tiefschlag. Ja, was ein Motivationsloch ist, das weiß er. Was dann geholfen habe, seien vor allem lange Telefonate mit seiner Freundin gewesen. Einsam habe er sich auch sonst nie gefühlt. "Beim Radfahren lernst du so viele Leute kennen, erfährst so interessante und tolle Geschichten, das ist einfach unglaublich."
Interessante Weggefährten
Zum Beispiel ist da die junge Frau, mit der Fritz einige Tage lang den Weg teilte: "Sie kam aus Paris und ist bis Tallin mit dem Rad gefahren. Jetzt ist sie schon in Peking. Über Sankt Petersburg fuhr sie mit der Bahn weiter nach Moskau, nahm dort die Transsibirische Eisenbahn bis in die chinesische Hauptstadt. Mit Bus und Fähre geht es für sie weiter nach Bali. Von dort will sie mit einem Schiff nach Australien und schließlich mit dem Flugzeug weiter nach Südafrika. Als ob das noch nicht genug wäre: Von Südafrika fliegt sie dann nach Patagonien, um fast vom Kap Horn aus mit dem Motorrad hinauf bis nach Montreal in Kanada zu fahren - Wahnsinn. Und das mit gerade mal 24 Jahren."
Aber noch mehr beeindruckte ihn ein älterer Herr, den er an der Donau kennenlernte: "Er kam aus Amerika und war stolze 81 Jahre alt. Gereist ist er mit einem Koffer, in dem er abends sein Klapprad verstaute und den er tagsüber als Anhänger hinterm Fahrrad hatte." Die Tour des Seniors ging entlang der Donau, mit Budapest als Ziel. "Es imponierte mir, dass man das auch in so einem Alter noch machen kann."
In diesen Tagen ist Fritz noch immer unterwegs. Gerade radelt er durch Baden-Württemberg, entlang am Rhein, durch Frankreich zurück in seine Schweizer Wahlheimat.
30 Pfund Gewicht hat er in den zurückliegenden Wochen verloren. Was bleibt am Ende von so einer Tour, nach der er weit mehr als 8000 Kilometer Europa in den Beinen und neue Erfahrungen im Kopf hat? - "Es hat riesigen Spaß gemacht. Alles. Land und Leute. Und das Experiment dick-dünn war ein schöner Nebeneffekt. Ich habe regelrecht zusehen können, wie die Pfunde gepurzelt sind."