Sonneberg/Neuhaus Voigt unterstellt, Eskalation war gewollt

Auch im Nachgang des Auftritts von Frank Kuschel zur Montagsdemo wird kräftig geholzt. Der Stadtchef rügt gezielte Provokationen des Linke-Politikers und mutmaßt über Stasi-Methoden.

 
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Sonneberg - In welch harscher Form sich die Redner aus den unterschiedlichen politischen Lagern pelzten zur fünften Montagsdemo, das ist seither Stadtgespräch. Sonnebergs Bürgermeister Heiko Voigt verwahrt sich in diesem Zusammenhang nun gegen Darstellungen - "von Frank Kuschel selbst sowie von Vertretern der Linkspartei" - er habe den kommunalpolitischen Sprecher der Ministerpräsidenten-Partei eingeladen, nur um ihn öffentlich vorzuführen: "Im Nachgang der Kundgebung wirft man den Organisatoren und damit in erster Linie mir persönlich vor, das Podium einer sachlichen Auseinandersetzung bewusst verlassen zu haben und die Montagsdemonstration allein dafür zu nutzen, Rot-Rot-Grün politisch zu schaden."

Diese Vorwürfe weist er zurück. "Wer mich kennt, der weiß, dass ich - allein schon aufgrund meines Werdegangs aus der Verwaltung heraus - immer der Sache wegen streite und hierbei ohne Ansehen der Person und etwaiger Parteizugehörigkeit agiere - zumal ich selbst parteiloser Bürgermeister bin. Sachargumente sind grundsätzlich die Leitlinien meines Handelns an der Spitze unserer Kreisstadt Sonneberg."

Man wehre sich aber sehr wohl basisdemokratisch und friedlich gegen den drohenden Verlust an Selbstbestimmung und Bedeutung sowie gegen die vielfältigen negativen Folgeeffekte, für den Fall, Sonneberg sollte nicht mehr Kreisstadt sein, führt Voigt gegenüber Freies Wort aus.

Auch merkt der Rathauschef noch an, lange vor den Kundgebungen habe es Gespräche mit Ministerpräsident Bodo Ramelow und anderen Vertretern von Rot-Rot-Grün gegeben, die er als durchaus konstruktiv in Erinnerung behalten habe. "Da unsere Gespräche jedoch letztendlich keinerlei Erfolg gezeigt haben, war es Zeit, der Bevölkerung eine Möglichkeit zum Protest einzuräumen. Viele Menschen waren zuvor auf mich zugekommen, gemeinsam waren wir der Meinung, jetzt ein Zeichen zu setzen."

Kuschel, der als wichtiger Fürsprecher und Architekt der Gebietsreform im Freistaat gilt, die Möglichkeit zu geben die Pläne zu erläutern, ihm gleichzeitig auch aufzuzeigen , dass viele Einheimische von diesen Plänen alles andere als begeistert sind, habe ihn zu der Bitte um einen Redebeitrag am 19. Juni bewogen.

Die fünfte Montagsdemonstration habe sich dann als hoch emotional erwiesen. Aber es kam zu keinerlei Gewalt, betont Voigt. "Unsere Moderatorin Doris Motschmann hat mit Kräften versucht, die Emotionen zu dämpfen und einen sachlichen Dialog zu ermöglichen."

Anders wertet der Stadtchef das Verhalten des Linke-Landtagsabgeordneten: "Nicht nur nach meiner Wahrnehmung hat Frank Kuschel selbst diese Entwicklung heraufbeschworen. Seine Argumentation war entgegen eigener Behauptungen eben nicht sachlich formuliert, sondern geprägt von Provokationen und Aussagen, die wie Nadelstiche die Stimmung anheizten. Er hätte seine Sätze durchaus anders formulieren können, wollte aber offensichtlich die bewusste Provokation. Befördert wurde all dies durch einen im Publikum wild diskutierenden und gestikulierenden Steffen Harzer. Die auf Youtube von Demo-Teilnehmern eingestellten Videos sprechen hierzu eine deutliche Sprache."

"Gottlob keine Gewalt"

Letztlich mutmaßt Voigt hinter diesem "unredliche Vorgehen Strategie". Kuschel, Harzer und ihre Unterstützer hätten die Eskalation gewollt, damit sie sich im Nachgang gegenüber Medien und Öffentlichkeit als Opfer inszenieren konnten, meint der Bürgermeister. "Vielerorts in Thüringen gehen die Menschen derzeit gegen die Gebietsreform auf die Straße. Aber nirgendwo sonst sind die Proteste so groß und nachhaltig wie bei uns. Die Diskussion - auch in Erfurt - soll dieser Tage bewusst dahingehend gelenkt werden, unseren starken aber friedlichen Protest zu diskreditieren und die Demonstrationsteilnehmer dergestalt zu verunglimpfen, dass man ihnen kein Gehör zu schenken braucht."

Von daher seien Vorwürfe an die Organisatoren fehl am Platz, vielmehr müsse sich Kuschel verantworten. Voigt: "Derlei Strategien des 'Zersetzen des Gegners' dürfte Herr Kuschel aufgrund seiner Vita beherrschen wie kein Zweiter."

Der Stadtchef glaubt, eine solche Unterstellung untermauern zu können, weil er bei Kuschel nach Aussprechen der Einladung eine gewisse Vorfreude meint verspürt zu haben darüber, als einfacher Abgeordneter mit reichlich Polizeischutz in Sonneberg rechnen zu dürfen. Polizeischutz, den zuvor zum Beispiel der Vizepräsident des Thüringer Landtags, Uwe Höhn (SPD), nicht gebraucht hatte. "Auch dies spricht für eine konzertierte Aktion, die unsere Kundgebung in die beschriebene Szenerie steuern sollte. Gottlob aber kam es trotz aller Provokationen zu keinen tätlichen Auseinandersetzungen, wofür den Demonstrationsteilnehmern zu danken ist."

In diesem Zusammenhang verwahrt sich der Stadtchef, den basisdemokratischen Protest schlechtzureden: "Unsere Demonstrationsteilnehmer kommen aus allen Schichten der Bevölkerung und aus allen Generationen. Und es ist absolut in Ordnung, wenn sie lautstark mit Trillerpfeifen und mit feinsinnigen Plakaten ihren Unmut deutlich machen. Sie aber als 'SON-Gida' zu beschimpfen und in eine rechtsextremistische Ecke zu schieben, ist einfach nur falsch, widerwärtig und zynisch. Denn unsere Demonstrationsteilnehmer sind alles andere als Chaoten und Randalierer - sie sind mündige, aber anständige Bürgerinnen und Bürger - mit jeder Menge Herz für 'unner Sumbarch'."

"Reine Inszenierung"

Voigt erinnert in diesem Zusammenhang noch an den Auftritt des Linke-Landtagsabgeordneten Knut Korschewsky vom 22. Mai: "Auch er trat hier für die Gebietsreform ein. Er jedoch setzte seine Aussagen eben nicht ehrabschneidend und provokant. Unser Publikum ließ ihn daher - trotz Buhrufen und Pfiffen nach einzelnen Aussagen - ausreden und seine Argumente vortragen."

Von daher mag Voigt eine Linkspartei-Darstellung nicht gelten lassen, wonach die Proteste allein gegen Rot-Rot-Grün gemünzt gewesen seien und nichts mit dem Konflikt um die Gebietsreform zu tun hätten.

Derlei zu behaupten, sei "reine Inszenierung und Strategie, um unseren starken Protest zu schwächen. Das wiederum dürfen wir nicht zulassen. Ich jedenfalls werde weiter friedlich für die Interessen unserer Heimat eintreten und freue mich über jeden, der mitkämpft."

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