Neuhaus am Rennweg Nach Missbrauchsverdacht: Fünf Pflegerinnen entlassen

Im Fall des vermuteten Missbrauchs alter Menschen in einem Pflegeheim in Neuhaus am Rennweg (Landkreis Sonneberg) hat der Heimbetreiber reagiert und die fünf beschuldigten Pflegerinnen entlassen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Neuhaus am Rennweg - Nur einen Tag nach Bekanntwerden der schweren Vorwürfe gegen fünf Pflegerinnen eines Altenheims in Neuhaus am Rennweg gibt es Konsequenzen: Der Heimbetreiber Cura aus Berlin sprach allen fünf Mitarbeiterinnen die fristlose Kündigung aus. Sie waren am Vortrag bereits von Dienst freigestellt worden. Auch die Thüringer Heimaufsichtsbehörde erließ ein Beschäftigungsverbot.

Unterdessen prüft die Polizei sichergestellte Handys auf Hinweise nach möglichen weiteren Opfern. Wie Saalfelds Polizeisprecherin Stefanie Kurrat am Freitag unserer Zeitung sagte, werden die Datenträger nun kriminaltechnisch ausgewertet, die bei den Durchsuchungen in den Wohnhäusern der fünf beschuldigten Mitarbeiterinnen beschlagnahmt worden waren. „Dabei“, so Kurrat, „wird man versuchen, die ein oder andere gelöschte Dateien wieder herzustellen.“ Die Ergebnisse dieser Bemühungen der IT-Experten blieben abzuwarten.

Nicht bestätigen oder verneinen wollte die Sprecherin eine Meldung, wonach es inzwischen sieben Geschädigte gebe. Bei den Durchsuchungen in den Kreisen Saalfeld und Sonneberg am Donnerstag war noch von fünf Opfern – vier Frauen und einem Mann im Alter zwischen 55 und 86 Jahren die Rede. Von den hilfsbedürftigen Menschen sollen erniedrigende Fotos angefertigt und dann offenbar in einer Facebook-Gruppe ausgetauscht worden sein.

Ursprünglich hatte die Saalfelder Polizei eine zweite Mitteilung zum Stand der Ermittlungen für Freitag angekündigt. Davon nahm man zwischenzeitlich wieder Abstand. Man wolle nicht etwaiges Täterwissen bekanntgeben, hieß es.

Der Sprecher der für den Fall zuständigen Staatsanwaltschaft Meiningen, Jochen Grundler, sagte unserer Zeitung, die Ermittlungen in dem Fall würden durch die Justiz und die Polizei mit einer hohen Priorität geführt. Bis wann die Ermittlungen abgeschlossen werden könnten, sei derzeit trotzdem nicht absehbar. Dies hänge nicht nur an den derzeit laufenden Vernehmungen der Beschuldigten, sondern auch daran, wie lange die Auswertung der am Donnerstag sichergestellten Datenträger dauere. Dass die Fotos von den mutmaßlichen Misshandlungen und Erniedrigungen in einer geschlossenen Facebook-Gruppe ausgetauscht wurden, wollte Grundler weder bestätigen noch dementieren. „Dazu können wir aus ermittlungstaktischen Gründen keine Angaben machen“, sagte er.

Die Anzeige, die die Durchsuchungen schließlich auslöste, war nach Grundlers Angaben bereits vor einem Jahr bei der Staatsanwaltschaft eingegangen. Dass es so lange dauerte, bis die Polizei das Seniorenheim und andere Objekte schließlich durchsuchte, habe zum einen daran gelegen, dass die Vorwürfe anonym erhoben worden seien. Das habe es schwierig gemacht zu prüfen, ob es einen ausreichend großen Anfangsverdacht in dem Fall gebe, sagte Grundler. Nur in einem solchen Fall aber seien so schwerwiegende Maßnahmen wie Durchsuchungen möglich. „Alles andere würde den Rechtsstaat aushebeln“, sagte er. Zum anderen sei es vor der Durchsuchung wichtig gewesen, den Kreis der möglichen Täter so genau wie möglich einzugrenzen. Andernfalls würden bislang vielleicht unentdeckte Täter durch die Razzien gewarnt und könnten so Beweise vernichten.

Dass in diesem Verfahren derzeit ausschließlich Frauen beschuldigt würden, sei für die Staatsanwaltschaft weniger außergewöhnlich als es auf den ersten Blick scheine, sagte Grundler. Auch gegen Frauen gebe es häufiger Missbrauchsvorwürfe, als man das gemeinhin in der Öffentlichkeit glaube, sagte er.

Thüringens Sozialministerin Heike Werner zeigte sich erschüttert. Ein solcher Verdacht in derartigem Ausmaß sei eigentlich unvorstellbar, sagte die Ministerin der Nachrichtenagentur dpa. Das Geschehene müsse aufgeklärt und aufgearbeitet werden. „Dazu müssen wir zunächst die Ergebnisse der Ermittlungen abwarten." anb/jwe/sh

Lesen Sie dazu auch: Polizei beschuldigt fünf Frauen des Missbrauchs Schutzbefohlener

Autor

Bilder