Sonneberg Mosaikstein für den Quantensprung

Sonneberg hat auf dem Weg zu einem wohl deutschlandweit einmaligen Sportkomplex einen Meilenstein absolviert. Das Funktionsgebäude nebst Kletterturm ist fertig. Ab dieser Woche soll das Areal auch genutzt werden.

 
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Sonneberg - Klaus Fischer, in Sachen Sport und besonders in Sachen Fußball hierzulande ein wandelndes Lexikon, ein Kenner, kommt am Freitag nicht mehr aus dem Staunen raus. Was da für ein riesiges Haus auf dem Gelände des altehrwürdigen Stadion-Areals stehe, so gewaltig, so neu. "Ich kann mich noch erinnern, da gab es hier einen Badeteich und Liegewiesen." Heute stünden da teilweise Gartenlauben und auf der anderen Seite eben dieses neue, schicke "Funktionsgebäude" - wie es im Bauplaner-und Architekten-Jargon eben so heißt. Dieses wurde am Freitagnachmittag - zusammen mit allen am Bau Beteiligten sowie den künftigen Nutzern - eingeweiht, künstlerisch sensibel umarmt von Ines Ehrlicher und Jana Rexheuser sowie DJ Torsten Donau, kulinarisch freitagstypisch abgerundet mit Schmidt-Bratwürsten und Gessner-Getränken.

Kunstrasen wird noch 2020 fertig

Der dritte Bauabschnitt des Sport- und Freizeitkomplexes ist bereits begonnen worden. Dazu zählt der Bau eines ganzjährig nutzbaren Kunstrasens, der noch in diesem Jahr übergeben werden soll. Dazu zählt anschließend auch noch der Bau eines großen Bus- und Pkw-Parkplatzes. Dann werde es "einen Sport- und Freizeitkomplex geben, der einzigartig in seiner Vielfalt und Nutzungsdichte sein wird", verspricht Sonnebergs Bürgermeister Dr. Heiko Voigt.

Unter all den Gästen musste vor allem einer richtig zupacken, zumindest verbal. Bürgermeister Dr. Heiko Voigt. Das Stadtoberhaupt und seine Gehilfen hatten sich akribisch auf die spontan und locker wirkende Eröffnungsrede vorbereitet, denn Voigt wollte wirklich alle irgendwie nur Beteiligten erwähnen, keinen vergessen. Prophylaktisch kam dann am Ende seiner Worte doch noch die Entschuldigung für eben jene nicht Erwähnten. Doch Voigt schien wirklich keinen vergessen zu haben ...

Erwähnung fanden zu allererst natürlich die Politiker-Kollegen. Sei es Landtagsabgeordnete Beate Meißner, die extra für diese Zeremonie eine Plenarsitzung verlassen hatte. Sei es Landrat Hans-Peter Schmitz, in Sachen Fußball ein echter Insider. Oder sei es der Oberbürgermeister von Neustadt bei Coburg, Frank Rebhan, der das Angebot des Nachbarn zur Nutzung des Funktionsgebäudes nicht in den Wind schlagen wird.

Viel wichtiger aber aus Sicht des Sports: Nahezu alle Schulen der Stadt sowie nahezu jeder Sportverein der Umgebung war zum Durchtrennen des gut 20 Meter langen, schwarz-gelben und damit Sonneberg-typischen Einweihungsbandes anwesend. Angefangen bei den Fußballern vom 1. FC 2004, dem Alpenverein, den Leichtathleten, den Volleyballern, dem Tennisclub, der SG 51, der Germania aus Bettelhecken bis hin zum SC 06 aus Ober- und dem TSV 1894 aus Unterlind, 1. FC Köppelsdorf, TSV Haselbach und Turnverein "Friedrich-Ludwig-Jahn". So entpuppte sich am Freitag die eingangs von Voigt erwähnte "spartanische Einweihung" zwar nicht als das ursprünglich geplante "Fest der Sportlerinnen und Sportler", doch trotz Eingangs- und Namenskontrolle, trotz Mindestabstand und dem Verzicht aufs Händeschütteln war dieser Nachmittag aus Sicht der Sonneberger und angesichts der gut 150 Gäste schon ein gesellschaftliches Ereignis. Denn die Nutzung eben jenes neuen Hauses ist nicht nur für Bürgermeister Voigt ein "Quantensprung für den Sport in Sonneberg". Die Fakten sind beeindruckend und untermauern die reißerische These des Stadtoberhauptes:

3,264 Millionen Euro hätte der Bau verschlungen. Davon habe das Land allein 2,384 Euro aus Städtebaufördermitteln bezahlt. Doch eben auch gut 900 000 Euro wurden dem Stadtsäckl entrissen - am Ende dank der Einsicht und dem Wohlwollen der Sonneberger Stadträte der aktuellen sowie der abgelaufenen Legislatur. Doch es war auch höchste Eisenbahn, den in den 1950er Jahren entstandenen Sportkomplex an die Gegebenheiten den Neuzeit anzupassen. Das verdeutlicht auch ein Blick in das noch stehende "Häuschen" mit den Umkleidekabinen, das aber ab der kommenden Woche dem Abrissbagger geweiht ist.

Das neue Haus punktet da im Vergleich mit großzügigen Umkleiden, zwei Ein- und zwei Ausgängen, gescheiten Sanitäranlagen, sogar mit einer Vereinsküche, mit Schulungs- und Lagerräumen und wurde barrierefrei gestaltet. Das i-Tüpfelchen an der Ost-Ecke des Hauses ist der bis zu 14 Meter hohe Kletterturm, der demnächst unter Fürsorge des Alpenvereins in Betrieb geht. Nicht nur Vereinsmitglieder werden in der funktionell, dennoch todschicken, bunten und schwindelerregend hohen Halle ihren Spaß haben. Geplant sind Kurse jeden Schwierigkeitsgrades - für jeden, der Lust hat.

Ein Stein vom Herzen fiel am Freitag auch den Sonneberger Leichtathleten, vertreten von Vorstandschef Steffen Bergmann und Schriftführerin Kati Nimz. Wer die bisher äußerst "ungünstigen" Rahmenbedingungen auf der an sich modernen Anlage im "Kessel" kannte, wird das nachvollziehen können. Nachdem Corona sämtliche Veranstaltungen des Vereins - darunter Pistor- und Stadtlauf - platzen ließ, arbeitet die Ideenschmiede des "LA SON" auf Hochtouren. "Ich kann mir schon vorstellen, dass wir mit dem neuen Haus und den Umkleiden so etwas wie einen Winterlauf veranstalten können - mit Start und Ziel im Stadion", verrät Bergmann am Freitag. "Neue, mittlere Laufstrecken, so um die sechs bis zehn Kilometer lang", flüstert Nimz konkret hinterher. Das Datum scheint auch schon festzustehen: Sonntag, 8. November.

Doch noch müssen sich die Sportler gedulden, denn der Eröffnungszeremonie am Freitag folgte auch die prompte Schließung des Hauses - aus einem simplen Grund: Das neue, hochmoderne Schließsystem wird mit personalisierten Chips versehen sein. Holger Scheler vom Bauamt konkretisiert: "In dieser Woche unterzeichnen die ersten Vereine ihre Verträge und bekommen dann auch die Chips ausgehändigt." Bis dahin müsse man sich noch gedulden.

Besonders Scheler und das Team vom Bauamt sowie die Stadträte in den Ausschüssen hatten zuvor die Köpfe rauchen lassen, denn der erste, fantasievoll und noch großzügiger geplante Entwurf aus dem renommierten Büro von Prof. Dr-Ing. Joachim Casparius war schlichtweg zu groß und noch teurer gewesen.

Und obwohl das nun eröffnete Anwesen einen schicken und hochwertigen Eindruck bei vielen Betrachtern hinterlässt, bekam es am Samstag - zum Heimspiel der FC-Sonneberger im "Kessel" - von einigen Fans schon einen eher unpassenden Spitzennamen verpasst: "Der Bunker"!

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