Sonneberg Lokaler Handel bringt Mehrwert für die regionale Lebensqualität

Sonneberg hat sich am Wochenende, zeitgleich zum Stadt- und Museumsfest, erstmalig an der bundesweiten Aktion "Heimat shoppen" beteiligt. Die Kampagne soll keine Eintagsfliege blieben, kündigen die Organisatoren an.

 
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Sonneberg - Rund 360 deutsche Städte beteiligen sich heuer an der Aktion "Heimat shoppen", darunter 19 im Freistaat. Auch Südthüringen mischt unter Regie der IHK dabei mit. Neben Ilmenau, Schmalkalden, Arnstadt und Meinigen konnte Sonneberg als fünfter Anlaufpunkt für den Einkaufsbummel unter regionalen Vorzeichen gewonnen werden. Anliegen ist es dabei innerstädtischen Handel-treibenden Podium und Plattform zu bieten, die Zusammenarbeit zu stärken und beim Kunden das Bewusstsein zu schärfen, welch wertvollen Beitrag Händler, Dienstleister und Gastronomen für eine lebendige und attraktive Innenstadt leisten. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen, kehrte bei seinem Sonneberg-Abstecher am Samstag deutlich heraus, welche Bedeutung die Branche eigentlich hat fürs Wirtschaftsgefüge zwischen Hildburghausen, Ilm-Kreis, Schmalkalden-Meiningen, Sonneberg und Suhl. So rangiert der Einzelhandel nach den Dienstleistungen und noch vor der Industrie bezogen auf die Anzahl der Unternehmen auf dem zweiten Rang. Rund 16 000 Beschäftigte gibt’s im Kammerbezirk, der Jahresumsatz wird auf 2,4 Milliarden Euro geschätzt. Wie berichtet, hatte die Kammer vorab des Wochenendes einen Shopping-Guide gedruckt, in dem 16 Betriebe - von der Salzgrotte über Martin-Bären bis zu Schuhknopf - ihre Visitenkarte hinterlegt haben.

Ein Nachfragevolumen von jährlich über einer viertel Milliarde Euro

Zwölf Minuten brauchen die Neuhaus-Schierschnitzer im Schnitt nach Sonneberg, 17 die Steinacher und eine Viertelstunde die Schalkauer. Im unmittelbaren Einzugsgebiet des Sonneberger Einzelhandels leben somit derzeit gut 42.500 Menschen.

Im Januar dieses Jahres beschloss der Stadtrat das integrierte Stadtentwicklungskonzept für Sonneberg. Veröffentlicht sind in dem Papier Daten zur Struktur der Branche. Demnach sind von der mit der Studie beauftragten CIMA fürs gesamte Stadtgebiet - Kernstadt und Oberland - 226 Einzelhandelsbetriebe auf 69 375 Quadratmeter Verkaufsfläche erfasst worden. Bezieht man das Einzelhandelsmonitoring der GMA für Südwestthüringen - veröffentlicht 2013 auf Basis der Zahlen von 2012 - mit ein, ist das Wachstum, trotz der Verdopplung der Fläche des Stadtgebiets infolge der Oberland-Eingemeindung im Dezember 2013, seither stagnierend. Vor sechs Jahren waren 254 Betriebe auf 68.555 Quadratmeter Fläche erfasst worden.

Auf der Basis wichtiger Grundlage-daten- Bevölkerung, Pro- Kopf-Kaufkraft, Kaufkraftkennziffern - wird davon ausgegangen, dass das potenziell erschließbare einzelhandelsrelevante Nachfragevolumen, branchendifferenziert berechnet, in den 15 Hauptwarengruppen (inklusive Lebensmitteln) des Einzelhandels eine Größenordnung von 257,6 Millionen Euro erreicht. Doch ist der Handel unter Druck wegen Überalterung der Einwohnerschaft im Einzugsbereich und der Abwanderung von Kunden in den Online-Versand. In der Vorschau bis 2030 steht demnach ein um sieben Prozent (16,8 Millionen Euro) sinkendes Nachfragevolumen zu erwarten.

Die Einzelhandelsstruktur innerhalb des Sonneberger Stadtgebietes ist durch die großen Akteure auf der Grünen Wiese - Marktkauf in Hönbach und Kaufland in Bettelhecken - geprägt. Die städtebaulich wichtigste Einkaufslage von Sonneberg befindet sich indes im Stadtzentrum. Sie erstreckt sich entlang der Bahnhofstraße, vom Stadtpark im Norden bis zum Bahnhofsplatz im Süden. Hier gibt es 47 Betriebe, an der Spitze stehen "Müller" und das Einkaufszentrum "City-Center".

Konkurrenz aus Coburg

Dass die Zahl der Läden damit in der Spielzeugstadt zum Beispiel hinter Schmalkalden mit 30 am vergangenen Wochenende zurückbleibt? Möge man nicht überbewerten, meint Volker Huß. Der Geschäftsführer der Sonneberger Buchhandlung weist darauf hin, auch das City-Center ist mit an Bord, habe sich aber erst auf den letzten Pfiff angemeldet.

Dass von der Premiere des "Heimat shoppen" eine Initialzündung für einen Neuanfang ausgehen soll, unterstrich Pieterwas. Das innerstädtische Einkaufserlebnis, am besten eingebettet in ein Event, stehe Beleg für die Lebensqualität in einer Region. Und angesichts dessen, wie die Handelsriesen auf der Grünen Wiese und der Online-Versand den stationären Handel in die Zange nehmen, gelte es dessen besonderen Stärken wieder herauszustellen: Die persönliche Ansprache, die kompetente Beratung, das menschliche Miteinander.

Dass derlei Pluspunkte keine Selbstläufer sind, zumal in Sonneberg, unterschlug Pieterwas allerdings nicht. Die Nähe zum Oberzentrum in Coburg sei im Vergleich mit anderen Städten eine Besonderheit. "Hier fließt Geld ab", was der Sonneberger Einzelhandel zu spüren bekommt, da er etwas weniger Umsatz erzielt, als die einheimische Bevölkerung eigentlich an Kaufkraft zur Verfügung hat.

Umso wichtiger sei es, die Akteure an einen Tisch zu holen. Auf die Stadt sei dabei Verlass, versprach Bürgermeister Heiko Voigt im Gespräch mit dem IHK-Chef. Wobei beide rasch übereinkamen, dass man umgekehrt zurzeit leider keine schlagkräftige Selbstorganisation auf Händler-Ebene an der Hand hat. Auf drei schätzt Volker Huß die Zahl der aktiven Mitstreiter von "Sonneberg aktiv"-Vorsitzenden Enrico Scholz. Neue Mitglieder seien von daher gerne gesehen. Nicht stehen lassen mochte Voigt ansonsten eine Anmerkung der "Heimat shoppen"-Projektleiterin Antonia Sturm, wonach auch die Wirtschaftsförderung der Stadt in Vorbereitung der Kampagne keine große Rolle zu spielen vermocht habe. Beim "Tag der Franken" habe man sich mit den Einzelhändlern in der Bahnhofstraße gezielt verständigt, um die Geschäftsmeile möglichst attraktiv präsentieren zu können, entgegnete Voigt. Und was die strategische Ausrichtung betrifft, gehöre die Ansiedlung gigantischer Handelskomplexe auf der Grünen Wiese längst der Vergangenheit an. Stattdessen habe man in den vergangenen 20 Jahren als Kommune einen dreistelligen Millionenbetrag investiert, um der Innenstadt ein zeitgemäßes Antlitz und damit den Händlern ein attraktives Umfeld zu geben. "Das mit Hönbach ist Geschichte", so Voigt. Pieterwas nahm solche Prämissen erfreut zur Kenntnis. Umgekehrt gelte es nun die Kooperation zu vertiefen. Wenn die Aktionstage in den fünf Städten vorbei sind, solle es im Nachgang eine Gelegenheit zum Austausch geben. In einem IHK-Workshop werden sich die Akteure dann über ihre jeweils gemachten Erfahrungen verständigen. Und dazu, welche gelungenen Events vielleicht von anderen Shopper-Städten übertragbar sind bei der Neuauflage. anb

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