Sonneberg/Neuhaus Kreis rüstet sich für den Klageweg

Der Kreistag macht mit deutlicher Mehrheit den Weg frei für eine Klage gegen die Gebietsreform - als bereits zehnter Landkreis im Freistaat.

 
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Sonneberg - Schon im März hatte sich der Kreistag zum Erhalt des Landkreises und der Kreisstadt Sonneberg bekannt. Bei dieser Linie bleibt es - wobei noch eine Schippe nachgelegt wird.

Zur Sitzung am Mittwoch folgte eine klare Mehrheit einer Beschlussvorlage von Landrätin Christine Zitzmann (pl.), wonach diese sich Grünes Licht erbat alle Maßnahmen vorzubereiten, die es braucht um die hiesigen Interessen gegenüber der vom Land angestrebten Gebietsreform zu wahren. Dies umfasst insbesondere die Erlaubnis ein Gutachten in Auftrag geben zu dürfen, das in einem späteren Klageverfahren gegen die Strukturänderung als Munition dienen soll. 27 Kreistagsmitglieder, alle aus den Reihen der CDU/FDP-Fraktion und mehrheitlich aus den Fraktionen von Linke und SPD/Freie Wähler, stimmten für eine solche Strategie. Dieser Mehrheit standen sieben Nein-Voten und eine Enthaltung gegenüber.

In der Aussprache hatte sich zuvor Linke-Fraktionschef Uwe Schlammer mit seiner Skepsis in Stellung gebracht. Er erinnerte daran, schon die Vorgängerregierung habe gutachtlich ermittelt, dass die Thüringer Kreisgrößen im Deutschlandvergleich nicht für besondere Wirtschaftlichkeit stehen, im Gegenteil. Zu keinem anderen Ergebnis sei später das Gutachten der rot-rot-grünen Regierung gekommen. "Jetzt ist beabsichtigt, einen weiteren Gutachter zu Rate zu ziehen", der dann zwei andere schon vom Steuerzahler bezahlte Gutachten widerlegen soll. Seine Zustimmung habe das nicht. Stattdessen müsse man doch im Blick behalten, dass der Landkreis bald nur noch vier Gemeinden zählen werde.

Vor diesem Hintergrund hätte man längst das Gespräch mit den Nachbarkreisen suchen müssen: "Aber genau hier kommt so ziemlich nichts Konstruktives." Der angedrohte Bayern-Übertritt spalte die Bevölkerung. Und auch umgekehrt wurden Vorstöße, etwa zusammen mit Hildburghausen und den Anliegergemeinden von Neuhaus am Rennweg im Landkreis Saalfeld eine Einheit zu bilden, nicht vorangetrieben. Jenseits der Kostenkritik - das Gutachten zu erstellen wird auf 40 000 Euro taxiert - rügte Schlammer: "Wir beschränken uns voll und ganz auf die pure Ablehnung. Leider ist dies sehr in Mode gekommen und bringt Wählerstimmen - aber Lösungsansätze wären angebrachter."

Kaum anders fiel die Kritik von Alexander Humann aus. Der Chef von SPD und Freien Wählern im Kreistag bekundete, er halte die Klage für nicht verantwortbar.

Die Ausgangssituation seit März habe sich komplett verändert - "die Städte und Gemeinden haben das erkannt", hier sei die Reform schon voll im Gange. Entsprechend wäre mit einer Total-Blockade auf Kreisebene nichts zu gewinnen.

Den Rücken gestärkt bekam die Landrätin von Christian Tanzmeier, dem Frontmann von CDU und Liberalen im Gremium. Jenseits eines Partei-bezogenen Klein-Kleins sei man gewählt worden, um für die Heimat einzustehen, führte er aus. "Wer dem Beschluss seine Zustimmung verweigert, der hat den Landkreis schon aufgegeben." Das Volksbegehren und die Klage nannte der Sonneberger die "tragenden Säulen des Widerstandes" gegen die Gebietsreform-Pläne des Ramelow-Kabinetts. Die von Schlammer und Humann geforderten Gespräche mit anderen Landkreisen seien hingegen sinnlos: "Im Vorschaltgesetz steht nichts von einer Freiwilligkeitsphase für Landkreise."

Überzogen nannte Tanzmeier ansonsten Befürchtungen, was die Kosten des Gutachtens betrifft. Bekanntlich bestehe die Option, sich hier mit anderen Körperschaften in die Finanzierung hineinzuteilen. Und mit Sonneberg wären es ja bereits zehn Kreise, die den Staats- und Verwaltungsrechtler Jörn Ipsen (Weihe in Niedersachsen) mit der juristischen Vertretung ihrer Interessen beauftragen. Wenn umgekehrt die Staatsregierung aber 280 000 Euro für ihre Pro-Gebietsreform-Kampagne ausgibt, sei klar, wer tatsächlich öffentliche Mittel vergeudet.

"Nachhilfe angeboten"

Klar in Position brachte sich auch die Landrätin. Zwar bekannte sie sich erneut dazu, "nicht die Hausaufgaben dieser Regierung" erledigen zu wollen. Aber eine Blockadehaltung nehme sie deswegen nicht ein. Sehr wohl habe sie dem Ministerpräsidenten "Nachhilfe" angeboten, selbstverständlich habe der Landkreistag seitenweise Papier vollgeschrieben dazu, wie es geht. "Wir wollen beim Wie der Gebietsreform helfen. Ich weiß auch, wie es geht." Doch von dieser Expertise wolle die Regierung erkennbar keinen Gebrauch machen. Offensichtlich in die "politische Bedeutungslosigkeit" sollen die Vertreter der Gebietskörperschaften fallen, wenn der Neuzuschnitt der Kreise ausgehandelt wird. So mag es zwar Dienstberatungen für Bürgermeister mit den entsprechenden Ressorts gegeben haben, aber ein solches Angebot für die Landräte fehle weiterhin - auch wenn sie gewisse Erwartungen habe an ein Gespräch mit Bodo Ramelow am 12. Dezember.

Jenseits dessen aber sei das Land bisher wesentliche Antworten auf wichtige Fragen schuldig geblieben, so Zitzmann. So müsste ja erst geklärt werden, wer künftig welche Aufgaben zu erledigen hat und welches Geld es hierfür gibt. Stattdessen werde der Fokus allein auf Einwohnergrößenklassen gelegt. Auch am Gutachten des Landes ließ sie in diesem Zusammenhang kein gutes Haar. Im Passus, der Sonneberg behandelt, sei schlicht der Eintrag eines Internet-Lexikons einkopiert worden. Natürlich könne man so verfahren - "doch das steht nichts von dem, was der Landkreis Sonneberg an Wirtschaftskraft darstellt". Allein von den Einwohnerzahlen her auf die Leistungsfähigkeit schließen zu wollen, das sei kein Maßstab.

Von daher die Auswirkungen der Reform aufs öffentliche Wohl zu prüfen, abzuklopfen, ob das Gesetz den Vorgaben der Verfassung überhaupt stand hält, hierfür erbat sich Zitzmann die Rückendeckung des Kreistags. So könne auch die Position des Landkreises in der Widerstandsallianz mit anderen Gebietskörperschaften gestärkt werden.

Ihr Appell hatte in der Abstimmung das gewünschte Echo. anb

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