Sonneberg/Neuhaus Blick nach vorne fällt schwer: "Alles ist hin"

Von Tim Birkner

Drei Generationen unter einem Dach, die erste Weihnachts-Dekoration: Das war bis vorvergangenen Sonntag. Jetzt riecht es überall nach Rauch, die Wände und Decken sind vollgesaugt mit Löschwasser und die Scheunen nur noch ein Haufen Schutt.

 
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Bachfeld - Eine Woche lang haben die Brands schon gearbeitet, Wege freigeräumt, das Chaos in den Zimmern versucht zu beseitigen. Die Brands, das sind die Eltern Reinhard und Bettina, Alexander mit seiner Freundin Bianca und die Großeltern. "Jetzt ist es schon ein klein wenig übersichtlicher", sagt Alexander Brand (34). Er versucht den Blick nach vorne zu richten, so gut es eben geht.

Seit dem Brand am Montagmorgen vor einer Woche wohnt er mit seiner Freundin bei deren Eltern. Mit ihr zusammen hat er unterm Dach eine Wohnung eingerichtet. "Wir waren gerade fertig", sagt er und steht unter der Dachschräge. Der Boden ist noch nass, überall sind Rußreste. "Hier stand unser weißes Sofa", Alexander Brand zeigt in die Ecke des Raumes. Das sind die Momente in denen seine Stimme brüchig klingt. Er schluckt. Alles, was in ihrer Wohnung war, liegt jetzt in dem Rollcontainer, der auf der Hannesgasse steht. Was Flammen und Rauch nicht vernichtet haben, hat das Wasser bei den Löscharbeiten besorgt.

"Ich bin dankbar für die vielen Freunde und Bekannten, die uns am Wochenende geholfen haben." Alexander Brand versucht sich zu fassen, die neue Situation zu organisieren. Gemeinsam haben sie nach Dingen gesucht, die noch brauchbar sind - und doch alles weggeworfen. Fenster auf und raus. Was Generationen aufgebaut haben, ist von einem Moment zum nächsten ausgelöscht.

"Alles ist hin", sagt Vater Reinhold. Dabei meint er nicht nur das Mobiliar, sondern auch das, was von dem Wohnhaus noch übrig ist. Der Grundstein wurde 1695 gelegt, jetzt steht der Abriss bevor. Die Decken aus Lehm haben sich mit Wasser vollgesaugt, die Wände sind immer noch klatschnass. Die Tapeten, die Verkleidung, die Panelen, das Laminat - alles quillt auf, löst sich auf, ist unbrauchbar.

Im Eingang hängt noch ein Willkommensschild: "Tritt ein, bring Glück herein". Es gehört zu den wenigen unversehrten Dingen, wie auch der Stapel mit leeren Eierkartons, die auf absehbare Zeit leer bleiben werden. Die 30 Hühner sind verbrannt.

Eddy Krannich, der Pressesprecher der Polizeidirektion Saalfeld, spricht davon, dass es weder Hinweise auf einen technischen Defekt, noch auf Brandstiftung gebe. Die Ermittler der Kripo waren mehrmals in Bachfeld. Sie hatten Spürhunde für Brandmittel dabei und haben Proben genommen, die jetzt ins Labor geschickt wurden. "Die Ergebnisse haben wir noch nicht. Das kann bis zu zwei Monate dauern", sagt Krannich.

Solange können die Brands nicht warten. Sie wollen etwas tun, um ihre Ohnmacht in Schach zu halten. Seit Donnerstag ist der Brandort von der Polizei frei gegeben. Das heißt, die Brands können mit den Aufräumarbeiten beginnen. "Im Augenblick funktionieren wir nur", beschreibt Alexander Brand die Situation. Er steht in einem Haufen Geröll, das einmal ihre Scheune war. Steine, verkohlte Balkenstücke, der Rest eines Traktorreifens, nasses Stroh. Auf der gesamten Grundfläche der beiden Scheunen ist dieser Haufen mannshoch. Die Glut im Stroh war so heiß, dass auch nach einer 24-stündigen Wache der Feuerwehr, das Feuer noch einmal aufloderte. Am Mittwoch nach dem Brand und am vergangenen Samstag noch einmal. Alles Stroh ist jetzt verteilt, diese Gefahr ist nun gebannt. Damit Brandwache und Ermittler nicht von herunterstürzenden Steinen getroffen werden, mussten bis auf einen Giebel alle Wände oberhalb des Erdgeschosses abgerissen werden. Die Häuser in der Nachbarschaft blieben wie durch ein Wunder unversehrt. Ein paar Fenster sind gesprungen, ein paar Rollos beschädigt, aber die Flammen sind nicht übergesprungen.

Im Augenblick ist Alexander Brand abends körperlich so erledigt, dass er vor Erschöpfung einschläft. Sein Blick nach vorne sieht aber auch die Versicherungsfragen, die als nächstes geklärt werden müssen. Die Familie ist jetzt an einem Punkt, wo sie mit Handarbeit nicht mehr weiter kommt. Der Schaden an Haus und Hof wird die zunächst geschätzten 300 000 Euro bei weitem übersteigen, weiß Alexander Brand: "Unser größtes Ziel ist es jetzt diese Sachen zu klären."

Bachfelds Bürgermeisterin Christine Propst hilft der Familie bei der Wohnungssuche. Am besten wäre es, wenn Eltern und Großeltern darin Platz finden könnten. "Die Wohnung sollte möglichst in der Nähe sein", sagt sie. Und die Gemeinde hat ein Spendenkonto für die Familie eingerichtet (IBAN: DE39 8405 4722 0304 1156 30, Gemeinde Bachfeld, Betreff: Spenden für Brandopfer ).

"Oma und Opa sind unsere größten Sorgenkinder", sagt der Enkel. Denn reden fällt ihnen allen zwar nicht leicht, aber es hilft. Und damit tut sich die älteste der drei Generationen besonders schwer. "Und unser Opa hat schon einmal so ein Feuer erlebt, bei dem der Hof, auf dem er groß wurde, niederbrannte", erzählt Enkel Alexander.

Nach dem letzten großen Brand in Bachfeld, dachte Alexander Brand "Hoffentlich passiert uns so etwas nie." Jetzt hat es das Anwesen der Familie erwischt. Und solange die Brandursache nicht klar ist, gibt es im Dorf Gerüchte, dass es sich um Brandstiftung handelt. Die Bürgermeisterin hofft, dass sich das nicht bewahrheitet. Die Angst geht jetzt um. "Wir wollen genau wissen, was passiert ist und wie", sagt Alexander Brand. Sonst bleibt das Ungewisse, das die Fantasie beflügelt.

Am liebsten würden die Brands ihr Haus wieder so aufbauen wie es war, oder zumindest so ähnlich. "Wir möchten, dass die ganze Familie, alle drei Generationen, wieder unter einem Dach wohnen", sagt der Enkel. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Jetzt steht erst einmal Weihnachten vor der Tür. Was sie sich wünschen? "Dass niemandem, egal wem, so etwas passiert."

Auch Freies Wort hilft der Familie Brand in Bachfeld. Wenn Sie die Familie und den Wiederaufbau unterstützen möchten, können Sie spenden: Freies Wort hilft e. V. Konto IBAN DE39 8405 0000 1705 0170 17 Stichwort: Bachfeld

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