Schmalkalden Südlink: "Bürgerdialog" verteidigt Online-Beteiligung

Birgitt Schunk
Juni 2018 in Breitungen: Trassengegner und Kommunalpolitiker im Gespräch mit den Südlink-Planern. Solche Vor-Ort-Termine gibt es allerdings wegen Corona derzeit nicht. Die Mitbestimmung bleibt auf der Strecke, sagen die Kritiker. Archiv- Foto: Schunk

Der vom Bund geförderte "Bürgerdialog Stromnetz" ist für die derzeitige Online-Beteiligung, wenn es um die Planung neuer Trassen geht. Die Gegner sehen jedoch die Mitbestimmung dadurch stark beschnitten.

 
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Schmalkalden/Fambach - "Die Bürgerbeteiligung am Stromnetzausbau bleibt auch während der Coronakrise bestehen" - mit dieser Botschaft wandte sich jetzt der "Bürgerdialog Stromnetz" in einer Pressemitteilung an die Öffentlichkeit. "Wir gehen davon aus, dass dies eine Reaktion auf die massive Kritik von uns als Gegner der neuen Stromtrassen durch Deutschland ist", sagt Jürgen Herrmann, der stellvertretende Vorsitzende des Vereins "Thüringer gegen Südlink". "Massiv hatten wir eingefordert, dass in Corona-Zeiten die Planungen gestoppt werden, weil eine echte Bürgerbeteiligung bei Kontaktbeschränkungen, geschlossenen Verwaltungen und Versammlungsverboten nicht möglich ist." Einwendungen und Informationen alleine über Internet und Telefon zu regeln, gehe ganz einfach nicht - ebenso könnten ausgefallene Veranstaltungen nicht einfach irgendwann nachgeholt werden, wenn das Verfahren noch weiter gediehen sei. Deshalb wurde letzte Woche ein Antrag bei der Bundesnetzagentur gestellt, um zu erreichen, dass die Planungen auf Eis gelegt werden.

Die Stromnetzbetreiber, die die Trasse planen und bauen wollen, und auch die Bundesnetzagentur als Behörde sehen das anders. Sie haben mehrfach schon auf die Möglichkeit, die Öffentlichkeit alleine online zu beteiligen, verwiesen. Nun also lobt auch der "Bürgerdialog Stromnetz", der zwischen Bund, Stromnetzbetreiber und Bürger vermitteln soll, diese Verfahrensweise.

Gefördert wird die Initiative vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. "Und da das Wirtschaftsministerium maßgeblich den Stromtrassenneubau beschleunigen will, liegt es auf der Hand, dass auch von dieser Seite die Online-Beteiligung jetzt verteidigt wird", so Trassengegner Herrmann aus Fambach.

Online-Veranstaltungen und schriftliche Stellungnahmen sollen laut "Bürgerdialog" vorübergehend ursprünglich geplante Präsenz-Veranstaltungen ersetzen. Gespräche und Veranstaltungen mit Bürgern, organisierten Bürgerinitiativen, Schulen, anderen Bildungsträgern, Industrie- und Handelskammern, Energieversorgern, Stromnetzbetreibern, Politikern, Journalisten etc. fänden in der Coronakrise demzufolge vor allem über das Telefon bzw. per Videokonferenz statt.

Danach arbeite auch die Bundesnetzagentur. Sie hole während der Kontaktbeschränkungen möglichst viele Hinweise schriftlich ein. Träger öffentlicher Belange, Vereinigungen und die Öffentlichkeit könnten so in Verfahren, in denen eine Antragskonferenz anberaumt war, Stellungnahmen einreichen. Mit Flexibilität soll die Coronakrise überbrückt werden, heißt es jedenfalls von Seiten des "Bürgerdialogs".

"Jetzt ist Flexibilität das Gebot der Stunde. Wir sind optimistisch, dass die Krisenfolgen für die gesellschaftliche Partizipation am Stromnetzausbau auf diese Art und Weise minimiert werden", so Hermann Mehlig, der Leiter des "Bürgerdialogs Stromnetz".

Die Stromtrassengegner können dieser Argumentation nichts Gutes abgewinnen - im Gegenteil. "Es geht nicht um Flexibilität in der Krise. Die Corona-Zeit wird ausgenutzt, um die Bürger außen vor zu lassen und trotzdem weiter den Stromnetzausbau beschleunigen zu können", kritisiert Jürgen Herrmann vom Verein "Thüringer gegen Südlink". "Vor allem wird so getan, als geht es um eine vorübergehende Sache."

Weniger gut informiert

Dabei gebe es bereits Bestrebungen, von Seiten des Bundes die Bürgerbeteiligung generell zu digitalisieren. "Also nur noch Telefon und Internet. Das hat Methode - so schafft man es, dass immer weniger Menschen mitbekommen, was gespielt wird."

Trassengegner kritisieren von Anfang an den Bau der Stromtrasse Südlink, deren Notwendigkeit für die Energiewende stark bezweifelt wird. Es gehe nicht darum, Windstrom vom Norden Deutschlands in den Süden zu bringen, sondern um Stromhandel und Geldverdienen durch die Konzerne, heißt es.

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