Schmalkalden - Panzerspähwagen auf der Schmalkalder Salzbrücke, das Divisionshauptquartier in Steinbach-Hallenberg: In den ersten Apriltagen des Jahres 1945 hatte der Krieg die Region erreicht. Die großen Schlachten aber waren längst geschlagen. Auch wenn sich versprengte Wehrmachtseinheiten, geschlagene SS-Rotten und aus Hitlerjungen zusammengewürfelte Haufen noch einmal für einen Waffengang rüsteten, wurde vor 65 Jahren im Raum Schmalkalden wenig gekämpft.

In den Werken der großen Militärhistoriker finden sich wohl nur wenige Details, doch ein Heimatfreund hat viele kleine Steine zusammengetragen und zu einem Puzzle zusammengesetzt: Der Schleusinger Lothar Günther. "Als die Amis kamen" lautet die Dokumentation des pensionierten Ingenieurs, der sich an die Fersen der 11. US-Panzerdivision geheftet hat. Günther (70), betrieb Quellenstudium in Museen und Archiven, den Heimatzeitungen und den elektronischen Medien. Über das Internet fand er die Eingangspforte zu den persönlichen Aufzeichnungen von ehemaligen amerikanischen Soldaten.

Die Divison, die am 4. Mai das Konzentrationslager Mauthausen in Österreich befreit hatte, wurde am 31. August 1945 in dem Alpenstaat deaktiviert.

Es war eine gewaltige Streitmacht mit 10 000 Soldaten, die da am Morgen des 2. April die Grenze von Hessen nach Thüringen, zum heutigen Kreis Schmalkalden-Meiningen, bei Erbenhausen überschritt: Die 11. US-Panzerdivision mit 300 Panzern, 550 weiteren Kettenfahrzeugen, mehr als 1100 Lkw, und mehr als 100 Geschützen, Granatwerfern und Haubitzen. Wie schnell die Rhön überrollt war, hat der Autor minutiös festgehalten: Gegen 7 Uhr rückten die GI in Erbenhausen ein, um 8.37 Uhr in Schafhausen und Gerthausen, um 8.50 Uhr in Helmershausen. Gegen 9 Uhr fielen Wohlmuthausen und Bettenhausen, um 9.15 Uhr Gleimershausen, um 9.30 Uhr Haselbach. Beim weiteren Vorstoß in Richtung Suhl/ Schmalkalden wurde Meiningen über den Raum Untermaßfeld und den kleinen Thüringer Wald umgangen.

Wie erdrückend die materielle Überlegenheit der Amerikaner war, beweist eine Schilderung des damaligen Pfarrers von Bischofrod bei Schleusingen/Themar vom 3. April 1945, die Günther in seinem Buch wiedergibt. "Das Dorf war von Panzern umstellt. In und um Bischofrod lagerten an diesem Tage etwa 300 bis 400 Fahrzeuge." Bischofrod hat übrigens heute 194 Einwohner.

Dass die Amerikaner eine scheinbar hanebüchene Marschrichtung wählten, ist einfach erklärt. Die Routenplaner und Strategen an den Kartentischen lotsten die Truppen zumeist über Wege abseits der Hauptstraßen, an denen die deutschen Truppen Sperren errichtet und Widerstandsnester errichtet haben. So erklärt sich auch, das Steinbach-Hallenberg noch vor Schmalkalden fiel.

Die Hallenburg war für einige Tage so etwas wie die Kommandozentrale der Amerikaner. Am 5. April richteten sie hier den Divisionsstab ein.

Als die Männer mit dem Sternenbanner zwei Tage zuvor Steinbach eroberten, hätten sie fast noch Hans von Obstfelder erwischt. Der Infanteriegeneral, Träger der Schwerter zum Ritterkreuz und somit ein besonders hoch dekorierter Soldat, hatte noch am 1. April Bekannte in Steinbach-Hallenberg besucht. Der Autor stützt sich dabei auf einen Bericht von Martin Usbeck in dieser Zeitung. Was Usbeck, der als Kind den Mann mit den Generalsbiesen erlebte, wohl nicht wusste: Von Obstfelder war offenbar auf dem Weg zum Deutschen Oberbefehlshaber West, dem Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt, der mit seinem Hauptquartier in Reinhardsbrunn lag.

Die einrückenden US-Boys stießen in Steinbach-Hallenberg kaum auf Gegenwehr. Nur am Rathaus und am Arzberg fallen einige Schüsse.

Für die Eroberung von Schmalkalden, bei der kein Blut floss, gibt es zwei Versionen. Im ersten Bericht, auf den sich Günther stützt, schildert die Sekretärin des Nazibürgermeisters, wie sie sich mit ihrem Chef zu einem auf der Salzbrücke stehenden Panzerspähwagen begab. Die amerikanische Besatzung forderte das Oberhaupt auf, die Stadt zu übergeben.

Nach der anderen Variante waren der Bürgermeister und ein Bürger als Parlamentäre den Amerikanern nach Mittelstille entgegengefahren und hatten dort die Modalitäten der Übergabe geregelt.

Oberhof, Suhl, Schleusingen Wasungen und Meiningen wurden dagegen zu Kriegsschauplätzen. Dennoch war die Schlacht um den Thüringer Wald, die vor allem aus kleineren Kampfhandlungen bestand, binnen weniger Tage entschieden.

Auf 232 Seiten hat Lothar Günther alles Wissenswerte aus seinen historischen Fundstücken zusammengetragen. Das alles in der zweiten Auflage seines Buches, die gegenüber der ersten Edition überarbeitet worden ist. Das Werk ist im Verlag Resch im Meininger Druckhaus erschienen. Es kostet 14,80 Euro und kann über den Buchhandel bestellt werden.