Schmalkalden Olé! Konzertabend mit viel Temperament

Lateinamerikanische Rhythmen erklangen am Freitag in der Mehrzweckhalle - Schlagerstar Semino Rossi sang Lieder auf Spanisch.

 
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Schmalkalden - Manchmal reicht es auch, wenn man einfach nur den Sänger mag. Obwohl man fast nichts von dem versteht, was dieser singt. Bei Semino Rossis "Latino-Tour" in Schmalkalden war das so. Es war ein schöner Abend, zogen zwei Damen ihr Fazit, wenn auch "gewöhnungsbedürftig", weil sie die "Schnulzen" lieber hören.

Semino Rossi erfüllt sich mit dieser Tour selbst einen Wunsch. Er will zeigen, dass ein Latino in ihm steckt und dass "Lateinamerika mehr ist als Guantanamera, La Cucaracha und La Paloma", beschreibt er gleich zu Beginn des Konzerts, warum er, der als Schlagersänger im deutschsprachigen Raum bekannt ist, Lieder in seiner Heimatsprache singt. Wobei er sich dabei vor allem Hits anderer Künstler bedient und diese Heimat weit gefasst ist. Aus Argentinien hat er den Tango mitgebracht, den aber nicht Semino, sondern der als Überraschung angekündigte Umberto Buenaventura stimmlich und körperlich auf die Schmalkalder Bühne bringt. Der Mann im schwarzen Anzug und mit schwarzem Hut habe ihn vor 34 Jahren, als er aus Argentinien nach Europa kam, "gezeigt, wie man sein Geld als Straßenmusikant verdienen kann", erzählt Rossi.

Doch auch die beste Interpretation reicht nicht an einen getanzten Tango Argentino heran. Das beweist die zweite Überraschung, Florencia und Guido, Tango-Weltmeister 2013. Keiner im Publikum lässt die Augen von diesen beiden, verfolgt ihre Tanzschritte, spürt das Knistern und hält dabei den Atem an. "Das ist schon eine Augenweide", raunt es aus dem Publikum. Seminos ungelenke Nachahmungsversuche der blitzschnell fliegenden Beine von Guido lassen das Publikum nur mitleidig lachen. Und immerhin war sein Vater Tangotänzer. Fünf bis sechs Stunden Training jeden Tag seien nötig, um diese Perfektion und Präzision zu erreichen und zu halten, erzählt Florencia.

Semino Rossi ist präsent, charmant, witzig, gefühlvoll und unterhält die etwa 500 Zuhörer mit seinem Gesang. Die animiert er bei bekannten Titeln immer wieder zum Mitsingen, Klatschen und Aufstehen. Laut "Guajira" (was übrigens ein kubanischer Musikstil ist) bei "Guantanamera" in die Mehrzweckhalle zu schmettern, ist für viele aber etwas gewöhnungsbedürftig. Da hilft auch seine nette Aufforderung: "Mit Temperamento por favor" nicht viel. Aber ein "Olé" bei dem bekannten Titel "Granada" dazwischenzurufen, gelingt schon besser. Dass die Schmalkalder Männer einer kleinen Sitzchoreografie, bei der die Hände nach links, rechts und als Kreis bewegt werden sollen, nicht folgen wollen, versteht der Argentinier nicht. Diese fordert er bei seinem eigenkomponierten Stück "Quero te con ta mi" (Ich will dich bei mir haben). Dafür kriegt er auch die männlichen Zuhörer dazu, sich vom Sitz zu erheben, als er seine neuen Lieder "Olá Olá" und "Das verflixte siebte Jahr" singt. Letzteres hat in Südthüringen den Ohrwurm-Test bravourös bestanden.

Dass das Konzert so gut ankommt - bei eingefleischten Rossi-Fans, aber auch bei Liebhabern lateinamerikanischer Musik - liegt auch an den zwei Backgroundsängerinnen und den zehn Musikern des Orchesters, die aus der ganzen Welt kommen, unter anderem aus Italien, Bulgarien, Österreich, Puerto Rico und Kuba. Gerade die drei Bläser und Drummer aus Kuba schaffen es, mit ihrer Spielfreude und ihrer Ausstrahlung, Havanna-Feeling nach Schmalkalden zu transportieren. Und natürlich daran, dass Semino Rossi auch spanischsprachige Hits, die man kennt, auf seine Weise interpretiert wie "Bésame Mucho" (Küss mich leidenschaftlich), "Quizás" (Vielleicht), das Eröffnungslied "Sag mir quando, sag mir wann" (im Original von Peter Alexander) und das eingängige "Bamboleo Bambolea" von den Gipsy Kings.

Hätte er neben den überwiegend spanischen Titeln seinen "Türöffner" nicht gesungen, wären ihm seine treuesten Anhänger wohl böse gewesen. Mit "Aber dich gibt’s nur einmal für mich" (im Original von den Nilsen Brothers 1965) hatte Rossi seinen Durchbruch. Dazu muss man sich beim Nachbarn "einhacken", fordert der Sänger, der am 29. Mai seinen 57. Geburtstag feiert, im spanischen Akzent sein Publikum auf, das darüber natürlich lachen muss. Mitten in diesem Evergreen schaltet seine Band auf Salsa-Takt um, aber - keine Sorge - am Ende wird es wieder "klassisch", worum Rossi seine Latino-Musiker zuvor gebeten hatte. Wegen des Songs "Cantinero de Cuba" über einen liebeskranken kubanischen Barkeeper sei er nach Russland, Japan, in die Türkei und nach Griechenland eingeladen worden, erzählt der Künstler, bevor er diese Rumba gefühlvoll interpretiert.

Ganz leise, fast andächtig, wird es, als Semino Rossi den Hit seines österreichischen Freundes Andreas Gabalier "Einmal seh’n wir uns wieder" auf Spanisch singt und beim letzten Lied, "das mich mein ganzes Leben begleitet hat", bei dem er sich selbst mit der Gitarre begleitet: "Ave Maria".

Mehr Fotos von dem Semino-Rossi-Konzert unter www.insuedhueringen.de.

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