Geisa/Rasdorf - Was war sie nun, die DDR? Sie sei ganz klar ein Unrechtsstaat gewesen, betonte Autor Hans-Joachim Föller, der auf Point Alpha gemeinsam mit Herausgeber Dr. Andreas Petersen aus ihrem spannenden Buch "Black Box DDR" las und mit Zuhörern diskutierte. Das, was beide berichteten, mussten viele in der DDR ertragen.

Mit vielen Menschen, insbesondere von Schicksalen durch das DDR-Regime betroffenen, haben die Autoren in der Vergangenheit gesprochen, deren Geschichten in einem eindrucksvollen Band konkret erzählt werden. Mit Hoffnungen, Aufbrüchen, Zufällen, Lieben und Krisen, mit kleinem Glück und brutalem Scheitern. Ein "Erfahrungs-Container" durch vier Jahrzehnte quer durch das "Kollektiv Ost", durch alle Schichten, Berufe, Gruppierungen. Vom geschassten Unternehmer der früheren DDR über die verschollene Tochter Walter Ulbrichts, die, da nicht "linientreu", später "heruntergekommen" in ihrer Wohnung erschlagen aufgefunden wurde und deren Mutter nicht einmal zur Beerdigung kam.

Es geht in den 33 Portraits auch um eine 15-jährige Schülerin, die von der Stasi zwangsverpflichtet wurde, um die Aktion "Ungeziefer" des Ministeriums für Staatssicherheit, durch die Magdalena Riecken ihren Hof verlassen musste, oder um Nonnen im Eichsfeld. Sämtliche Geschichten schildern auf eindrucksvolle Weise, was man den Menschen in der DDR antat und sie zeigen, welches Geistes Kind die SED-Diktatur war. Ab Mitte 1945 waren in elf Speziallagern der sowjetischen Besatzungszone 157 000 Menschen inhaftiert. Bei diesen Lagern handelte es sich teilweise um ehemalige Konzentrationslager. Im Rahmen eines Berichtes wird von einem der Haftkinder, der kleinen Waldtraud, erzählt. Deren Mutter wurde aus Gründen, die sie nie begriffen hatte, vom sowjetischen Militärtribunal zu zehn Jahren Haft verurteilt. Die Tochter kam im Gefängnis zur Welt.

Für viele aus dem Westen habe der hinzugekommene Landesteil nie aufgehört, eine Gesellschaft mit sieben Siegeln zu sein, erklärten Petersen und Föller. Demgegenüber empfände sich ein Teil der Menschen in Ostdeutschland angesichts von Arbeitslosigkeit und Entvölkerung einmal mehr als Verlierer und sei heftig am Verklären. Nach deren Ansicht sei das Leben in der DDR vor allem einfacher, gemeinsamer und sicherer gewesen. Verstehen könne das nur, wer dort gelebt habe und dafür brauche man keine "Westler", so deren Meinung. Doch wie dem Leerlauf aus Abwehr und Arroganz entkommen? Wie stand es denn mit der nicht konformen Anpassung der Menschen an das DDR-Regime und vor allem mit der Freiheit, fragten die Autoren.

Anhand der Berichte verdeutlichten Hans-Joachim Föller und Andreas Petersen, dass es sich bei der DDR um einen Unrechtsstaat gehandelt hat. 625 000 inoffizielle Mitarbeiter waren bereit, ihre Mitmenschen, ja sogar engste Familienmitglieder zu bespitzeln. Politiker im Osten hätten es nach Stasi-Methode nach 1989 gut verstanden, dass sich die Menschen in der ehemaligen DDR in einer "Verliererrolle" fühlen. Vieles werde auf die Stasi abgeschoben, doch würden auch jene Schuld tragen, die sie installierten.

Aber auch im Westen bedürfe es der Aufklärung, insbesondere was hier die Stasi-Mitarbeit betreffe, denn diese funktionierte sehr gut. Und noch heute säße die "Stasi-Seilschaft" in wichtigen Funktionen, bedauerten auch Zuhörer. Der stellvertretende Vorsitzende der Interessengemeinschaft ehemaliger DDR-Flüchtlinge e. V. berichtete von seiner Stasi-Akteneinsicht. Demzufolge sei man nach seiner Ausreise in den Westen jeweils einen Tag später in der DDR über seine "Bewegungen" informiert gewesen. bh