Gerald Ullrich (FDP) aus Floh-Seligenthal jubelte. "Wir haben zu klein gewählt", scherzte er mit Blick auf das Erfurter Lokal, in dem die Liberalen am Abend feierten. "Der Montag wird für mich auf jeden Fall ein schöner Tag. Entweder ich fahre nach Berlin und mache meinen Job. Oder ich fahre in die Körler Straße im Gewerbegebiet und erledige meine Arbeit." So entspannt habe er selten einer neuen Woche entgegengesehen. Der große Wermutstropfen in dem Freudenbecher sei das Abschneiden der AfD. Es werde große Auseinandersetzungen geben. "An der FDP kann es aber nicht gelegen haben."
Der Wahlsonntag hatte in Schmalkalden und Umgebung sehr gemächlich begonnen. Die meisten Menschen, die am Morgen, gegen 9 Uhr, in der Fachwerkstadt unterwegs waren, besorgten sich frische Brötchen vom Bäcker. Gegen Mittag wurde es deutlich lebendiger. Nach Beendigung des Erntedankgottesdienstes bildeten sich im Wahllokal in der Bibliothek sogar kleine Menschentrauben. Auch hochaltrige Bürger nutzten die Chance, dem Kandidaten ihrer Wahl die Stimme zu schenken. Darunter waren etliche Menschen über 90 Jahre.
Wähler vor 8 vor der Tür
In Floh-Seligenthal konnten es einige ganz eifrige Bürger gar nicht erwarten, ihre Stimme abzugeben. "Da standen einige Wähler schon vor acht Uhr vor der Tür und wollten, dass es endlich losgeht", sagte Thomas Holland-Nell von der Gemeinde-Wahlleitung. In einigen Wahllokalen wurden die ersten Wähler Augenzeugen, dass alles rechtens ist. Sie konnten einen Blick in die leeren Urnen werfen. In der Großgemeinde zeichnete sich eine gute Wahlbeteiligung ab. Fast 800 Frauen und Männer hatten von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch gemacht.
In Brotterode-Trusetal war der Anteil der Briefwähler ebenfalls sehr hoch. "Etwa 15 Prozent", sagte Wahlleiter Thomas Henkel. "So viele waren es noch nie." Henkel berichtet von einem ruhigen Wahltag. Es habe keine Störungen gegeben.
So schildert auch Silke Röser den Wahltag in Steinbach-Hallenberg. Die Wahlbeteiligung habe bei mehr als 50 Prozent gelegen, sicher auch, weil das Wetter stabil geblieben sei. "Unsere Wahllokale sind gut besucht", sagte sie am späten Nachmittag. Röser hatte zuvor mit Bürgermeister Christian Endter die Wahllokale besucht und den vielen Helfern gedankt.
Viele Briefwähler: So lautet die Zwischenbilanz von Christina Wolke aus der Breitunger Wahlleitung. Gleichwohl könnte die Werratalgemeinde für lokale Altersrekorde gesorgt haben. Die älteste Wählerin, die ein Wahllokal betreten hat, ist 101 Jahre, die zweitälteste 97 Jahre alt.
Floh-Seligenthals Bürgermeister Ralf Holland-Nell (CDU) sagte nach Vorlage des Bundestrends: "Es gibt insgesamt nichts zu beschönigen. Wir müssen uns fragen, warum sich die einfachen Menschen bei uns nicht mehr aufgehoben fühlen und zur AfD rennen. Das gehört aufgearbeitet."
Am Rande der Wahlen gab es einige lustige Episoden:
Dass man sich bei freien Wahlen nicht einfach den Wahlort auswählen kann, hat eine Frau aus Breitungen erfahren. Sie wollte in Schmalkalden ihre Stimme abgeben, da sie angenommen hat, dass man auch am Arbeitsort wählen kann. Die Wahlleitung erklärte ihr, dass dies leider nicht möglich sei.
In Breitungen wiederum sind zwei Wähler aus Fambach abgewiesen worden. Das Duo wollte partout nicht die Stimme im eigenen Ort abgeben und zeigte sich hartnäckig. Doch der "Wahl-Kampf" blieb ohne Erfolg. Sechs Breitunger hatten am Wahltag Geburtstag.
Im Breitunger Gartenlokal Liesbeth hatte Wirt Stefan Köhler spontan eine Wahlparty für 17 Uhr angesetzt. Am Morgen hatten sich zwei "Exilbreitungerinnen", die in Berlin leben, eingefunden. Darunter ist die ehemalige Pressesprecherin der Grünen-Politikerin Renate Künast. "Wenn die über zehn Prozent kommen, gibt's 'Grüne Wiese'", verriet Köhler am Mittag.
Die Stadtverwaltung Schmalkalden hatte eine Stärkung für ihre Wahlhelfer bestellt. Caterer bewirteten die Helfer mit belegten Brötchen. 450 Sandwiches waren geordert.
Für eine süße Geste sorgte Margot Platta: Die Inhaberin von "Kanter's Café" in Herges-Hallenberg hat den Wahlhelfern eines Wahllokals eine Torte spendiert.
Doch es gab auch traurige Nachrichten: In einer Kommune der VG Haselgrund (Viernau) musste das Wählerverzeichnis noch einmal korrigiert werden. Eine Wählerin war verstorben.