Schmalkalden-Meiningen Hauptmann verteidigt Direktmandat

Thomas Heigl

Mark Hauptmann wird Südthüringen voraussichtlich weiter im Bundestag vertreten. Er lag um 20 Uhr im Wahlkreis 196 (Schmalkalden-Meiningen) deutlich in Führung. Platz 2 ging an Torsten Ludwig. Um Rang drei kämpften Steffen Harzer (Die Linke) und Christoph Zimmermann (SPD).

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Schmalkalden-Meiningen - Der voraussichtliche Wahlsieger Mark Hauptmann (CDU) wollte bei Redaktionsschluss trotz eines großen Vorsprungs noch nicht jubeln. "Da kann noch viel passieren", sagte der CDU-Politiker, der am späten Nachmittag in Schmalkalden spazieren gegangen war. "Dennoch bin ich mit meinem Abschneiden zufrieden und danke meinem Team." Leider habe die AfD sehr stark abgeschnitten, in einer Stadt wie Brotterode-Trusetal sogar noch besser. Es gebe in den nächsten Wochen viel zu tun, um die Ursachen zu ergründen. Er habe sich eine bessere Wahlbeteiligung gewünscht. "Die AfD-Wähler haben 1:1 ihren Kandidaten und ihre Partei gewählt."

Harzer fassungslos

Steffen Harzer (Die Linke) zeigte sich fassungslos. "Ich bin enttäuscht und teilweise schockiert. Ich kann nicht fassen, dass ein AfD-Kandidat diese Resonanz bekommt. Diese Partei ist rassistisch und rechtsradikal." Womöglich gehe es einigen Leuten nur darum, dass "der Araber weg ist." Er müsse aber erst eine Nacht darüber schlafen, sagte Harzer.

"Es ist ein riesiger Zugewinn für unsere Partei, das muss man erst einmal schaffen", sagte Torsten Ludwig, Direktkandidat der AfD, der auf dem Weg zu einem Umtrunk im privaten Rahmen in Sonneberg war. "Schuld sind aber nicht nur wir mit unserer Politik, sondern es ist auch eine ganze Menge Protest der Wähler gegenüber den anderen Parteien dabei. Wäre die etablierte Politik nicht so schlecht, dann würde es uns ja gar nicht geben. Das müssen sich die anderen Parteien hinter die Löffel schreiben." Ludwig freute sich "sehr" über sein eigenes Ergebnis. "Das war für mich ein innerlicher Anspruch, vor dem Kandidaten der Linken zu liegen. In Hildburghausen habe ich gegen Harzer gewonnen. Das ist bezeichnend, dass der ehemalige Bürgermeister keinen Stich gesehen hat." Wie es für ihn weitergehe "das werden wir sehen, wenn es soweit ist", sagte Ludwig. "Aktiv bleibe ich auf jeden Fall. Ich werde laut meine Meinung sagen und die AfD-Politik in Südthüringen vertreten."

Für den SPD-Kandidaten Christoph Zimmermann ist das Wahlergebnis mit dem "erschreckenden AfD-Erfolg" Mahnung und Auftrag zugleich. Er halte es für absolut richtig, dass seine Partei jetzt in die Opposition gehe. "Die SPD muss sich jetzt von Grund auf erneuern", betonte der Breitunger, der mit 24 Jahren als jüngster Direktkandidat im Wahlkreis Schmalkalden-Meiningen, Sonneberg, Hildburghausen und Suhl ins Rennen ging. Die Sozialdemokraten müssen seinen Worten zufolge schleunigst einen Modernisierungskurs einschlagen. "Wir, aber genauso alle anderen demokratischen Parteien müssen darüber reden, wie die Menschen wieder stärker erreicht werden können." Das Wahlergebnis zeige, wie weit die Protest-Stimmung und die Frustration in der Bevölkerung verbreitet sei. Für ihn selbst endet mit der gescheiterten Kandidatur aber nicht das politische Engagement. Zimmermann will zur Bundestagswahl in vier Jahren erneut seinen Hut in den Ring werfen.

Gerald Ullrich (FDP) aus Floh-Seligenthal jubelte. "Wir haben zu klein gewählt", scherzte er mit Blick auf das Erfurter Lokal, in dem die Liberalen am Abend feierten. "Der Montag wird für mich auf jeden Fall ein schöner Tag. Entweder ich fahre nach Berlin und mache meinen Job. Oder ich fahre in die Körler Straße im Gewerbegebiet und erledige meine Arbeit." So entspannt habe er selten einer neuen Woche entgegengesehen. Der große Wermutstropfen in dem Freudenbecher sei das Abschneiden der AfD. Es werde große Auseinandersetzungen geben. "An der FDP kann es aber nicht gelegen haben."

Der Wahlsonntag hatte in Schmalkalden und Umgebung sehr gemächlich begonnen. Die meisten Menschen, die am Morgen, gegen 9 Uhr, in der Fachwerkstadt unterwegs waren, besorgten sich frische Brötchen vom Bäcker. Gegen Mittag wurde es deutlich lebendiger. Nach Beendigung des Erntedankgottesdienstes bildeten sich im Wahllokal in der Bibliothek sogar kleine Menschentrauben. Auch hochaltrige Bürger nutzten die Chance, dem Kandidaten ihrer Wahl die Stimme zu schenken. Darunter waren etliche Menschen über 90 Jahre.

Wähler vor 8 vor der Tür

In Floh-Seligenthal konnten es einige ganz eifrige Bürger gar nicht erwarten, ihre Stimme abzugeben. "Da standen einige Wähler schon vor acht Uhr vor der Tür und wollten, dass es endlich losgeht", sagte Thomas Holland-Nell von der Gemeinde-Wahlleitung. In einigen Wahllokalen wurden die ersten Wähler Augenzeugen, dass alles rechtens ist. Sie konnten einen Blick in die leeren Urnen werfen. In der Großgemeinde zeichnete sich eine gute Wahlbeteiligung ab. Fast 800 Frauen und Männer hatten von der Möglichkeit der Briefwahl Gebrauch gemacht.

In Brotterode-Trusetal war der Anteil der Briefwähler ebenfalls sehr hoch. "Etwa 15 Prozent", sagte Wahlleiter Thomas Henkel. "So viele waren es noch nie." Henkel berichtet von einem ruhigen Wahltag. Es habe keine Störungen gegeben.

So schildert auch Silke Röser den Wahltag in Steinbach-Hallenberg. Die Wahlbeteiligung habe bei mehr als 50 Prozent gelegen, sicher auch, weil das Wetter stabil geblieben sei. "Unsere Wahllokale sind gut besucht", sagte sie am späten Nachmittag. Röser hatte zuvor mit Bürgermeister Christian Endter die Wahllokale besucht und den vielen Helfern gedankt.

Viele Briefwähler: So lautet die Zwischenbilanz von Christina Wolke aus der Breitunger Wahlleitung. Gleichwohl könnte die Werratalgemeinde für lokale Altersrekorde gesorgt haben. Die älteste Wählerin, die ein Wahllokal betreten hat, ist 101 Jahre, die zweitälteste 97 Jahre alt.

Floh-Seligenthals Bürgermeister Ralf Holland-Nell (CDU) sagte nach Vorlage des Bundestrends: "Es gibt insgesamt nichts zu beschönigen. Wir müssen uns fragen, warum sich die einfachen Menschen bei uns nicht mehr aufgehoben fühlen und zur AfD rennen. Das gehört aufgearbeitet."

Am Rande der Wahlen gab es einige lustige Episoden:

Dass man sich bei freien Wahlen nicht einfach den Wahlort auswählen kann, hat eine Frau aus Breitungen erfahren. Sie wollte in Schmalkalden ihre Stimme abgeben, da sie angenommen hat, dass man auch am Arbeitsort wählen kann. Die Wahlleitung erklärte ihr, dass dies leider nicht möglich sei.

In Breitungen wiederum sind zwei Wähler aus Fambach abgewiesen worden. Das Duo wollte partout nicht die Stimme im eigenen Ort abgeben und zeigte sich hartnäckig. Doch der "Wahl-Kampf" blieb ohne Erfolg. Sechs Breitunger hatten am Wahltag Geburtstag.

Im Breitunger Gartenlokal Liesbeth hatte Wirt Stefan Köhler spontan eine Wahlparty für 17 Uhr angesetzt. Am Morgen hatten sich zwei "Exilbreitungerinnen", die in Berlin leben, eingefunden. Darunter ist die ehemalige Pressesprecherin der Grünen-Politikerin Renate Künast. "Wenn die über zehn Prozent kommen, gibt's 'Grüne Wiese'", verriet Köhler am Mittag.

Die Stadtverwaltung Schmalkalden hatte eine Stärkung für ihre Wahlhelfer bestellt. Caterer bewirteten die Helfer mit belegten Brötchen. 450 Sandwiches waren geordert.

Für eine süße Geste sorgte Margot Platta: Die Inhaberin von "Kanter's Café" in Herges-Hallenberg hat den Wahlhelfern eines Wahllokals eine Torte spendiert.

Doch es gab auch traurige Nachrichten: In einer Kommune der VG Haselgrund (Viernau) musste das Wählerverzeichnis noch einmal korrigiert werden. Eine Wählerin war verstorben.

Bilder