200 Meter lange Stollen
Der höchstens 22 Zentimeter große Maulwurf legt eine beachtliche Lebensleistung an den Tag. Mit seinen Grabscheiten schaufelt er bis zu 200 Meter lange Stollen. Tagtäglich unternimmt er mehrere Patrouillengänge durch seine tiefergelegte Wohnung, die bis zu einem Meter unter der Grasnarbe liegen kann. Dabei klaubt er vorzugsweise Gewürm zusammen, das von der Decke gefallen ist. Der Kellermeister ist ein Fleischkonsument. "Er nimmt keine pflanzliche Nahrung zu sich", sagte Experte Haase.
Dass der putzige Bursche einst als Reißteufel galt, der angeblich Wild erlegte, wirkt schon angesichts seines schmächtigen Körperbaus als haarsträubend. Doch möglicherweise sahen einige Händler ihre Felle ohne diese Mär davonschwimmen. Der Maulwurf war, so kurios das klingt, ein begehrtes Pelztier. Ganze Mäntel wurden zusammengenäht. Heute ist das strafbar, wer es doch täte, bekäme juristisch das Fell gegerbt. "Die Mäntel gibt es noch, aber nur als Antiquitäten", sagt Haase. "Der Maulwurf ist schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter Schutz gestellt worden und heute ist das auch noch so."
Denn es gebe immer mal wieder Anfragen im Landratsamt, ob man denn nicht eine Ausnahme machen könne und gestattete, einen Maulwurf zu bekämpfen. Der mache schließlich den schönen Rasen kaputt, richte durch den Erdbau erhebliche optische Schäden an.
"Wir erteilen keine Genehmigungen, einen Maulwurf zu töten", so Haase. Es gibt aber Ausnahmen, etwa, wenn er durch seine Schaffenskraft Fußballfelder umpflügt. "Dann ließe ich mit mir reden, um ihn vielleicht zu fangen", sagte der Fachmann. Aber zuvor müsse man versuchen, ihn mit bestimmten Mitteln zu vergrämen. Die strömen einen Duft aus, der ihm nicht behagt; der Maulwurf macht sich vom Acker. Doch sehr oft ist der Maulwurf gar kein Maulwurf, sondern ein anderer tierischer Gräber. Die Schermaus, die ebenfalls in Gärten unterwegs ist und in der Pflanzenwelt ihr zerstörerisches Werk verrichtet. Die Nager bilden ganze Clans, fressen Blumen & Co. von unten an.
Der Fachmann erkennt bei Inaugenscheinnahme an Ort und Stelle, wer hier schaufelt. Der Maulwurf errichtet kegelförmige Bauten mit Löchern in der Mitte. Die Maus, die übrigens nicht unter Naturschutz steht und gefangen werden darf, schippt mehr zur Seite weg. Für Laien sei das nicht immer so einfach erkennbar, so Haase. "Ich bitte ausdrücklich, sich immer zu vergewissern, um welches Tier es sich handelt", so Haase. "Sprengmittel oder ähnliche Substanzen einzusetzen, geht in keinem Fall. Es mit dem Vergrämen zu versuchen, ist immer gut."
Der Naturschutzbund Nabu, der jedes Jahr einen Federkleidträger zum "Vogel des Jahres" erhebt, findet die Auswahl der Kollegen passend. "Man kann sich über einen Maulwurf einfach nur freuen. Seine Anwesenheit zeigt, dass es im Boden zahlreiche Kleinlebewesen gibt, die er als Nahrung nutzt, und der Boden ökologisch gesund ist", sagte Jürgen Ehrhardt vom Nabu Thüringen der Lokalredaktion. Er bezeichnet den Maulwurf liebevoll als "Erdwerfer". Obwohl er unter Schutz stehe, werde ihm nachgestellt und oft wird er sogar getötet. "Die Wahl zum Tier des Jahres hat er mehr als verdient. Auch wenn ihn Gartenbesitzer wegen seiner Haufen nicht gerade lieben - er vertilgt jede Menge Schnecken, Engerlinge, Schnakenlarven und ist ein Nützling im Garten", so Ehrhardt.
Und wenn der Herr der Hügel mal wieder mächtig aufgetragen hat? Dann solle man das alles ganz locker nehmen, findet Stiftungssprecherin Calvi. Die ganze Sache dürfte sich biologisch relativ rasch erledigen. Maulwürfe werden höchstens drei Jahre alt. "Und die seien ihm doch wenigste ns gegönnt, oder?"