Superintendentin Beate Marwede versteht die angekündigte Aufhebung des Lockdowns durchaus nicht als Rückkehr zum früheren Alltag: "Der Ministerpräsident gibt nur die Verantwortung für Corona-Maßnahmen an die Landkreise weiter. Es ist fatal, dass manche Leute das jetzt so deuten, als ob alles wieder geöffnet würde. Das ist ja nicht so!", betont sie. "Bei kirchlichen Angelegenheiten versuchen wir, einen Konsens zu finden, und beachten dabei, was der Landkreis uns vorgibt. Möglich sind im Moment im Wesentlichen Gottesdienste und gottesdienstähnliche Veranstaltungen sowie Sitzungen, um unseren Pflichten als Körperschaft des öffentlichen Rechts nachzukommen. Dabei ist es für uns ganz wichtig, auch weiterhin die Abstandsregeln einzuhalten", stellt Beate Marwede klar. Die jüngsten Neuinfektionen an verschiedenen Orten des Landes hätten gezeigt, "dass wir insgesamt vorsichtig bleiben müssen. Wir werden das im kirchlichen Bereich weiter beachten. Es wäre doch sehr bitter, wenn wir durch Leichtfertigkeit zu einem Corona-Hotspot würden. Wir wollen wieder Gottesdienste feiern, aber wir müssen dann auch verstärkt aufeinander achten."
Christina Albrecht , Leiterin der Regelschule Am Kiliansberg, sieht die Sicherheit der Thüringer gefährdet: "Ich bin der Meinung, die Sicherheit jedes Einzelnen muss im Vordergrund stehen. Jeder muss dafür die Verantwortung übernehmen." Letztlich ginge es dabei immer um die Balance zwischen Freiheit und Verantwortung. "Inwieweit die Verantwortung vom Einzelnen wahrgenommen wird, wird sich zeigen", so Albrecht weiter. Würde Thüringen die Corona-Beschränkungen lockern, wird der Rektorin zufolge die Verantwortung an die Betroffenen, also an alle Thüringer, übergeben. "Aber sind wir in der Lage, diese zu übernehmen?"
Der Schulleiter des Henfling-Gymnasiums Meiningen, Olaf Petschauer , hält eine Aufhebung des Lockdowns für verfrüht: "Wir können uns das aus jetziger Sicht an unserer Schule nicht vorstellen." Dabei bringt er die Frage ins Spiel, ob man die Einschränkungen an dem Gymnasium dann lockern muss oder kann . Petschauer zufolge führt das Aufheben der Maßnahmen zu einem unkalkulierbaren Risiko, das er nicht eingehen wird: "Das Infektionsrisiko wäre an einer Schule, wo sich über 100 Schüler begegnen, zu hoch." Er plädiert dagegen für mehr Vorlaufzeit, in der sich die Schüler an die Maßnahmen gewöhnen können. "Gebote brauchen Zeit, bis sie verinnerlicht werden. Und diese Zeit war bis hierher zu kurz. Wir können von Kindern nicht erwarten, dass sie rational Dinge umsetzen, die man ihnen sagt. Das geht nur durch Wiederholung, Vormachen und Ermahnung." Dieser Automatisierungsprozess sei aktuell allerdings noch in vollem Gange; manche Schüler seien erst in der kommenden Woche zum ersten Mal nach der Corona-Pause wieder im Schulgebäude unterwegs. Am Anfang gebe es für die "Neulinge" Eingangskontrollen, aber diese könnten lediglich eine gewisse Zeit stattfinden. Im Allgemeinen tragen laut Petschauer die Schüler zwar Masken und halten Abstand, "aber wir Lehrer müssen noch regulierend eingreifen." Im nächsten Schuljahr könne er sich allerdings eine Lockerung vorstellen. rwm/any/sig/mk