Vor allem die psychische Gewalt sei zunächst für manche Betroffene nicht richtig einzuschätzen. Gewalt also, die nicht mit Händen oder Fäusten ausgetragen wird. Es sind Verhaltensweisen, mit denen einer dem anderen emotionales Leid zufügt. Es ist schwer nachzuweisen, aber nicht minder gefährlich als Schläge. Beschimpfungen, Drohungen, Erniedrigungen, Ignoranz und Liebesentzug - dominantes Verhalten, das den anderen "klein hält", dessen Selbstvertrauen und dessen Achtung vor sich selbst zerstört.
Momentan sind sieben der acht Plätze im Meininger Frauenhaus belegt. "Doch auch wenn wir im Haus keinen Platz mehr haben sollten: Wir raten betroffenen Frauen, uns anzurufen oder bei der Polizei. Wir finden ganz sicher eine Lösung!", so Maria Heß weiter. "Wir führen auch ambulante Beratungen durch. Viele Frauen haben ähnliche Erfahrungen - Betroffene stehen nicht allein! Und vor allem wollen wir ihnen das Gefühl nehmen, dass sie schuld seien an der häuslichen Gewalt-Situation. Nichts rechtfertigt Gewalt von Männern an Frauen!"
Maria Heß weiß, dass es den betroffenen Frauen immer schwerfällt, im Frauenhaus anzurufen. Deshalb bittet sie Nachbarn und Bekannte, gerade jetzt in einer Zeit, in der soziale Kontakte auf ein Minimum zu beschränken sind, "Augen und Ohren auf zu haben" gerade mit Blick auf jenes Gegenüber, bei dem schon früher immer mal lautstark Streit zu vernehmen war. "Auch wenn Sie sich unsicher sind - rufen Sie uns, die Polizei oder die Interventionsstelle Hanna an!"
Betroffene Frauen wollen oft zu Hause in den eigenen vier Wänden bleiben und wünschen sich einen Auszug des Partners. Die Polizei kann diesen "wegweisen für zehn Tage, in denen die Frau überlegen kann, wie es weitergehen soll". Heß weiter: "Über das Gewaltschutzgesetz kann die Frau per Eilantrag bei Gericht aber auch die Zuweisung einer anderen Wohnung für sich und die Kinder beantragen." Das dauert ein, zwei Tage. "Dann hat die Frau ein halbes Jahr Zeit, sich über ihren weiteren Weg Gedanken zu machen."