Meiningen Einfach Wählen vor dem Wahltermin

Wählen gehen schon vor dem Wahltermin ist keine Hexerei. Per Briefwahl lässt sich in Meiningen schon heute direkt im Bürgerbüro oder aber daheim im Wohnzimmer abstimmen. Ein Selbstversuch.

 
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Meiningen - In der DDR war "Wählen" eine verdammt einfache Sache: Rein ins Wahllokal, Ausweis zücken, Zettel bekommen, Zettel falten, Zettel einwerfen. Ruckzuck waren die Kandidaten der Nationalen Front gewählt. Den Umweg über die Wahlkabine sparten sich die meisten. Hätte auch nur Ärger eingebracht. Das ging schnell, war praktisch - und eine undemokratische Farce, Wahlbetrug inklusive. Ohne einen solchen wären Ergebnisse wie zur Volkskammerwahl am 6. Juni 1986 von 99,94 Prozent bei einer 99,74-prozentigen Wahlbeteiligung wohl auch undenkbar gewesen. Mit Grauen erinnere ich mich an die gefälschte Kommunalwahl 1988, bei der ich an der Uni in Dresden meinen "Zettel falten" musste.

Wahl-Zeiten

Das Bürgerbüro der Stadt Meiningen, Schlossplatz 1, hat zu folgenden Zeiten geöffnet:

Mo, Fr 7.30 - 16 Uhr

Di, Do 7.30 - 19 Uhr

Mi 7.30 - 13 Uhr

jeden 1. Sa 9 - 13 Uhr

Zusätzlich hat das Bürgerbüro am Freitag, 22. September, von 7.30 - 18 Uhr geöffnet.

Tel. 03693/45 45 45

Fax 03693/45 45 99

E-Mail buergerbuero@meiningen.de

Der Wahlbrief muss der Gemeinde so rechtzeitig übersandt werden, dass er spätestens am 24. September bis 18 Uhr bei der auf dem Wahlbriefumschlag angegebenen Stelle vorliegt. Wenn der Wahlbriefumschlag über die Deutsche Post AG innerhalb Deutschlands zurückgesendet wird, muss dieser mit einer Briefmarke freigemacht werden. Alternativ zum Postversand kann der Wahlbrief auch direkt bei der auf dem Wahlbriefumschlag angegebenen Stelle, dem Bürgerbüro, abgegeben werden. In jedem Fall trägt der Wähler das Risiko, dass der Wahlbrief rechtzeitig bei der zuständigen Gemeinde eingeht. Verspätet eingegangene Wahlbriefe können bei der Stimmenauszählung nicht mehr berücksichtigt werden.

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www.meiningen.de

Kein Wunder, dass im Wendeherbst 1989 auf den Meininger Demos die Forderung nach freien Wahlen auf vielen Plakaten stand und aus vielen Kehlen schallte, auch aus meiner. Keine einzige Wahl habe ich seitdem verpasst, immer meine Stimme abgegeben, auch wenn das nicht immer einfach war. Demokratie ist anstrengend, aber tatsächlich alternativlos.

In all den Wahljahren habe ich leider verdammt viele Ausreden gehört, warum der eine oder die andere nicht zur Wahl gegangen sind: Ausflugswetter, Dauerregen, Urlaub ... bis hin zu Frust auf Politik im Allgemeinen und Politiker im Besonderen. Die ersten Begründungen zählen nicht, weil es die Briefwahl gibt. Und die letzten ebensowenig, denn wer nicht wählen geht, wählt garantiert die Falschen!

Um am 24. September frei zu sein vom Druck, meine beiden Stimmen abgeben zu müssen, habe ich mich dieser Tage auf den Weg gemacht ins Bürgerbüro der Meininger Stadtverwaltung. Dort kann man die Briefwahlunterlagen beantragen oder gleich vor Ort per Briefwahl abstimmen. Seit dem 4. September ist das möglich. Und schon über 2000 Wahlberechtigte haben unterdessen die Unterlagen angefordert.

Wer daheim in aller Ruhe seine zwei Kreuzchen machen möchte, kann die erforderlichen Briefwahlunterlagen auf verschiedenen Wegen beantragen. Da wäre der klassische Weg mit dem Formular auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung, die in diesem Jahr erstmals keine Karte ist, sondern ein normaler Brief im A 4-Format. Das Formular kann man ausgefüllt per Post an die Stadt schicken oder direkt im Bürgerbüro abgeben. Über die Stadt-Homepage geht die Beantragung auch online. Wer mit seinem Smartphone auf Du und Du ist, kann den QR-Code (das pixelige schwarze Quadrat rechts oben) auf der Wahlbenachrichtigung scannen und gelangt damit direkt auf das Antragsformular. In dem sind schon alle persönlichen Daten eingetragen, nur die eigene Unterschrift fehlt noch. Und wem das alles zu schwer ist oder wer keine Zeit hat, sollte einen Dritten schriftlich bevollmächtigen. Für Jeden und jede Altersgruppe ist also etwas im Angebot.

Auch wenn ich so alt noch nicht bin, habe ich mich für die klassische Sofort-Wählen-Version entschieden. Ausgestattet mit Personalausweis und meiner Wahlbenachrichtigung bin ich ins Bürgerbüro gegangen. Mitarbeiterin Susanne Ambrasas hat mir dort gut verständlich erklärt, was ich mit den Zetteln und Umschlägen alles anstellen muss, um am Ende eine gültige Stimme abgeben zu können. Einen Erklärzettel gibt es gratis dazu. Das hört sich vielleicht kompliziert an, ist es aber nicht.

Als klar war, dass ich wirklich ich bin, musste ich den Wahlschein unterschreiben. Damit habe ich - vereinfacht gesagt - bestätigt, dass ich nicht Gaga bin und weiß, was ich tue. Der Wahlschein kommt dann schon einmal wohl gefaltet in den etwas größeren roten Wahlbriefumschlag. Achtung, den noch nicht gleich zukleben! Denn der kleinere grau-blaue Umschlag muss mit meinem ausgefüllten Stimmzettel dort noch hinein.

Doch zuerst geht's mit beiden Umschlägen in eine Wahlkabine. Drei Stück gibt es im Bürgerbüro. Die beiden großen haben ein kreisrundes Loch in Gürtelschnallen-Höhe unterhalb des inneren Schreibpults bekommen. Nicht, damit die Damen im Bürgerbüro mitkriegen, wo ich meine Kreuzchen mache. Das Loch wurde reingesägt, um sehen zu können, ob die Kabine schon wieder frei ist. Das erspart rufende Nachfragen, Reinschauen ist ja nicht erlaubt ... Wahlgeheimnis.

Ich entscheide mich für das Tischmodell ohne Loch.

Anders als bei der letzten Kommunalwahl hat der Stimmzettel für unseren Bundestagswahlkreis 196 kein Tischdecken-Format. Links habe ich bei der sogenannten Erststimme die Wahl zwischen zehn Kandidaten, die den Bereich Suhl-Schmalkalden-Meiningen-Hildburghausen-Sonneberg direkt im neuen Bundestag vertreten wollen. Rechts ist die Spalte mit der keineswegs unwichtigeren Zweitstimme. Das dort gesetzte Kreuz hat maßgeblichen Einfluss auf die Zusammensetzung des neuen Bundestages. Hier kann ich in Thüringen zwischen 15 Parteien wählen. Ich vermisse die Magdeburger Gartenpartei und die Sozialistische Gleichheitspartei, deren Fernseh-Wahlspots sind so "herrlich" ...

Also, schnell meine Kreuzchen gemacht. Wo, wollen Sie wissen? Na ja, so weit geht meine Offenheit an dieser Stelle nun doch nicht ...

Den ausgefüllten Stimmzettel muss ich im Anschluss so falten, dass er in den kleineren grau-blauen Umschlag passt. Reinstecken und zukleben. Dann diesen sogenannten Stimmzettel-Umschlag in den etwas größeren roten Wahlbrief-Umschlag eintüten und ebenso zukleben. Dazu steht in der Bürgerbüro-Wahlkabine ein Klebestift. Die eigene Zunge kann ich daher dort lassen, wo sie hingehört. Raus geht's aus der Kabine also nur noch mit dem gut verschlossenen roten Wahlbrief-Umschlag. Die Wahlurne steht nur wenige Meter weiter. Einwerfen. Fertig.

Schneller und einfacher geht es wirklich nicht. Und wer nicht so trödelt wie ich, ist in fünf Minuten wieder draußen und kann den Einkaufsbummel in der City fortsetzen. Fünf Minuten, die für eine lebendige Demokratie wichtig sind, egal, wo man seine Kreuzchen macht.

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