Meiningen - Friedrich von Bodenstedt entstammte einer bürgerlichen Familie im niedersächsischen Peine, war an vielen Orten tätig und erlangte außer als Lehrer vor allem als Übersetzer, Schriftsteller und als Meininger Theaterintendant deutsche Bekanntheit. Mit seinen Beiträgen über "William Shakespeare und seine Zeitgenossen" und seiner orientalischen Sammlung "Die Lieder des Mirza Schaffy" ging er dauerhaft in die deutsche Literaturgeschichte ein. In Meiningen wurde er für seine Verdienste in den Adelsstand erhoben. Heute erinnert hier am Pflegeheim Haus Bernhard gegenüber dem Theater eine Gedenktafel an ihn: Im Vorgängerbau - einem repräsentativen klassizistischen Privathaus - wohnte Friedrich von Bodenstedt von 1867 bis 1869.

Bodenstedt wurde am 22. April 1819 in Peine geboren. Seine Mutter war eine geborene Johanne Dorothee Düvel. Sein Vater war als Brauer zu Wohlstand gelangt, ermöglichte ihm Unterricht durch Hauslehrer und orientierte ihn auf eine Ausbildung zum Kaufmann. Der Sohn besuchte zu diesem Zweck in Braunschweig eine Handelslehranstalt, betrieb nebenbei seine autodidaktische Weiterbildung in den Geisteswissenschaften sowie Sprachen und wechselte nach dem Braunschweiger Abschluss nach Göttingen, wo er Geschichte, Philosophie und Sprachen studierte. Dazu kamen die Beschäftigung mit Literatur und das Interesse für fremde Länder. Da kam es ihm entgegen, dass er 1840 als Hauslehrer nach Moskau vermittelt wurde. Dort widmete sich Bodenstedt zusätzlich der russischen Sprache, Geschichte und Literatur. Das mündete in zahlreichen Übersetzungen von russischen Volksliedern und Werken von Schriftstellern wie Puschkin und Lermontow. 1844 erhielt er eine Anstellung am Gymnasium in Tiflis im Kaukasus. Er bereiste die Bergregion, erlernte die Sprachen und erschloss sich die orientalische Literatur.

Nach seiner Rückkehr nach Deutschland entstanden 1849 auf dieser Grundlage zwei Bände "Tausend und ein Tag im Orient". Mittendrin seine "Lieder des Mirza Schaffy", die ihn schlagartig bekannt machten. Sie erlebten in der Folge mit Übersetzungen rund 160 Auflagen, bescherten dem Autor finanzielle Unabhängigkeit und gelten bis heute als "die erfolgreichste und populärste orientalische Veröffentlichung des 19. Jahrhunderts".

Anschließend unternahm er unter Anleitung von Friedrich List in München nationalökonomische Studien. Es folgten eine Italienreise, Kunststudien, journalistische Arbeit in Triest, Bremen sowie Kassel und 1854 die Rückkehr nach München. Bodenstedt fungierte jetzt als Professor für slawische Philologie, wurde in den "Münchner Dichterkreis" einbezogen und diskutierte Kunst- und Literaturfragen mit anderen Größen wie Emanuel Geibel und Paul Heyse.

Shakespeare-Spezialist

Aber lange hielt es ihn nicht an der Isar. Bodenstedt zog es nach England. Dort erschloss er sich ab 1858 William Shakespeare, dessen Zeit und Zeitgenossen. Mit dem daraus resultierenden Shakespeare-Werk in drei Bänden katapultierte er sich schlagartig in die Theaterwelt. Mit Folgen. Herzog Georg II. von Sachsen- Meiningen, der als Theaterherzog berühmt wurde, selbst aktiv war und sein Hoftheater zum Weltruhm führte, holte den Shakespeare-Spezialisten nach Meiningen, wo er ab 1867 als Theaterintendant seinen Beitrag zum weiteren Aufstieg der Bühne leistete.

Er war es, der die berühmte Schauspielerin und spätere dritte Frau des Herzogs, Ellen Franz, für Meiningen gewann, die ihrerseits für zusätzliche Impulse sorgte. Zur Freude des Herzogs, der Bodenstedt in großer Dankbarkeit in den Adelsstand erhob. Doch auch das konnte Bodenstedt auf Dauer nicht halten. Er liebte immer noch den häufigen Ortswechsel, lebte nach Meininger Meinungsverschiedenheiten zur Regiearbeit zunächst bei Altona, dann in Berlin und ab 1878 hauptsächlich in Wiesbaden. Er war nun fast 60 und wurde wohl etwas ruhiger. Bodenstedt fungierte nur noch für einige Zeit als Herausgeber der "Täglichen Rundschau" in Berlin, unternahm ein Vortragsreise durch die USA und schriftstellerte in Wiesbaden.

Aus der Tour durch die Neue Welt resultierte das Reisebuch "Vom Atlantischen zum Stillen Ozean", das 2012 im Salzwasser-Verlag Paderborn eine Nachauflage erlebte. Dazu gesellten sich das Drama "Sakuntala" und seine "Erinnerungen aus meinem Leben" in zwei Bänden, die 1888/90 erschienen. 1888 besuchte er letztmalig seine Vaterstadt Peine, wo ihm ein Jahr später das Ehren- bürgerrecht verliehen wurde. Bodenstedt hatte sein Feld bestellt, genoss Ruhm und Anerkennung und starb am 18. April 1892 vier Tage vor seinem 73. Geburtstag in Wiesbaden, seinem Alterssitz. Seine letzte Ruhe fand der vielseitige Autor auf dem Nordfriedhof in Wiesbaden. Außer in Peine erinnern in Hannover und Wien Bodenstedt-Straßen an ihn.