Meiningen - "Ich bin nicht gekommen, um alles einzureißen. Der Garten ist gut bestellt." Das sagt Frank Heinecke, der Nachfolger von Günther Weber im Meininger Kulturreferat. In den Fußstapfen seines Vorgängers hat er es trotzdem nicht leicht. Denn Günther Weber, der Ende vergangenen Jahres in den Vorruhestand ging, war für die Meininger Kultur so etwas wie eine Institution. Vor allem fürs Kleinkunsttage-Festival, das er geprägt und weit über die Region hinaus zum Erfolg gebracht hat. Doch - um im Bilde zu bleiben - auch der bestbestellte Garten muss immer wieder beackert werden. Insofern ein weites Feld für den Neuen.

"Ich hab' mir in dem einen Jahr, in dem ich neben Günther Weber 'mitlaufen' durfte, alles angesehen. Auch Kontakte zu den verschiedenen Kultureinrichtungen der Stadt geknüpft. Dabei hat sich mein Eindruck vom Bewerbungsgespräch bestätigt: In dieser Stadt genießt die Kultur einen hohen Stellenwert", resümiert Frank Heinecke nach seiner Einarbeitungszeit. Positiv aufgefallen ist ihm zunächst, dass der Bürgermeister sich die Zeit nahm, um an allen Bewerbungsgesprächen teilzunehmen. Insgesamt 15 Anwärter hatte es für die Stelle im städtischen Kulturreferat gegeben. "Ich war glücklich, dass sie mich am Ende genommen haben", gesteht der 51-Jährige, der in Halle an der Saale geboren und aufgewachsen ist.

Volkswirtschaft studiert

Der studierte Volkswirtschaftler begann seinen beruflichen Weg 1984 als Mitarbeiter im Hallenser Studentenclub im Turm. Als Student hatte er dort schon hinterm Tresen gejobbt, nach seinem Studium wurde eine hauptamtliche Stelle frei. Gastronomie und Programmgestaltung waren seine Aufgaben. Eine gute Schule für seine berufliche Entwicklung. Schon zwei Jahre später wechselte der Hallenser nach Leipzig zum Studentenclub Moritzbastei, wo er zunächst als Bereichsleiter für Musik und ab 1989 als Programmchef tätig war. Zehn Jahre hat er dort gearbeitet. "Es war eine spannende Zeit. 1992 wurden wir als GmbH an eine Stiftung gebunden. Unsere Gewinne flossen ins Programm oder ins Bauwerk. Das Modell hat sich bewährt", blickt Heinecke zurück.

Theatererfahrung

Doch nach 13 Studentenclub-Jahren wollte er was Neues anfangen, vor allem für Leute jenseits der Altersgrenze 25. "Ich kündigte, ohne eine Stelle zu haben." So begann er als Freischaffender Festivals zu organisieren und landete schließlich in der freien Theaterszene. Im Studiotheater Theatrale arbeitete er mit freischaffenden Schauspielern zusammen. "Das war ein tolles Experiment. Wir haben in einer ehemalige Getreidebörse in einem Saal mit 99 Plätzen gespielt. Klassische Stücke wie Goethes 'Iphigenie' aber auch Eigenproduktionen brachten wir auf die Bühne. Leider war alles viel zu teuer. Deswegen mussten wir unser Theater nach fünf Jahre aufgeben."

Als freier Kulturmanager fand Frank Heinecke neue Aufgaben. So organisierte er unter anderem Programme für Betriebsfeiern großer Firmen. "Das war ein hartes Brot, machte aber auch viel Spaß." Bekannte und weniger bekannte Künstler hat er verpflichtet, große Feste ausgestaltet, manchmal auch gestaunt, wie viel Geld für Kultur in der privaten Wirtschaft doch vorhanden ist. Sogar einen Film zu einem Firmenjubiläum über Mitarbeiter, die in den Ruhestand verabschiedet wurden, hat er gedreht. So hätte es eigentlich noch viele Jahre weiter gehen können. Doch dann las Frank Heinecke irgendwann im Internet von der Ausschreibung der Stelle in Meiningen. "Da hab' ich mich einfach mal beworben, ohne große Hoffnung", erinnert er sich an den Tag, der sein Leben sehr verändern sollte.

Als Großstadtmensch ist Frank Heinecke inzwischen in der kleinen Werrastadt mit dem großen Theater heimisch geworden. Zum ersten Mal wohnt er mitten im Grünen. Er ist auch schon den Werratal-Radweg abgefahren und erkundete Meiningen wie ein Tourist. "Das Theater steht hier an vorderster Stelle, aber es gibt auch noch viele andere interessante kulturelle Dinge".

Aha-Erlebnis motivierte

Eines seiner ersten Aha-Erlebnisse war die Veranstaltung Poetry Slam im vergangenen Jahr im Raw-Club. "Das war ein toller Abend. Ich hätte nie gedacht, dass so was hier geht, eigentlich funktioniert Poetry Slam nur in Uni-Städten mit Studenten. Das hiesige Publikum, etwa 150 Leute, war altersmäßig sehr gemischt und aufgeschlossen. Auch der Spielort war ideal", freut sich der Studentenclub-Experte. Das Erlebnis hat den Neuen nicht nur zur Wiederholung am 24. Juni dieses Jahres - in Zusammenarbeit mit der Stadt- und Kreisbibliothek - angespornt: "Ich möchte 2011 ein Hörspiel-Wochenende im Meininger Schlosspark ins Leben rufen." An einem lauschigen Platz soll am 6. und 7. August erstmals ein "kulturelles Picknick" ohne Eintritt veranstaltet werden. Das Medium Hörspiel - nicht zu verwechseln mit dem Hörbuch, auf dem Texte nur gelesen werden - sei interessant. Gepflegt wird es derzeit vor allem vom Radio MDR-Figaro, das Frank Heinecke als Partner gewinnen möchte. Höchst reizvoll ist für ihn auch der Spielort Dampflokwerk. Einen freien Termin im kommenden September hat er mit dem Betriebsdirektor Jürgen Eichhorn bereits vereinbart, aber noch keine geeignete Veranstaltung gefunden. "Für die Kleinkunsttage ist der Raum zu groß. Auch nicht jedes Konzert passt in die Atmosphäre", gibt er zu bedenken.

Mit dem Meininger Kino würde er ebenso gern zusammenarbeiten, neben den kommerziellen Filmen möchte Heinecke thematische Programme entwickeln. Zudem denkt er an eine kleine, feine Konzertreihe für Rock, Pop und Jazz, die das Kulturangebot der Stadt bereichern könnte. Kontakte zum Nekst-Kunstverein und den Hotels mit Flair hat er bereits aufgenommen.

Festival-Geheimtipp

Die 20. Jubiläumsausgabe der Meininger Kleinkunsttage 2011 hat er noch mit Günther Weber vorbereitet. Die Crème de la Crème der Szene wird kommen. Angefangen von den Schauspielern Uwe Steimle & Tom Pauls über den Bestsellerautor Steffen Möller ("Viva Polonia") und den Kolumnisten Axel Hacke bis hin zu den Kabarettisten Armin Fischer, Thomas Freitag, Tom Haydn aus Wien und Martin Buchholz aus Berlin. Der Geheimtipp von Frank Heinecke: Jörg Maurer, Krimi-Autor, aber auch Pianist und Kabarettist mit "Mörderischen Anschlägen".

Am Programm zum Stadtfest arbeitet er derzeit noch. "Die Struktur für die drei Tage werde ich beibehalten, da muss man nichts Neues erfinden", schätzt der Kulturmanager ein und verspricht wieder ein attraktives Wochenende vom 8. bis 10. Juli. Ein großes Konzertereignis auf dem Meininger Markt kündigt er darüber hinaus am 4. September mit Max Raabe an. Allerdings kommt der Sänger nicht mit seinem Palastorchester, sondern mit einem Trio.

Insgesamt ein proppevoller Kulturkalender mit vielen neuen Herausforderungen für den frisch gebackenen Meininger Kulturmanager. Dazu Frank Heinecke: "Ich freue mich auf die vielen Begegnungen mit den Künstlern, aber auch auf das Publikum, das ich als neugierig und aufgeschlossen kennengelernt habe. Und dann hoffe ich natürlich auf eine gute Zusammenarbeit mit allen, die sich in Meiningen für die Kultur engagieren."